Die einen jubeln, fordern schnelles Handeln. Die anderen zeigen sich zurückhaltend. Zu denen, die Aktivität einfordern, zählt der Bundesverband Elektromobilität. "Wir müssen in großem Stil Batteriefabriken bauen", sagt Geschäftsführer Frank Müller. "Da ist richtig Not am Mann."
Wenn Deutschland international mitspielen wolle, müssten jetzt möglichst schnell mehrere Großfabriken entstehen. Da könne die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im vergangenen November zugesagte eine Milliarde an Förderung nur ein kleiner Impuls sein – schließlich seien Milliarden-Investitionen im zweistelligen Bereich nötig.
Allerdings ist das unternehmerische Risiko erheblich. Deutsche Unternehmen, die an dieser Stelle gefragt wären, bleiben deshalb zumeist noch distanziert. Auch nach der jüngsten Förderzusage bewerten sie die Marktlage als kaum verändert.
Die Firma Bosch, die Anfang des Jahres ihre Überlegungen zum Aufbau einer eigenen Batteriezellfertigung ad acta legte, hält an ihrer Entscheidung weiterhin fest. Man ist vorsichtig geworden, geht es doch um gehörige Summen: Um im Jahr 2030 einen weltweiten Marktanteil von 20 Prozent zu erreichen, was einer jährlichen Fertigungskapazität von 200 Gigawattstunden entspräche, müsste Bosch etwa 20 Milliarden Euro in die Hand nehmen, rechnete Konzernchef Volkmar Denner vor gut einem Jahr vor.
Aber auch Firmen, die sich mit etwas kleineren Dimensionen zufriedengeben würden, bleiben zurückhaltend. Die Firma Continental, die immer wieder als möglicher Investor genannt wird, winkt weiterhin ab: In Lithium-Ionen-Technik werde man ohnehin nicht investieren, sagt Firmensprecher Vincent Charles. Allenfalls denkbar sei, auf die Nachfolgetechnik zu setzen – auf Festkörperzellen. Doch eine Entscheidung darüber stehe erst nach 2020 an, wenn klar sei, ob die neue Technik im industriellen Maßstab gefertigt werden kann.
Continental werde ohnehin nur investieren, wenn die zu erwartende Kapitalrendite bei 20 Prozent liege. Ein solcher Wert ist derzeit jedoch kaum zu erzielen. So werden auch bei Continental Altmaiers Fördergelder einstweilen nicht zünden.
Gescheitertes Konsortium
Bei der Firma Varta verweist man zwar auf ein neues Forschungsprojekt mit Namen "Digibattpro 4.0", das eine "digitalisierte Batteriezellen-Produktion" zum Thema hat. Es geht dabei allerdings nur um solche Batterien, die "in den neuen Lifestyle-Entertainment-Geräten eingesetzt werden". Varta nimmt in diesem Segment für sich in Anspruch, "weltweiter Technologieführer" zu sein.
Mit Antriebsbatterien für E-Autos hat das Projekt jedoch nichts zu tun. Selbst ein mit großen Ambitionen gestartetes Konsortium ist inzwischen gescheitert, weil die beteiligten Firmen das für die Großserienproduktion nötige Geld nicht in die Hand nehmen wollten.
Unter dem Namen Terra E hatten sich vor anderthalb Jahren 17 Unternehmen und Forschungsinstitute zusammengeschlossen. Sie hatten das Ziel, bis 2020 eine erste Zellenfertigung in Deutschland aufzubauen und bis 2028 die Kapazitäten auf bis zu 34 Gigawattstunden aufzustocken. Mit dabei waren unter anderem Siemens, Thyssen-Krupp System Engineering, der Anlagenbauer Manz und der Batteriespezialist Leclanché.
Nun übernimmt die BMZ-Gruppe das Terra-E-Konsortium, wie Mitte November mitgeteilt wurde. Das Unternehmen im unterfränkischen Karlstein ist 1994 als Batterie-Montage-Zentrum gegründet worden und hat heute weltweit 2.300 Mitarbeiter. Es beliefert deutsche Autobauer mit Lithium-Ionen-Akkupacks und ist nach eigenen Angaben inzwischen größter Abnehmer asiatischer Zellen.
BMZ will in einer ersten Ausbaustufe 300 Millionen Euro in eine Fabrik mit einer Kapazität von vier Gigawattstunden investieren und das Produktionsvolumen "mittelfristig" verdoppeln. Es ist ein Anfang, wenn auch nur ein kleiner, verglichen mit den Mengen, die manchem E-Mobilisten vorschweben.
Chinesischer Konzern investiert
Unterdessen ist die erste Entscheidung zur Produktion von Batteriezellen für Elektroautos in Deutschland bereits im vergangenen Sommer gefallen. Allerdings sind es Asiaten, die investieren, gefördert mit 7,5 Millionen Euro vom Land Thüringen: Der chinesische Hersteller Contemporary Amperex Technology (CATL) will im Industriegebiet Erfurter Kreuz eine Fertigung mit einer jährlichen Kapazität von 14 Gigawattstunden aufbauen. CATL ist einer der führenden Autobatteriehersteller weltweit.
Nach diesem asiatischen Einstieg in Deutschland sollen nun einheimische Firmen aufholen. In einem Thesenpapier des Wirtschaftsministeriums heißt es dazu: "Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 rund 30 Prozent der weltweiten Nachfrage nach Batteriezellen aus deutscher und europäischer Produktion zu beliefern." Der weltweite Bedarf an mobilen und stationären Stromspeichern werde sich "bis 2030 nach seriösen Schätzungen mehr als verzehnfachen". Es gebe daher ein wachsendes Interesse bei potenziellen Herstellern, sagt Wirtschaftsminister Altmaier, der bis zum Ende des ersten Quartals mit konkreten Investitionsentscheidungen für eine Batteriezellfabrik rechnet.
Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) hatte bereits in ihrer "Roadmap 2016" einen Produktionsstart im Jahr 2021 empfohlen, und zwar den "stufenweisen Aufbau einer Zellfabrik von etwa 13 Gigawattstunden bis 2025". Dafür seien Investitionen von etwa 1,3 Milliarden Euro notwendig. Für eine dauerhaft wirtschaftliche Zellproduktion sei eine Mindestauslastung von 80 Prozent notwendig. Allerdings müssten Firmen nun tatsächlich bereit sein, entsprechende unternehmerische Risiken einzugehen.
Mehrere Konsortien seien dabei sich zu bilden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Im Zusammenhang mit einem nationalen Konsortium ist immer wieder vom Chemiekonzern BASF und dem Autobauer Ford die Rede – doch die genannten Firmen halten sich auf Nachfrage noch bedeckt. Keines der beiden Unternehmen will bislang entsprechende Pläne bestätigen. Die Bewertung von Chancen und Risiken einer großen Batteriezellfertigung in Deutschland ist offenbar bei vielen Akteuren noch nicht abgeschlossen.