Mit dem sogenannten Mobilitätsbudget befasst sich der Finanzausschuss des Bundestages am heutigen Montag in einer Anhörung. Auf der Tagesordnung steht das Jahressteuergesetz 2024.

Im Gesetzentwurf ist geplant, dass Angestellte für ihre private Mobilität jährlich ein Budget von bis zu 2.400 Euro von ihrem Unternehmen bekommen können. Das Geld soll Mitarbeitenden zusätzlich zum Lohn gewährt und pauschal mit 25 Prozent versteuert werden.

 

Genutzt werden kann das Budget laut dem Gesetzentwurf zur Nutzung "außerdienstlicher Mobilitätsleistungen", und das unabhängig vom Verkehrsmittel – ausgeschlossen ist die Nutzung von Fluggeräten, privaten Kraftfahrzeugen, von Tankkarten und den Arbeitnehmer:innen dauerhaft überlassenen Dienstwagen.

Das Bundesfinanzministerium möchte neue Mobilitätsformen wie E‑Roller, Carsharing oder Bikesharing attraktiver gestalten und Arbeitnehmer:innen hier mehr Möglichkeiten einräumen. Ob das dann immer nachhaltig ist, wird sich erst nach der Einführung zeigen, denn Daten zu Nutzungsverhalten und Angeboten sind spärlich.

De facto kann mit dem neuen Gesetz ein Arbeitnehmer zusätzlich zum Dienstwagen auch noch ein freies Budget von jährlich 2.400 Euro erhalten. Dies kommt besonders Sharinganbietern zugute, vom Bikesharing über E‑Roller bis zu Carsharing in Städten. Also schon existierenden Angeboten, die in der Stadt Multimodalität ermöglichen, aber aktuell auf dem Land wenig vorhanden sind.

Der Dienstwagen wird ergänzt statt ersetzt

Das Mobilitätsbudget soll bestehende steuerfreie Angebote wie Jobticket oder Jobrad erweitern, darunter eben durch Nutzung von E‑Scootern oder Sharing-Diensten. Positiv an dem Gesetzesvorhaben ist, dass mit dem Budget auch der Erwerb von Einzelfahrscheinen, ermäßigten oder Zeitkarten für Bus und Bahn begünstigt wird.

Im Kern aber führt der Gesetzentwurf neben dem privilegierten Dienstwagen ein weiteres Instrument ein, das am Ende zu mehr Verkehr führt.

Hände eines Mannes in lockerer Kleidung, der im Auto sitzt und ein Mobiltelefon benutzt.
Ob Dienstwagen oder Carsharing, das Auto steht weiter im Mittelpunkt. (Bild: Perfectlab/​Shutterstock)

So zeigt der "Mobilitätsreport 2023" von Mobiko, einem Anbieter für betriebliches Mobilitätsmanagement, dass Beschäftigte, die bereits jetzt schon über ein monatliches Mobilitätsbudget von 300 bis 500 Euro verfügen, weiterhin parallel einen Dienstwagen besitzen und eben nicht auf diesen verzichten.

Welche Mobilitätsform soll also mit einem freien Jahresbudget parallel zum Dienstwagen angeregt werden? Wer sind die Nutzer:innen? Die Mindestforderung muss sein, dass ein Arbeitnehmer nicht gleichzeitig Dienstwagen und Mobilitätsbudget in Anspruch nehmen kann. Dies sollte gesetzlich ausgeschlossen werden.

Anderenfalls steht zu befürchten, dass mit dem Mobilitätsbudget die komfortabelste Variante angereizt wird – und dass dies in vielen Fällen Carsharing sein wird. Dadurch besteht die Gefahr, dass das Carsharing eine Konkurrenz zum öffentlichen Verkehr in Städten wird und nicht, wie notwendig, eine Konkurrenz zum Dienstwagen.

Free-Floating-Carsharing, das in Städten am bekanntesten ist, wird auch nur mit vollelektrischen Fahrzeugen nachhaltig sein. Deswegen sollte beim Carsharing das Mobilitätsbudget allein für E‑Autos genutzt werden dürfen, um einen Anreiz für den Umstieg auf Elektroantrieb zu schaffen.

