Sage niemand, es gebe nichts Gutes über die Deutsche Bahn zu berichten. So hat der ICE nach einem Jahr das Flugzeug als Verkehrsmittel Nummer eins zwischen Berlin und München abgelöst, wie sich der Schienenkonzern kürzlich freute. Seit Dezember 2017 konnte die DB ihren Anteil an den Reisenden zwischen beiden Städten glatt verdoppeln – von 23 auf 46 Prozent. Der Anteil der Flüge sank entsprechend von 48 auf 30 und der der Straße von 29 auf 24 Prozent.
Den Umstieg rechnete sich die Bahn sogleich als klimafreundlich an. Verglichen mit den Emissionen von Pkw-Fahrten oder Flügen würden jährlich rund 188.000 Tonnen CO2 gespart, teilte das Unternehmen mit. Diese Klimabilanz geht natürlich nur auf, weil die Bahn ihre Fernzüge zu 100 Prozent mit Ökostrom fahren lässt, jedenfalls auf dem Papier.
Nach den Angaben liegt der tatsächliche Öko-Anteil im Bahnstrom-Mix bei rund 42 Prozent. Bis 2030 soll er schrittweise auf 70 Prozent steigen. Kein allzu ehrgeiziges Ziel: Die Bundesregierung strebt für den Zeitpunkt bekanntlich einen Erneuerbaren-Anteil von 65 Prozent an.
Der Ökostrom nützt der Bahn aber wenig, wenn die Strecke nicht elekrifiziert ist. Insgesamt verkehren in Deutschland auf gut 38.000 Schienenkilometern Bahnen, wie eine Ausarbeitung des Bundestages auflistet. Davon sind knapp 21.000 Kilometer elektrifiziert. Nimmt man nur die bundeseigene Eisenbahninfrastruktur, so waren 2016 rund 33.000 Kilometer Schiene in Betrieb, davon waren 20.000 Kilometer mit Oberleitungen oder Stromschienen ausgestattet. Rund 40 Prozent der Bahnstrecken sind also nicht elektrifiziert.
Elektrifizierung zieht sich hin
Pro Jahr kamen zuletzt nur etwas mehr als 100 Kilometer dazu. Bleibt es bei dem Tempo, müsste man auf eine hundertprozentige Elektrifizierung bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Abkürzen soll das nun ein Bundesprogramm, mit dem eine 70-prozentige Streckenelektrifizierung bis 2025 erreicht werden soll. In diesen Wochen soll Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) dazu eine staatliche Elektrifizierungsstrategie vorstellen.
Eine Auswertung der Allianz pro Schiene ergab dabei, dass der Bund selbst mit sämtlichen Projekten aus dem aktuellen Bundesverkehrswegeplan nur eine 67-prozentige Elektrifizierung schafft. Die Schienenlobby schlägt deswegen vor, bis 2025 weitere 3.300 Kilometer zu elektrifizieren.
Selbst dann blieben noch genügend Strecken übrig, für die eine Elektrifizierung derzeit nicht absehbar ist oder sich generell nicht lohnt. Als eine Lösung dafür präsentierte der kanadische Zughersteller Bombardier im Herbst letzten Jahres einen Batteriezug auf Basis des Regionalzuges "Talent 3".
Bei voller Batterie soll der Zug mit maximal Tempo 140 bis zu 40 Kilometer ohne Oberleitung überbrücken können und, sobald Strom verfügbar ist, innerhalb von zehn Minuten aufgeladen sein. Bombardier präsentiert den Batteriezug als 100 Prozent emissionsfrei – das gilt auch hier nur, wenn echter Ökostrom genutzt wird. Ersetzt man dagegen einen Diesel- durch einen Batterie-Zug, der mit dem heutigem DB-Bahnstrommix betrieben wird, sinken die CO2-Emissionen nur um gut 15 Prozent, wie ein Unternehmenssprecher gegenüber Klimareporter° einräumt.
Ähnlich dem Elektroauto kämpft auch der Batteriezug mit mehreren Nachteilen. Die Batterie auf dem Zugdach wiegt sieben Tonnen. Bei einem Gesamtgewicht des Zuges von 140 Tonnen erhöht das den Energieverbrauch nach Angaben von Bombardier um nahezu drei Prozent.
Batteriezüge rechnen sich erst langfristig
Wie beim E-Auto schleppt die Zug-Batterie einen ordentlichen ökologischen Rucksack mit sich herum. Die Batterie hat eine Kapazität von 300 Kilowattstunden, das entspricht etwa sechs bis sieben durchschnittlichen Pkw-Antriebsbatterien. Verglichen mit den Emissionen von Dieseltreibstoff werden die bei der Herstellung der Zug-Batterie anfallenden Emissionen nach einer Laufleistung von 17.000 Kilometern ausgeglichen. Laut Bombardier soll so ein Regionalzug bis zu 200.000 Kilometer pro Jahr zurücklegen und die Batterie bis zu acht Jahre halten.
In diesem Jahr will die Deutsche Bahn den "Talent 3" in der Region Alb-Bodensee in Baden-Württemberg testen. Was die Zukunft von Batterie-Zügen generell angeht, hält sich die Bahn noch bedeckt und verweist nur darauf, dass "alternativ angetriebene Schienenfahrzeuge" aus ökologischer und ökonomischer Sicht eine hohe Bedeutung haben.
Aus dem Grund habe die DB bereits mehrere Pilotprojekte ins Leben gerufen, erklärt ein DB-Sprecher gegenüber Klimareporter°. Welche der Möglichkeiten – ob Brennstoffzelle oder Batterie – sich mittel- und langfristig bewähren wird, sei "derzeit noch nicht klar". Auf jeden Fall könnten mit alternativen Antrieben, speziell mit Batteriespeichern und abschnittsweiser Teilelektrifizierung, Kosten gegenüber einer Vollelektrifizierung gespart werden.
Bombardier stellt die künftigen Aussichten deutlich rosiger dar. In Deutschland gebe es – Stand 2017 – insgesamt 450 Regionalbahn- und Expresslinien auf nicht und teilelektrifizierten Strecken, rechnet das Unternehmen vor. Dafür stünden derzeit etwa 2.500 Dieselzüge und über 100 Diesellokomotiven zur Verfügung. Schätzungsweise 100 bis 150 Züge würden pro Jahr erneuert.
Die Voraussetzung dafür, dass ein Batterie-Zug künftig eine Chance hat, ist laut Bombardier, dass die jeweils zuständige öffentliche Hand "emissionsfreien Verkehr" ausschreibt oder die Ausschreibungen so gestaltet, dass alternative Antriebe eine Chance haben. Denn allein nach den Anschaffungskosten gerechnet seien Dieselzüge günstiger. Das ändere sich erst, wenn man die gesamten Kosten über 30 Jahre bewertet, heißt es bei Bombardier.