Zwei schnell fahrende Autos auf der Autobahn
Ein Tempolimit wäre auch ein Signal, dass die Freiheit des Einzelnen ihre Grenzen beim Schutz des Gemeinwohls hat. (Foto: Christine Sponchia/​Pixabay)

Ein Tempolimit auf der Autobahn ist eine schnelle und günstige Maßnahme, um dem Klimaziel im Verkehr näherzukommen. Das ist die Meinung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und weiterer Umweltverbände sowie der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Nordrhein-Westfalen und der Verkehrsunfall-Opferhilfe Deutschland (VOD).

DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch betonte bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Berlin vor allem den Klimaaspekt: "Die Emissionen im Verkehr haben sich seit 1990 kaum verändert." Im Jahr 1990 wurden im Verkehrssektor 163 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen – im vergangenen Jahr waren es mit 162 Millionen Tonnen noch fast genauso viel. "Es gibt keine andere Maßnahme im Verkehrssektor, die kurzfristig so viel bringt", sagte Resch.

Laut einer Studie der Denkfabrik Agora Verkehrswende würde eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 120 Kilometer pro Stunde auf den Autobahnen dafür sorgen, dass zwei bis 3,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Nach Schätzung der DUH könnten durch Tempo 120 auf Autobahnen und zusätzlich Tempo 80 außerorts sogar fünf Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden.

Bis 2030 sollen die Emissionen im Verkehrsbereich laut dem Klimaschutzplan der Bundesregierung auf 95 bis 98 Millionen Tonnen sinken. Um das Ziel zu erreichen, müssen die Emissionen in den verbleibenden Jahren also um mindestens 64 Millionen Tonnen reduziert werden.

Das Umweltbundesamt sei gerade dabei, seine Abschätzung über die Emissionsminderung mit den neuen Daten aus einer Studie des Verkehrsministeriums zu aktualisieren, so Resch. Laut der Untersuchung, deren Veröffentlichung das Magazin Der Spiegel erwirkt hatte, ist auf Autobahnabschnitten ohne Begrenzung nur jeder dritte Fahrer deutlich schneller als die Richtgeschwindigkeit von 130 Stundenkilometern unterwegs. Nur jeder Zehnte fuhr demnach schneller als 150.

Ob die Geschwindigkeit auf Tempo 120 oder 130 begrenzt werde, sei nicht so wichtig, sagte Resch angesichts der unterschiedlichen Forderungen von DUH und GdP.

"Mit Tempolimit deutlich weniger Unfallopfer"

"Mit einem Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde lässt sich die Zahl der Unfallopfer deutlich reduzieren", sagte Michael Mertens von der Gewerkschaft der Polizei in Nordrhein-Westfalen. "Unser Blickwinkel ist eher derjenige der Verkehrssicherheit." Um die zu erhöhen, sei ein Tempolimit sinnvoll. "In den letzten Jahren ist es trotz sicherer werdender Autos nicht gelungen, die Zahl der Toten und Schwerverletzten auf den Straßen deutlich zu reduzieren."

Die Freiheit des Einzelnen dürfe nicht die Sicherheit von anderen gefährden, sagte Mertens in Anspielung auf den von Tempolimit-Gegnern häufig verwendeten Slogan "Freie Fahrt für freie Bürger". Ein Tempolimit mache die Autobahnen sicherer, indem die Durchschnittsgeschwindigkeit sinke und die Unterschiede in der Geschwindigkeit geringer würden. Dadurch gebe es weniger Unfälle, weil die Autofahrer mehr Zeit zum Reagieren hätten.

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich heute gegenüber der Presse erneut für ein Tempolimit ausgesprochen. "Die Vorteile liegen auf der Hand", wird sie etwa in der Berliner Morgenpost zitiert. Der Verkehr werde sicherer und es gebe weniger Abgase und CO2.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) lehnt hingegen ein Tempolimit ab. Die von ihm berufene Verkehrskommission, die Vorschläge für den Klimaschutz im Verkehr erarbeiten sollte, hatte Ende März einen Minimalkonsens verabschiedet, der nicht ausreicht, um das Sektorziel zu erreichen. Scheuer hatte verhindert, dass die Kommission ein Tempolimit vorschlägt, und die Maßnahme als "gegen jeden Menschenverstand" bezeichnet.

"Ich habe noch nie gesehen, dass bei 130 so viele Leute auf 180 sind", sagte Gewerkschafter Mertens in Anspielung auf die Kritiker. Dennoch, auch in seiner eigenen Gewerkschaft ist man sich nicht ganz einig zu dem Thema – mit ein Grund, warum nur die GdP aus Nordrhein-Westfalen sich den Forderungen anschloss. "Auf Bundesebene sind wir gemischter unterwegs", gibt er zu.

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