Klimaschutz durch "Antriebswende": Die Ampel-Bundesregierung hat als Ziel ausgegeben, bis 2030 rund 15 Millionen reine Elektroautos auf die Straßen zu bringen. Derzeit sind es erst rund 1,5 Millionen, also ein Zehntel davon. Der Absatz müsste also stark steigen, doch das Gegenteil ist der Fall.

Dabei sprechen immerhin die "Spritkosten" eigentlich für die Stromer. Ein aktueller Vergleich zeigt: Ein E‑Auto aufzuladen ist deutlich günstiger, als mit einem Verbrenner Benzin oder Diesel zu tanken – allerdings nur, wenn man das zu Hause tun kann, was meist an einer Wallbox geschieht.

 

Strom an öffentlichen Ladesäulen ist demgegenüber teuer. Hier könnte die Bundesregierung günstigere Preise durchsetzen.

Der Absatz von reinen E‑Autos ist im ersten Halbjahr 2024 gegenüber dem Vorjahreszeitraum spürbar zurückgegangen, eine Folge der von der Regierung im vorigen Jahr gekappten Förderung. Die Ampel strich zuerst die Kaufprämie für gewerbliche E‑Autos und dann auch die für private.

2023 hatte es beim E‑Auto-Verkauf mit 524.000 Fahrzeugen noch einen Rekord gegeben, er lag fast zehnmal so hoch wie 2019. Nun also wieder der Knick nach unten.

Von Januar bis Juni wurden nur 184.000 E‑Autos verkauft, ein Minus gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 16 Prozent. Im Juli waren nur knapp 13 Prozent der Neuzulassungen reine Elektro-Pkw – laut Kraftfahrt-Bundesamt ein Rückgang um mehr als ein Drittel gegenüber dem Vorjahresmonat. Zieht der Verkauf nicht wieder an, werden es Ende 2024 rund 370.000 Einheiten sein, nur wenig mehr als 2021.

Hoher Kaufpreis kommt wieder herein

Eine aktuelle Analyse des Vergleichsportals Verivox zeigt indes, dass E‑Auto-Käufer die höheren Anschaffungskosten über die gesamte Betriebszeit eines E‑Autos durch niedrigere Kosten für die Antriebsenergie wieder hereinholen können.

Die durchschnittlichen Kraftstoffkosten für E‑Autos beim Aufladen zu Hause waren von Januar bis Juni im Vergleich zu Dieselfahrzeugen 40 Prozent niedriger, im Vergleich zu Benzinern 48 Prozent. Zugrunde gelegt wurde dabei der durchschnittliche Stromverbrauch der gängigen E‑Modelle von rund 20 Kilowattstunden pro 100 Kilometer.

An öffentlichen Ladepunkten gibt es keinen Anbieterwettbewerb. (Bild: Tatjana Golmer/​Shutterstock)

Bei einem mittleren Haushaltsstrompreis von 35,96 Cent pro Kilowattstunde im ersten Halbjahr kostete das für diese Fahrstrecke 7,19 Euro, hochgerechnet auf eine Jahresfahrleistung von 12.000 Kilometern sind es 863 Euro. Bei Benzinern (7,7 Liter Verbrauch, Spritpreis 1,79 Euro pro Liter) lauten die Werte 13,77 beziehungsweise 1.652 Euro, bei Diesel (7,0 Liter, 1,71 Euro) 11,94 Euro respektive 1.433 Euro.

Gerechnet auf die durchschnittliche Nutzungsdauer eines Pkw von zwölf Jahren ergeben sich Einsparungen gegenüber dem Benziner von 9.468 Euro und gegenüber dem Diesel von 7.720. In Zukunft dürfte sich die Rechnung noch weiter zugunsten der Stromer verschieben, weil die CO2-Kosten beim Sprit weiter ansteigen werden.

