Bei Daimler sind E‑Lkw 2024 in Serie gegangen. Die bundesweite Ladeinfrastruktur ist noch im Aufbau. (Bild: Daimler Truck)

Die fossile Ära muss auch im Lkw-Verkehr zu Ende gehen. Fachleute erwarten, dass auch hier wie beim Pkw batterieelektrische Antriebe das Rennen machen werden, weil E‑Fuels oder Oberleitungssysteme an Autobahnen zu teuer oder zu aufwändig sind.

Allerdings gelten lange Ladezeiten hier als eines der größten Hemmnisse für den Durchbruch, gerade im Schwerlastverkehr, für den große Energiemengen nötig sind. 

Doch mit Megawatt-Ladesystemen könnte sich das grundlegend ändern. Pilotstationen in Europa zeigen, wie das Problem behoben werden kann.

Nach dem ersten Megawatt-Ladepunkt in Italien ist nun auch hierzulande eine Hochleistungs-Ladesäule in Betrieb gegangen – an der Rastanlage Lipperland Süd bei Bielefeld an der Autobahn A2 in Nordrhein-Westfalen.

Die Ladeleistung beträgt hier bis zu 1,2 Megawatt (1.200 Kilowatt). Damit können Lkw in den nach viereinhalb Stunden Fahrzeit gesetzlich vorgeschriebenen Pausen von 45 Minuten für Hunderte von Kilometern Reichweite "betankt" werden, längere Standzeiten oder zusätzliche Stopps sind dann nicht mehr nötig.

Konkret: Ein Lkw mit einer 600-Kilowattstunden-Batterie lässt sich bei einer Ladeleistung von 1.000 Kilowatt in nur 30 Minuten aufladen. Damit kann eine Reichweite von 500 Kilometern erzielt werden.

Möglich macht das der neue Megawatt-Charging-Standard MCS, der nun erstmals im Alltag getestet wird. Die Lipperland-Süd-Anlage ist Teil des Projekts "Hochleistungsladen im Lkw-Fernverkehr" (Hola), das vom Bundesverkehrsministerium mit rund zwölf Millionen Euro gefördert wird.

Beteiligt sind Unternehmen aus Energieversorgung, Netzbetrieb, Fahrzeugbau und Forschung, darunter ABB, EnBW, Daimler, MAN, Scania und Volvo. Begleitet wird das Projekt vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) in Karlsruhe.

Bundesweites Lkw-Schnellladenetz geplant

An fünf Standorten an der A2 sollen solche Turbo-Charger in den nächsten Monaten zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin installiert werden. Die A2 und Lipperland Süd wurden als Startpunkt ausgewählt, da diese Autobahn zu den wichtigsten West-Ost-Transitachsen im europäischen Güterverkehr zählt, auf ihr sind täglich Zehntausende Lkw unterwegs.

Dass die Technik mit solch hohen Ladeleistungen grundsätzlich funktioniert, hat die erste Megawatt-Station in Italien bereits gezeigt, die an der Raststätte Bozen Süd im Mai eröffnet wurde.

Sie verlangt dem Stromnetz allerdings einiges ab, ein einziger Ladevorgang benötigt mehr Leistung als viele Einfamilienhäuser zusammen. Daher wird im Rahmen des Projekts auch untersucht, wie Lastspitzen bei gleichzeitigem Laden mehrerer Lkw abgefangen und Netzkapazitäten ausgebaut werden können.

Die Ergebnisse von "Hola" sollen für die Ausgestaltung eines bundesweiten Lkw-Schnellladenetzes dienen, das nach den Plänen der Bundesregierung 350 Standorte mit insgesamt mehr als 4.000 Ladepunkten haben soll.

Bisher gibt es nach einer Aufstellung der "Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur" 57 öffentlich zugängliche Standorte mit 216 Ladepunkten. Dabei liegt die maximale Ladeleistung meist zwischen 300 und 400 Kilowatt, also bei einem Drittel der Turbo-Ladestellen, teils werden aber auch schon 800 Kilowatt erreicht.

 

Der Anteil von E‑Lkw an der gesamten Lkw-Flotte ist in Deutschland und EU-weit bisher noch gering, allerdings ist die Zahl der verfügbaren Modelle in den letzten Jahren stark gestiegen.

Die EU-Kommission hat im Frühjahr einen Aktionsplan für die Automobilbranche vorgelegt und darin auch Marktunterstützung für emissionsfreie Nutzfahrzeuge angekündigt. Die Vorschläge reichen von einer weiteren Mautbefreiung bis zu harmonisierten Typgenehmigungen.

Die Kommission plant zudem einen Leitfaden und Empfehlungen zur Verkürzung der Netzanschluss-Verfahren und zur Priorisierung entsprechender Anschlüsse.