Das neue Elektroauto-Modell VW ID 3 am Ende der Fertigungsstraße.
Auf erschwingliche Elektroautos aus inländischer Produktion wartet das Land seit Jahren. (Bild: VW)

Die deutsche Autoindustrie steckt in einer tiefen Krise. Absatzschwäche, Produktionspausen, drastischer Stellenabbau, sogar Werksschließungen – die einstige Vorzeigebranche steht unter Druck wie selten zuvor.

Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Zu lange haben die großen Hersteller auf Benziner und Diesel, zudem große, schwere PS-Boliden gesetzt – und die Zeichen der Zeit ignoriert.

Im wichtigen Exportmarkt China sind die Verkaufszahlen deutscher Marken eingebrochen, die USA errichten neue Zollschranken, und auf dem heimischen Markt fehlt es an attraktiven, erschwinglichen E‑Modellen. Die Folge ist eine Absatzkrise, die strukturelle Ursachen hat.

Trotz dieser Lage dreht sich die politische Debatte vor dem Autogipfel am Donnerstag vor allem um das sogenannte Verbrennerverbot der EU ab 2035 – als sei dessen Abschaffung der Schlüssel zur Rettung der Branche. Doch die Fixierung auf dieses Thema führt in die Irre.

Nicht das Ende des Verbrenners bedroht die deutsche Autoindustrie, sondern ihre verspätete Reaktion auf die neuen Zeiten. Wer jetzt den Umbau zur E‑Mobilität wieder infrage stellt, riskiert vor allem eines: neue Unsicherheit und einen erneuten Aufschub notwendiger Entscheidungen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) will das EU-Ziel aufweichen und Plug-in-Hybride und E‑Autos mit fossilen Range-Extendern zulassen. Das wäre ein Rückschritt. Es ist richtig, dass Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) an dem EU-Beschluss für 2035 festhalten will.

Kaum noch jemand, der sich in der Branche auskennt, zweifelt daran: Die Zukunft des Verkehrs ist elektrisch. Allenfalls für Nischen wird es auch – sehr teure – E‑Fuels geben.

Rechtzeitig umsteuern

Wer heute den Zyklus der fossilen Technologien verlängern will, verspielt die Wettbewerbsfähigkeit von morgen. Die Branche braucht endlich klare Leitplanken, keine politisch motivierten Rückzieher, zumal sich der E‑Auto-Absatz in den vergangenen Monaten positiv entwickelt hat.

Wer jetzt den Ausstiegspfad vom Verbrenner infrage stellt, arbeitet nicht an der Lösung, sondern verlängert nur den Stillstand.

Tatsächlich können ja noch zehn Jahre lang klassische Benziner und Diesel produziert und verkauft werden, freilich mit sinkenden Anteilen am Markt. Bis dahin wird sich die Batterietechnologie rasant weiterentwickeln. Reichweiten werden steigen, Ladezeiten sinken, und Elektroautos werden auch für Menschen auf dem Land eine echte Alternative sein.

Natürlich darf die Politik sich nicht damit begnügen, Zielmarken zu verkünden. Der Bund muss die Transformation aktiv unterstützen – etwa durch einen raschen Ausbau der Ladeinfrastruktur und durch Social Leasing nach französischem Vorbild, das auch Haushalten mit geringem Einkommen den Umstieg ermöglicht.

Ebenso wichtig ist der Aufbau einer europäischen Batterieproduktion, um Abhängigkeiten von Asien zu verringern, und die Förderung neuer Speichertechnologien, die ohne kritische Rohstoffe wie Lithium und Kobalt auskommen.

 

Finanziell ist das zu stemmen, wenn die Bundesregierung endlich konsequent umsteuert. Subventionen, die klimaschädliche Technologien stützen – etwa das Diesel-Privileg oder Steuervergünstigungen für Dienstwagen mit hohem Verbrauch – gehören abgeschafft.

Das frei werdende Geld sollte in eine gezielte Unterstützung für kleinere, ressourcenschonende E‑Autos sowie elektrische Taxen, Rufbusse und Lieferfahrzeuge fließen, außerdem in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, um mehr Menschen ein Umsteigen zu ermöglichen.

Deutschland kann im Zeitalter der E‑Mobilität wieder eine führende Rolle spielen – wenn Politik und Industrie jetzt gemeinsam handeln, anstatt sich in rückwärtsgewandte Debatten zu verlieren. Wer die Zukunft des Autos sichern will, muss den Mut haben, sie wirklich zu gestalten.