Blick auf deutsche Autobahn ohne Tempolimit
Auch die letzten Regionen sollen noch mit Autobahnen "erschlossen" werden. (Foto: Michael Knoll/​Pixabay)

Die Nachricht ist für viele Klimaschützer:innen enttäuschend: Die Autobahn A14 in Sachsen-Anhalt darf weitergebaut werden. Das hat am Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Naturfreunde hatten gegen den Weiterbau des Teilabschnitts von Osterburg nach Seehausen (Altmark) geklagt. Der Umweltverband sieht bei der Planung der Autobahn erhebliche Mängel vor allem beim Klimaschutz.

Das war auch das Besondere an der Klage: Erstmals wurde auf der Basis des nachgebesserten Klimaschutzgesetzes gegen eine Autobahn geklagt. Im April 2021 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das geltende Klimagesetz in Teilen verfassungswidrig sei und aktualisiert werden müsse.

Bisher wurde noch kein Infrastrukturprojekt auf Basis dieses erweiterten Gesetzes gestoppt. Nun soll es auch bei der A14 nicht so kommen.

Dass die Autobahn weiter durch die Landschaft betoniert werden darf, begründete das Gericht zunächst damit, dass für die A14 ein sogenannter vordringlicher Bedarf und somit eine Bindungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses bestehe. Mit der Autobahn werde die Erschließung der Altmark ermöglicht.

Damit bezog sich der Senat auf die Kritik der Naturfreunde, dass die Planung für die Autobahn auf viel zu hohen Verkehrs-Prognosen beruhe. "Die A14 ist als Autobahn komplett überdimensioniert", hatte der Anwalt der Kläger Karsten Sommer in der Verhandlung erklärt. Erst ab 18.000 Pkw pro Tag sei Bedarf für eine Autobahn gegeben. Aktuelle Prognosen gehen bei der A14 eher von 12.000 Pkw aus.

Dieses Argument ist jedoch nach Auffassung des Gerichts unbedeutend. Bei der Bewertung der Autobahn stehe nicht die Verkehrsbelastung im Vordergrund, sondern die Erschließung des Gebietes. "Eine der größten Lücken im deutschen Autobahnnetz wird mit der A14 geschlossen", sagte die Vorsitzende des Senats.

Aber auch in puncto Klimaschutz konnten die Kläger das Gericht nicht überzeugen. In der mündlichen Urteilsbegründung stellten die juristischen Erläuterungen zur Entscheidung des Gerichts in Bezug auf das Klimaschutzgesetz den größten Teil dar. Das Klimaschutzgesetz sei ein Rahmengesetz, das sich an den Gesetzgeber richte, erklärte der Senat bei der Urteilsverkündung.

Entscheidung gilt als wegweisend

Selbstverständlich dürften Naturschutzverbände klagen. Noch gebe es allerdings keine ausreichenden Leitfäden, die erläuterten, wie das Gesetz genau anzuwenden sei. Das führe zwar nicht dazu, dass Klimaschutz vernachlässigbar sei, aber es bedeute, dass der angemessene Umfang von Klimaschutz bei Infrastrukturprojekten wie der A14 "mit Augenmaß" bestimmt werden müsse.

Natürlich dürfe die Verwaltung nicht "die Augen vor den Klimafolgen verschließen", Klimaschutz dürfe aber für die Behörden keinen "unzumutbaren Aufwand" darstellen.

Zudem, führte der Senat weiter aus, seien Klimaschutzaspekte bereits in einem Planergänzungsbeschluss zur A14 behandelt worden. Dieser Beschluss sehe beispielsweise Ausgleichsmaßnahmen im Verhältnis eins zu eins zu den gerodeten Flächen vor.

Die Forderung der Kläger, auch die Treibhausgasemissionen der gerodeten Waldflächen zu ermitteln, wies der Senat mit der Begründung zurück, dass es noch keine ausreichenden wissenschaftlichen Methoden gebe, auf der diese Berechnungen fußen könnten.

Davon zeigte sich Klägeranwalt Sommer nach der Verhandlung enttäuscht: "Was der Senat überhaupt nicht in Betracht gezogen hat, ist der zeitliche Aspekt. Es reicht nicht, wenn die Bäume der Ausgleichsmaßnahmen erst in 30 Jahren wieder als CO2-Senke dienen. Es geht darum, dass diese Senken jetzt durch die A14 verschwinden werden."

Bitter findet Karsten Sommer auch die Auffassung des Gerichts, dass von den Behörden in puncto Klimaschutz nichts "Unzumutbares" zu verlangen sei: "Was ist unzumutbar angesichts dessen, was kommen wird, wenn wir die Klimaziele nicht erreichen?", sagte er nach der Verhandlung zu Klimareporter°.

Die Entscheidung zur A14 gilt als wegweisend, da sie einen Einfluss auf weitere Entscheidungen für Infrastrukturprojekte in Anbetracht von Klimaschutzaspekten in der Bundesrepublik haben könnte.

Als nächstes verhandelt das Bundesverwaltungsgericht Ende Mai über die Zukunft der sogenannten Ostseeautobahn A20. Es scheint sich gerade abzuzeichnen, dass das Klimaschutzgesetz vom April 2021 in seiner jetzigen Form den Gerichten noch nicht genügend Argumentationslinien bietet, auf denen Entscheidungen für wirklichen Klimaschutz beruhen können.

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