Das würde insbesondere den Hochlauf der E‑Mobilität deutscher Hersteller begünstigen und auch dem privaten Gebrauchtwagenmarkt helfen. Denn bei Miles, Drive Now und andere Anbieter gibt es eine hohe Fluktuation von kleinen und Mittelklasse-Wagen.

Begünstigt werden Gruppen, die bereits begünstigt sind

Insgesamt erscheint es unwahrscheinlich, dass das Mobilitätsbudget unteren Einkommensgruppen zugutekommt. Diesen Beschäftigten wird derzeit oft nicht einmal ein steuerfreies Dienstfahrrad oder ein Deutschlandticket zur Verfügung gestellt – wieso sollten ihre Arbeitgeber plötzlich 2.400 Euro aus der Tasche zaubern? 

Das Mobilitätsbudget darf zudem nicht nur auf den urbanen Raum zielen, sondern muss gerade auch Mobilitätslösungen für Menschen auf dem Land ermöglichen. Dort werden die meisten Personenkilometer im Jahr zurückgelegt, und dort werden alternative Lösungen wie On‑demand-Angebote oder Rufbusse benötigt. Hier liegen die großen Vorteile des Mobilitätsbudgets, indem neue Angebote für Arbeitnehmer:innen etabliert werden.

Jonas Becker

ist Referent für Mobilität bei der Klima-Allianz Deutsch­land, einer zivil­gesellschaft­lichen Dach­organisation mit 150 Mitglieds­verbänden. Der Stadt- und Verkehrs­planer war in den letzten Jahren bundes­weit tätig, zuletzt arbeitete er gemeinsam mit Gewerk­schaften, Umwelt- und Sozial­verbänden zu Verkehrs­themen wie ungerechten Subventionen, Personal­mangel und Finanzierung im ÖPNV sowie E‑Mobilität.

Notwendig ist jedoch auch, die Gültigkeit des Mobilitätsbudgets auf Aufwendungen zu erweitern, die auf die Nutzung des Umweltverbundes zielen, wie eine Bahncard 100, die Fahrradreparatur oder Fernverkehrs-Tickets. Fernverkehrs-Tickets und Bahncards für den privaten Gebrauch sollten im Jahressteuergesetz sogar steuerfrei für private Wege aufgenommen werden.

Alles in allem stellt die im Gesetzentwurf vorgesehene Steuervergünstigung für private Wege keine sozial verträgliche oder ökologische Variante einer Entfernungspauschale dar. Eine Reform dieser "Pendlerpauschale" war ursprünglich aber vom Finanzministerium geplant und auch in der Koalition gefordert worden.

Das Mobilitätsbudget läuft vielmehr auf eine weitere ungerechte Steuervergünstigung im Mobilitätssektor neben dem Dienstwagenprivileg und der bestehenden Entfernungspauschale hinaus. Ziel eines Mobilitätsbudgets müsste es sein, private Fahrten häufiger mit dem Umweltverbund zurückzulegen, also zu Fuß, per Rad oder öffentlichem Nah- und Fernverkehr.

 

Der Vorschlag zu einem Mobilitätsbudget ist im Grundsatz zu begrüßen, das Instrument besitzt aber noch erhebliche Potenziale für mehr Nachhaltigkeit.

Neben den beschriebenen Vorschlägen könnte die Bundesregierung zum Beispiel auch Anreize für Verkehrsvermeidung durch aktive Homeoffice-Arbeit setzen.

Sind Mitarbeitende verstärkt im Homeoffice tätig und nutzen ihr Mobilitätsbudget nicht aus, sollten sie diese "gesparten" Gelder für weitere Leistungen des Arbeitgebers nutzen können, etwa betriebliche Gesundheits- oder Altersvorsorge, Weiterbildung oder Büroausstattung.

Das würde Arbeitgeber bei der Suche nach Fachkräften unterstützen, Beschäftigten mehr Auswahlspielraum lassen und Wege reduzieren.