Luftaufnahme eines Autobahnkreuzes
Autobahn. Hier: Brunnthal, Autobahnkreuz München-Süd. (Foto: Bayerische Vermessungsverwaltung/​Wikimedia Commons)

Darauf ist Verlass: Die "Freie Fahrt für freie Bürger" hat im Bundestag ein ehernes Verteidigungs-Bollwerk. Fordern die Grünen ein generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometern, wie just im Bundestag geschehen, fällt der Antrag glatt durch.

Union, FDP und AfD mauern sowieso, und auch die SPD stimmt aus Koalitionsräson dagegen, obwohl sie – gemäß Parteitagsbeschluss – dafür sein müsste. 498 der 631 Abgeordneten sagten Nein.

Tempo 130 bringe weniger klimaschädliches CO2, weniger Tote, weniger Schwerverletzte. Das sagte wer im Bundestag? Der Grünen-Politiker Cem Özdemir, Vorsitzender des Verkehrsausschusses?

Der natürlich auch. Aber vor allem sagte es die SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann – um dann anzukündigen, ein Großteil ihrer Fraktion werde dagegen stimmen. Denn leider sei es nicht gelungen, die Partner der Union von den Vorteilen eines Tempolimits zu überzeugen.

Eigentlich kann es ja nicht so schwer sein, die Faktenlage klarzustellen. Wie wäre es, wenn die Bundesregierung die Erkenntnisse zu den Knackpunkten Verkehrssicherheit und Klimaschutz von unabhängigen Experten einmal auf den modernsten Stand bringen lassen würde?

Eine drei Jahre unter Verschluss gehaltene Studie des Bundesverkehrsministeriums müsste darin aufgearbeitet werden, die zeigt, dass ein Tempolimit von 120 die Zahl der Raser tatsächlich deutlich senken würde.

Und dann müssten die Daten zur CO2-Einsparung dringend aktualisiert werden. Die letzte große Untersuchung des Umweltbundesamtes dazu ist von 1999.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Onlinemagazins Klimareporter°.

Außerdem käme es darauf an, auch die Folgen der Tempobremse für die Autoentwicklung einmal seriös abzuschätzen. Denn die bisherige PS-, Tempo- und Gewichtsaufrüstung bei den Pkw hätte dann ja ein Ende – und das brächte langfristig vielleicht noch mehr als die aktuelle CO2-Einsparung durch das langsamere und gleichmäßigere Fahren.

In sechs Monaten könnte so eine Super-Studie zum Tempolimit sicher vorliegen. Dann hätte eine neue Entscheidung im Bundestag für die Geschwindigkeitsbremse eine gute Basis – ohne jeden Verdacht einer "ideologischen Forderung", wie es der CSU-Abgeordnete Karl Holmeier formulierte.

Laut einer aktuellen Umfrage von Yougov befürworten übrigens über 56 Prozent der Deutschen ein Limit auf Autobahnen, nur 17 Prozent lehnen es grundsätzlich ab. Im Volk herrscht Vernunft. Und im Bundestag?

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