Vier grün-schwarze Elektro-Tretroller stehen an einer Straßenecke in Lyon.
Eine neue Spaßmaschine wird durchs Dorf getrieben. (Foto: Sébastien Gathier/​Wikimedia Commons)

Jetzt sind sie also da, die E-Roller oder E-Scooter oder wie man sie nennen soll. Die Franzosen sagen Trottinette électrique dazu, die Schweizer kurz E-Trotti, das finde ich nett. Hoffentlich setzt sich das auch bei uns durch. Immer das olle Englisch!

Ich habe nichts gegen die Roller, solang sie sich brav auf der Straße bewegen oder auf dem Fahrradweg und einem nicht den knappen Platz auf dem Fußweg beziehungsweise Gehsteig (kommt von "gehen") beziehungsweise Trottoir streitig machen.

Selbst zieht es mich nicht dazu, solch ein Teil auszuleihen, weil ich ganz glücklich mit meinem Radl bin und der Auffassung, dass Erwachsene auf den Rollern einen etwas unvorteilhaften Eindruck machen, auch wenn das dämliche Treten bei der elektrifizierten Variante wegfällt.

Wie gesagt, ich bin offen, was die Fortbewegungsart meiner Mitmenschen anbelangt, solange sie mir nicht dauernd in die Quere kommen. Mich nervt nur immer der Hype um irgendeine Novität auf dem Mobilitätsmarkt.

Zuerst hieß es überall: Hurra, die E-Roller kommen! Und die Zeitungen brachten seitenlange Berichte darüber, wie toll diese Gefährte sind für die Verkehrswende, die individuelle Freiheit und die Bekämpfung von Feinstaub und Klimawandel.

Jetzt werden sie wieder runtergeschrieben: "E-Scooter-Wahnsinn im Englischen Garten", las ich in einer Münchner Boulevardzeitung. Hauptsache, es nützt der bröckelnden Auflage.

Vielleicht sollte man das alles mal bei Licht betrachten: Für mich sind die Roller in erster Linie Spaßmacher. Vor allem junge Leute lieben es, hip zu sein und darauf herumzukurven. Vorher wären sie wahrscheinlich todlangweilig zu Fuß gegangen, mit dem Rad gefahren oder dem Bus.

Ob das E-Rollern die Verkehrswende entscheidend voranbringt, bezweifle ich. Dafür kurbelt es den Stromverbrauch an, wie schon die E-Bikes. Auf dem Land sieht man fast nur noch Elektroräder. Was haben die Leute eigentlich gemacht, als es die noch nicht gab?

"Demokratische" E-Mountainbikes

Heute hat manch einer vier oder fünf Räder im Stall: Rennrad, Citybike, E-Bike und Mountainbike, vielleicht noch ein E-Mountainbike. Für jede Gelegenheit das richtige. Über den Ressourcenverbrauch spricht keiner. Und auch nicht darüber, wie viele tausend Räder, die niemand mehr braucht, allein in München am Straßenrand vergammeln. München – die Schrottradlhauptstadt.

Ein Journalist hat behauptet, der elektrische Antrieb habe das Mountainbike "demokratisiert". So kann man es auch sehen, wenn einem übergewichtige Flachlandtiroler auf schmalen Felssteigen mit schwerem Gerät entgegenkommen und man als dämlicher Wanderer aufpassen muss, dass man beim Ausweichmanöver nicht den Abhang hinabstürzt.

Foto: Monika Höfler

Georg Etscheit

lebt als Autor und Journalist in München – und regt sich leidenschaftlich gern über die kleinen und großen Stressmomente des Alltags auf.

Oder wenn ihnen der Saft ausgegangen ist und sie nicht mehr weiterwissen am Steilhang – mit ihren klobigen Teilen. Aber wahrscheinlich fühlen sie sich ökologisch auf der Höhe der Zeit.

Wie die vielen Carsharer. Ich kenne eine Familie, die hat schon zwei Autos und leiht sich trotzdem manchmal noch eins aus von Car2go, Flinkster oder Drivenow. Weil man dann mal ein mega-trendiges Mini-Cabrio oder den elektrischen BMW i3 fahren kann. Da lässt man die eigene Karre gerne mal ökologisch und klimafreundlich am Straßenrand stehen.

Was mich besonders fuchst: Dass jetzt Besitzer von sündteuren und völlig übermotorisierten Teslas oder BMW i8 Roadstern immer einen kostenlosen Parkplatz bekommen, an der E-Ladesäule nämlich. So etwas nenne ich Umverteilung von unten nach oben, Umverteilung von Straßenraum nämlich.

Wenn die jetzt im Zuge einer forcierten Verkehrswende auch noch auf der Busspur am Stau vorbeifahren dürfen, werde ich mir doch noch einen E-Roller mieten und mich ganz gemütlich vor die setzen.

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