An öffentlichen Ladepunkten schmilzt der Preisvorteil

Die Einschränkung: Wer sein E‑Auto nicht zu Hause, sondern an einer öffentlichen Ladesäule auftankt, zahlt deutlich mehr. Hier liegt der durchschnittliche Kilowattstunden-Preis bei gut 54 Cent (normale Aufladung mit Wechselstrom) beziehungsweise gut 64 Cent (Schnellladung mit Gleichstrom). Die Kosten für 100 Kilometer betragen dann 10,85 Euro respektive 12,89 Euro. Das entspricht 1.302 Euro sowie 1.547 Euro für 12.000 Kilometer.

Das heißt unterm Strich: Während E‑Autos beim Laden zu Hause viel Geld sparen, schmilzt der Preisvorteil bei öffentlichen Ladesäulen. Bei herkömmlicher Aufladung sind es gegenüber Benzin noch 21 Prozent und gegenüber Diesel noch neun Prozent. Bei der Schnellladung an öffentlichen Ladesäulen beträgt er gerade noch sechs Prozent im Vergleich zu Benzin, das Tanken mit Diesel ist dann sogar acht Prozent günstiger.

Verivox-Energieexperte Thorsten Storck kommentierte: "Wer an einer Wallbox zu Hause aufladen kann, hat mit dem E‑Auto deutlich niedrigere Treibstoffkosten als mit einem Verbrenner." Wer dagegen häufig auf öffentliche Ladesäulen angewiesen ist, habe einen weit geringeren Preisvorteil. Laut einer Erhebung des Bonner Beratungshauses EUPD Research finden 77 Prozent der Ladevorgänge für E‑Autos zu Hause statt.

Ähnliche Werte für die öffentlichen Ladesäulen hatte im April der diesjährige Ladesäulencheck des Hamburger Grünstromanbieters Lichtblick ergeben. Der Chefjurist des Unternehmens, Markus Adam, kritisierte: "Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrer:innen für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten." Für die Verkehrswende sei der breite Umstieg von Verbrenner- auf E‑Autos unerlässlich, ebenso wie günstige Preise auch unterwegs.

Günstige E‑Autos lassen auf sich warten

Als Grund für die hohen Preise sieht das zum Mitsubishi-Konzern gehörende Unternehmen, dass es bei den Normalladesäulen Monopole gebe. Der Markt benötigt daher nach Ansicht von Lichtblick dringend eine Reform, etwa in Form eines "Durchleitungsmodells".

Dabei erhält jeder Energieversorger das Recht auf Durchleitung seines Stroms zu allen öffentlichen Ladesäulen, der dann dort zu dessen Tarif "getankt" werden kann. Im Gegenzug erhält der Ladesäulen-Betreiber ein Nutzungsentgelt für Installation, Betrieb und Wartung der Säule, das eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals ermöglicht.

Eine solche Reform werde sich positiv auf die Preise für den E‑Auto-Strom auswirken, erwartet Adam. "Entsprechende Entwicklungen gab es etwa auch im Zuge der Liberalisierung der Bereiche Haushaltsstrom und Telekommunikation."

Problem hierbei: Auch das würde wohl nicht ausreichen, um das Ampel-Ziel von 15 Millionen E‑Autos bis 2030 zu schaffen. Denn dazu müssten die Absatzzahlen im Schnitt bis dahin über zwei Millionen pro Jahr betragen – mehr als das Vierfache des bisherigen Umfangs.

 

Automarkt-Fachleute erwarten einen starken Aufschwung erst, wenn günstigere E‑Autos in der Preisklasse ab 20.000 Euro angeboten werden. Derzeit gibt es unter 30.000 Euro nur eine Handvoll Modelle von Preisbrechern bei einfachen Kleinwagen, wie den Dacia Spring oder den Citroen e-C3.

Laut einer ADAC-Übersicht vom Frühjahr bewegen sich die Kaufpreise sonst auf hohem Niveau. Der billigste Volkswagen, ein ID 3, steht mit fast 40.000 Euro in der Preisliste, der billigste Mercedes, ein EQA, kostet 51.000 Euro. Der Volumenhersteller VW zum Beispiel will mit bezahlbaren E‑Kleinwagen ab 25.000 Euro 2025 auf den Markt kommen.