Senfgelber Kleinbus des Ridepooling-Unternehmens Moia in einer Hamburger Straße, im Hintergrund die Elbphilharmonie.
Moia setzt in Hamburg sechssitzige E-Kleinbusse mit Fahrer ein. (Foto: Moia)

Der neue Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat einen Megajob. Er muss dafür sorgen, den Klimaschutz-Nachzügler Verkehr in die Spur zu bringen. Die CO2-Emissionen des Sektors sollen laut Klimaschutzgesetz bis 2030 etwa um die Hälfte sinken.

Ein wichtiges Instrument dafür könnte die möglichst flächendeckende Einführung von Ridepooling-Systemen sein. Eine neue Untersuchung zeigt: In einer Großstadt wie Hamburg könnten dadurch – in Verbindung mit Beschränkungen für Autos sowie einem guten ÖPNV – die Autofahrten deutlich verringert werden.

Ridepooling ist das Kunstwort für die Mitfahrgelegenheit im Digitalzeittaler. Es handelt sich um ein Mittelding zwischen Taxi und ÖPNV. Personen, deren Start und Ziel in ähnlicher Richtung liegen, teilen sich dabei ein Fahrzeug, jedoch unabhängig von einem Fahrplan oder festen Linienweg.

Wer mitfahren will, bestellt per Handy-App. Ein Algorithmus ordnet den neuen Fahrgast in Bruchteilen einer Sekunde einer bereits bestehenden Fahrt zu. Er oder sie wird dann abgeholt und gemeinsam mit anderen auf einer dynamischen Route befördert.

Das europaweit größte Ridepooling-System wird von der VW-Tochter Moia in Hamburg betrieben, Deutschlands zweitgrößter Stadt. Das Unternehmen setzt dort sechssitzige Elektro-Busse mit Fahrer ein.

Wer eine Fahrt per App bestellt, bekommt mitgeteilt, wann der Shuttle am Treffpunkt ist und was die Fahrt kostet. Die Fußwege zur "Haltestelle" betragen im Schnitt 200 Meter. Bezahlt wird automatisch per App.

In Hamburg betreibt Moia bis zu 190 Fahrzeuge, ein weiterer Standort des Unternehmens ist Hannover. Moia soll übrigens in einer altindischen Sprache so viel wie "magisch" bedeuten, heißt es bei VW.

"Ridepooling nützt auch dem ÖPNV"

Ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat über zwei Jahre hinweg die Wirkungen des Moia-Systems auf den Verkehr in Hamburg und die Potenziale einer Ausweitung untersucht.

Ergebnis: Bei flächendeckender Verfügbarkeit von autonom fahrenden Ridepooling-Angeboten, einem gut ausgebautem ÖPNV und gleichzeitigen Einschränkungen für den Autoverkehr ließe sich der Autoverkehrsanteil in Hamburg um acht Prozentpunkte reduzieren – von 25 auf 17 Prozent.

"Der Rückgang der Fahrzeugkilometer um etwa 15 Millionen Kilometer pro Woche wäre beachtlich", sagte Co-Autor Martin Kagerbauer vom KIT-Institut für Verkehrswesen. "Die Hamburger Mobilität würde dadurch nachhaltiger und grüner."

Befürchtungen, Moia werde dem öffentlichen Verkehr Fahrgäste abspenstig machen, bestätigten sich laut KIT nicht. Der ÖPNV profitiere sogar, da Umsteiger vom eigenen Auto dann oftmals auch Busse und Bahnen nutzten.

"Wenn zum Beispiel jemand von zu Hause ins Kino und wieder zurückfährt, wird auf dieser Tour mit zwei Wegen oft nur einer mit Ridepooling zurückgelegt, der andere Weg fast immer mit dem öffentlichen Verkehr", erläutert KIT-Verkehrsexperte Gabriel Wilkes, ebenfalls Co-Autor der Studie. In der Summe ergäben sich positive Effekte für die Bus- und Bahn-Nutzung.

Um die Verkehrssimulation durchführen zu können, hat das Institut ein Software-Tool entwickelt, "Mobitopp" genannt. Es sei in der Lage, die Mobilität der gesamten Hamburger Bevölkerung und aller dorthin Reisenden im Verlauf einer Woche abzubilden, also sämtliche Wege zu allen Aktivitäten wie Arbeit, Einkauf oder Freizeit – auf die Minute genau und räumlich hochaufgelöst.

Die Neuheit dabei sei, dass neben Pkw, Bus und Bahn auch neue Mobilitätsformen wie Ridepooling, Car-, Bike- und E-Roller-Sharing detailliert berücksichtigt werden, so das KIT.

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