Elektroauto
An der Ladesäule droht eine "Preisfalle", warnt die Studienautorin. (Grafik: Sabine Kroschel/​Pixabay)

Die Corona-Kaufprämie für Elektroautos und das damit steigende Interesse an den Fahrzeugen rücken ein Problem in den Vordergrund, das bisher eher am Rande interessierte: das Tarifchaos an den öffentlichen Ladesäulen.

Insgesamt 288 Tarife und 194 Anbieter von Autostrom hat das Bonner Beratungsunternehmen EUPD Research jetzt analysiert. Laut der nicht öffentlich zugänglichen "Vergleichsanalyse mobiler Ladestromtarife 2020" bestehen bei den E-Ladetarifen erhebliche Preisunterschiede.

Der Preis für den Ladestrom bewegt sich dabei im Schnitt um die 35 Cent pro Kilowattstunde. Autostrom ist damit teurer als Haushaltsstrom. Allerdings, so EUPD Research, könnten die Ladekosten beim teuersten Tarif auch bei über einem Euro liegen.

Aufs Jahr gerechnet koste der Ladestrom einen E-Auto-Nutzer im Schnitt 700 Euro. Teurere Tarife könnten aber auch dazu führen, dass sich die Kosten pro Jahr auf bis zu 2.500 Euro erhöhten.

"Die Unterschiede in den mobilen Ladetarifen sind aktuell erheblich und die Tarifstruktur oft kompliziert und intransparent. Daher müssen Elektromobilisten die verfügbaren Tarife genauestens nach ihrem jeweiligen Automodell und dessen technischen Gegebenheiten prüfen, um nicht in eine Preisfalle zu geraten", erläutert Christine Koch, Projektleiterin der Studie bei EUPD Research.

Kartellamt und Netzagentur bewegen sich

Das seit Jahren beklagte Tarifchaos ruft endlich auch Behörden auf den Plan. So leitete das Bundeskartellamt jetzt eine Untersuchung zur öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ein.

Für die Entscheidung, auf Elektromobilität umzusteigen, seien die Bedingungen und Preise für das Laden im öffentlichen Raum von zentraler Bedeutung, begründet Kartellamtspräsident Andreas Mundt das Vorgehen. Auch wenn der Markt noch im Entstehen sei, erreichten die Behörde "schon jetzt vermehrt Beschwerden über die Preise und Konditionen an den Ladesäulen", so Mundt.

Für einen funktionsfähigen Wettbewerb sind nach Ansicht des Kartellamts ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Ladesäulen wie auch die konkreten Nutzungsbedingungen beim Laden ausschlaggebend.

Auch die Bundesnetzagentur greift in den Ladestrom-Markt ein und will künftig regionale Stromversorger verpflichten, an ihren Stationen auch Ladetarife ihrer Wettbewerber anzubieten - wie dies bei Haushaltsstrom schon lange der Fall ist.

Über das Vorhaben, dass Fahrer von E-Autos künftig an jeder öffentlichen Ladesäule frei zwischen Tarifen verschiedener Anbieter wählen können, hatte zuerst der Spiegel berichtet. Dann bestätigte der Ökostromer Lichtblick, dass die Bundesnetzagentur in einer am 10. Juni eingeleiteten Konsultation mit der Energiebranche das Ziel verfolgt, eine Art direkten Wettbewerb an der Ladesäule zu schaffen.

Mit dem Konsultationsverfahren sollen technische Grundlagen geschaffen werden, damit künftig E-Mobilisten ihren Tarif beim Wunschanbieter buchen und zu diesem Tarif an jeder öffentlichen Ladesäule zwischen Flensburg und München laden können. Nach den Angaben könnte das bereits ab April 2021 möglich sein.

Lichtblick fordert seit Jahren mehr Vielfalt und Preistransparenz an öffentlichen Ladesäulen. Der zuletzt 2019 veröffentlichte Ladesäulencheck des Unternehmens hatte die Zustände zum wiederholten Mal kritisiert: Ein Tarifdschungel mit unterschiedlichen Abrechnungsmethoden und häufig überhöhten Preise schreckten Elektroautofahrer ab.

Redaktioneller Hinweis: Lichtblick-Geschäftsführer Gero Lücking gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.

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