Hellblauer Regionalzug der Österreichischen Bundesbahnen mit rot-weißer Spitze fährt durch grüne Berglandschaft.
Wasserstoff wird als Antrieb für Regionalbahnen diskutiert. Der Sinn ist jedoch umstritten – und ohne erneuerbare Quellen wird in keinem Fall Klimaschutz daraus. (Foto: Florian Kropshofer/​Pixabay)

Es ist ein Projekt mit knapp 300 Millionen Euro Fördersumme: das Innovations- und Technologiezentrum Wasserstofftechnologie, in dem bald Wasserstoff-Lösungen für den Verkehrssektor erforscht werden sollen. 15 Standorte hatten sich dafür beworben, vor allem die sächsische Stadt Chemnitz rechnete sich gute Chancen aus, den Zuschlag zu bekommen.

Am Ende entschied das Bundesverkehrsministerium aber, dass das Geld aufgeteilt wird: auf Chemnitz, den niederbayerischen Ort Pfeffenhausen, Duisburg sowie mehrere Standorte in Norddeutschland.

Die Entscheidung, die das Ministerium im September bekannt gegeben hat, war nicht unumstritten. Besonders in Sachsen waren einige verärgert, da sie gehofft hatten, die gesamte Fördersumme könnte dort landen. Der implizite Vorwurf dabei: Der damalige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe Chemnitz ausgebootet und den Großteil des Geldes nach Bayern geholt.

Doch ein Gutachten, das der Autor dieses Textes mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes erhalten hat, legt nahe, dass es für die Entscheidung durchaus gute Gründe gab. Das Gutachten kann über die Plattform "Frag den Staat" eingesehen werden.

"Kein Konzept deckt alles ab"

Der Sender MDR hatte bereits kurz nach der Entscheidung über die Kritik berichtet. Dort zitierte man etwa den Chemnitzer SPD-Bundestagsabgeordneten Detlef Müller, der darauf verwies, dass die Bewerbung von Chemnitz in einem Gutachten auf dem ersten Platz gelandet sei.

Dass Chemnitz in dem Gutachten der Firma Prognos am besten abgeschnitten hat, ist korrekt. Es wurden Punkte für die verschiedenen Konzepte vergeben und Chemnitz schnitt dabei mit knapp 41 Punkten am besten ab. Pfeffenhausen erhielt rund 37 Punkte, Duisburg 36 und das norddeutsche Konzept 33,5.

Allerdings lassen die Gutachter auch wenig Zweifel daran, dass sie eine Lösung mit mehreren Standorten bevorzugen. Sie schreiben: "In den Vorüberlegungen zum Gesamtkonzept zeigte sich ein Konzept mit mehreren Standorten klar überlegen gegenüber einem Konzept mit nur einem Standort."

Und weiter heißt es: "Keines der Konzepte deckt alle geforderten Funktionen, Brennstoffe und Verkehrsträger alleine ab."

Straßenverkehr bevorzugt

Im Konzept von Chemnitz soll der Schwerpunkt die Nutzung von Wasserstoff für den Straßen- und Schienenverkehr sein. Sprich: Der Vorschlag konzentriert sich vor allem auf die Bereiche, in denen noch längst nicht klar ist, welche Rolle Wasserstoff überhaupt spielen wird.

Allerdings gilt das auch für die Vorschläge von Duisburg und Pfeffenhausen, dort will man sich vor allem auf den Straßenverkehr konzentrieren.

Eher unstrittig ist der Einsatz von Wasserstoff oder daraus hergestellten anderen Treibstoffen im Schiffs- und Flugverkehr. Darauf konzentriert sich der norddeutsche Vorschlag, was möglicherweise dafür gesorgt hat, dass dieser trotz der niedrigsten Bewertung von allen Konzepten weiterhin berücksichtigt wurde.

Neben der Konzentration auf bestimmte Verkehrsmittel arbeiteten die Gutachter auch andere Gründe heraus, die für mehrere Standorte sprechen.

Für Pfeffenhausen sprach vor allem, dass man sich dort auch auf "Sicherheitsfragen, Betankungssysteme und die Beforschung kryogenen Wasserstoffs" konzentrieren will. Für Duisburg sprach die Nähe zu bestehenden Wasserstoffleitungen. Jeder Standort habe demnach einen "Unique Selling Point", also ein Alleinstellungsmerkmal.

Mit der Entscheidung, alle vier Standorte zu berücksichtigen, folgte das Verkehrsministerium also der Empfehlung der Gutachter.

Pfeffenhausen erhält dabei mit 100 Millionen Euro den größten Teil der Fördersumme. Dass dies mit der niederbayerischen Herkunft des Ministers zu tun hat, ist durchaus plausibel. Doch dass nicht die gesamte Fördersumme nach Chemnitz geht, dafür gibt es gute Gründe.

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