Ein graues Auto fährt am menschenleeren Berliner Hauptbahnhof vorbei.
Der E-Golf gehört zu den wenigen Automodellen, denen der Verkehrsclub Deutschland in diesem Jahr etwas abgewinnen kann. (Foto: VW)

"Wer sich in diesem Jahr ein Auto mit Verbrennungsmotor kauft, ist in den nächsten Jahren nicht zugänglich für die Energiewende", begründet Kerstin Haarmann, Chefin des ökologisch orientierten Verkehrsclubs VCD, warum der Verband mit seiner diesjährigen Auto-Umweltliste nur Elektroautos empfiehlt.

"Wir wissen, dass viele aus verschiedenen Gründen auf das Auto angewiesen sind", so Haarmann. "Unser Schwerpunkt ist deshalb: Wie können wir Autofahren so ökologisch wie möglich machen?"

Dazu habe man wie im vergangenen Jahr und den Jahren zuvor die Daten von den Autoherstellern abgefragt, ergänzt der verkehrspolitische VCD-Sprecher Michael Müller-Görnert. Das Ergebnis sei ernüchternd.

"Für viele Elektromodelle liegen noch keine Daten vor, Kaufinteressierte werden teilweise mit Lieferzeiten von bis zu einem Jahr abgeschreckt", so Müller-Görnert. "In diesem Jahr können wir deshalb nur wenige Modelle empfehlen." Daher sei die Liste auch nicht als Ranking der besten E-Autos zu verstehen. Für viele Modelle gebe es auch keine Daten zur Batterieproduktion.

Einige Konzerne wie Audi oder PSA – mit Marken wie Citroën, Peugeot und Opel – hätten ihre Teilnahme gleich ganz abgesagt. Nur 16 Elektroautos und drei Plug-in-Hybride – ladbare E-Autos mit zusätzlichem Verbrennungsmotor – erfüllten die Voraussetzungen des VCD. Darunter sind beispielsweise der VW E-Golf, der Renault Kangoo ZE und der Nissan Leaf.

Damit ein Elektroauto auf die Liste kam, mussten die Hersteller Werte nach dem seit 2018 vorgeschriebenen strengeren WLTP-Testverfahren liefern und die Kriterien für die staatliche Kaufprämie erfüllen. Plug-in-Hybride durften zudem im reinen Benzinbetrieb nach WLTP nicht mehr als 135 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Für alle Modelle durfte der Fahrlärm nicht über 73 Dezibel liegen.

VCD empfiehlt kleinere E-Autos für den Stadtverkehr

Trotz der recht spärlichen Ergebnisse ist Müller-Görnert optimistisch, was die Zukunft des E-Autos angeht. "Ab dem kommenden Jahr wird die Elektromobilität in Schwung kommen." Grund seien die neuen EU-Grenzwerte, nach denen die Flotte eines Herstellers dann durchschnittlich nur noch maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen darf. Mit Elektroautos können die Autohersteller dann ihre Emissionswerte drücken. "Sie reagieren allerdings nur auf politischen Druck", betont Müller-Görnert.

Zwar seien Elektroautos nicht emissionsfrei, aber schon heute klimaschonender als Benzin- oder Dieselfahrzeuge. Der VCD beruft sich dabei auf eine Studie des Ifeu-Instituts, das die Emissionen von E-Fahrzeugen durch den genutzten Strommix und die Batterieherstellung mit denen von Verbrennern verglich.

Demnach sind Elektroautos beim deutschen Strommix bis 2030 mit kleinen Batterien in der Stadt schon ab 40.000 Kilometer klimafreundlicher als Benziner. Auf der Autobahn schneiden sie hingegen erst ab etwa 150.000 Kilometern besser ab als Dieselfahrzeuge.

Der VCD empfiehlt denn auch Elektroautos vor allem für den Einsatz in städtischen Flotten, bei Lieferdiensten oder Taxiunternehmen. Vor allem für große und schwere Plug-in-Hybride gelte allerdings, dass die niedrigen Verbrauchswerte, die nach dem WLPT-Messverfahren angegeben werden, in der Realität häufig nicht erreicht würden.

"Scheuer spart nur zehn statt 60 Millionen Tonnen"

Der Verband kritisiert zudem die Maßnahmen, die Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) für den Klimaschutz vorgeschlagen hat. Dass diese, wie von Scheuer versprochen, die Klimaschutzlücke im Verkehrssektor von rund 60 Millionen Tonnen CO2 bis 2030 schließen können, bezweifelt Haarmann: "Wir schätzen, dass Scheuers Lücke bei 50 Millionen Tonnen liegt."

Der Verkehrsminister will im Bereich Pkw vor allem Elektrofahrzeuge und klimafreundliche Dienstfahrzeuge stärker fördern. In seinem Programm mit dem Titel "Erlauben, erleichtern, ermöglichen" findet sich keine einzige ordnungspolitische Maßnahme.

Müller-Görnert kritisiert, dass Andreas Scheuer allein mit Förderung die Klimaziele schaffen will. "Ohne Push und Pull kann er die Ziele nicht erreichen." VCD-Chefin Haarmann ergänzt: "Die Förderung für Elektroautos wird gar nicht abgerufen." Die Klimaschutzmaßnahmen müssten hingegen schnell greifen. "Wir brauchen daher Instrumente, die man schnell einführen kann, wie eine CO2-Abgabe", so Haarmann.

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