Stromspeicher
Mit griffigen Karikaturen wirbt der Solarenergie-Förderverein für Stromspeicher im Eigenheim. Damit der Hausspeicher auch dem Klima etwas bringt, müssen aber mindestens zwei Voraussetzungen erfüllt sein. (Zeichnung: Gerhard Mester; Copyright: SFV/​Mester)

Jeder zweite Haushalt in Deutschland, der sich eine Solarstrom-Anlage aufs Dach setzen lässt, kauft sich inzwischen einen Stromspeicher dazu. Bundesweit sollen bereits 125.000 solcher Hausspeicher in Betrieb sein.

Ein Motiv für den Boom ist ein klimapolitisches: Auch in Zeiten, wo die Sonne nicht scheint, will man auf selbsterzeugten Solarstrom zurückgreifen können – und wer dank Speicher mehr von dem eigenen Ökostrom nutzt, spart nach üblicher Lesart auch CO2 ein und tut etwas für den Klimaschutz.

So einfach ist es aber nicht, wie die jüngst veröffentlichte Stromspeicher-Inspektion 2019 der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin aufzeigt. In der zweiten Auflage ihrer Untersuchung stellte sich die Forschungsgruppe Solarspeichersysteme der HTW erstmals die Frage, ob durch das Speichern des Solarstroms auch die CO2-Emissionen verringert werden.

Wird der erzeugte CO2-freie Ökostrom nicht sofort verbraucht, rührt der CO2-Spareffekt eines Stromspeichers daher, dass der Stromverbrauch zeitlich verschoben wird. "Zur Mittagszeit, wenn viele Solarstromanlagen in das Netz einspeisen, sind die CO2-Emissionen des Strommix in Deutschland geringer sind als in den Abendstunden, wenn mehr konventionelle Kraftwerke im Einsatz sind", erläutert HTW-Forscher Johannes Weniger den Speicher-Effekt. "Eine Kilowattstunde Solarstrom, die also nicht zur Mittagszeit in das Netz eingespeist, sondern gespeichert wird und dann abends den Netzstrom ersetzt, kann dadurch mehr CO2-Emissionen einsparen."

Vereinfacht gesagt: Abends oder nachts ersetzt der eigene Ökostrom aus dem Speicher einen "schmutzigeren" Strom, als wenn der Ökostrom zur Mittagszeit genutzt wird. Aus dieser "Schmutz-Differenz" ergibt sich die CO2-Einsparung, die durch die Nutzung des Stromspeichers zusätzlich zum unmittelbaren Effekt der Solaranlage möglich ist.

Speicher brauchen manchmal Netzstrom

Generell zeige die Inspektion 2019, bilanziert Weniger, dass das Speichern von Solarstrom die CO2-Emissionen in Deutschland verringern kann. Allerdings sind dafür nach Ansicht der Forscher einige Voraussetzungen nötig. So gilt es vor allem, sich einen hocheffizienten Speicher anzuschaffen. Der muss geringe Verluste beim Laden und bei der Abgabe des Stroms sowie im Stand-by-Betrieb haben.

Speicher-Effizienz leicht verbessert

Gegenüber der ersten Studie 2018 hat sich bei der Stromspeicher-Inspektion 2019 die Effizienz der untersuchten Speicher leicht verbessert. Der von den HTW-Forschern entwickelte "System Performance Index" (SPI) stieg von 88,1 auf 89,1 Prozent. Die leicht positive Entwicklung erklärt sich damit, dass sich diesmal vorrangig Unternehmen beteiligten, die mit hoher Effizienz punkten konnten.

Wie im vergangenen Jahr hatten die HTW-Forscher wieder 60 Speicherbauer angeschrieben. Beteiligten sich damals zehn Hersteller mit 20 Speichern, so waren es jetzt acht Unternehmen mit 16 Batteriesystemen, die Hälfte davon wurde erstmals auf Herz und Nieren getestet.

Auch wenn weniger Unternehmen teilnahmen, repräsentierten diese noch immer "mehr als die Hälfte des Heimspeichermarkts in Deutschland", teilte die HTW mit. Gegenüber 2018 haben die Forscher mit der jetzigen zweiten Auflage auch entschieden, nur noch Labordaten unabhängiger Prüfinstitute und keine herstellereigenen Messungen mehr zu berücksichtigen.

Da kommt es aufs Detail an. So sind Hausstromspeicher nach Angaben der HTW-Forscher im Schnitt 2.000 bis 4.000 Stunden im Jahr völlig entladen. Im "leeren" Zustand deckt der Speicher seinen Stand-by-Strombedarf dann aber aus dem normalen Netz.

Bei einem Stand-by-Verbrauch um die 50 Watt können so 100 bis 200 Kilowattstunden pro Jahr zusammenkommen, die der Speicher aus dem deutschen Strommix bezieht und deren Erzeugung mehrere Dutzend Kilogramm CO2 verursacht. Die Forscher raten deshalb, darauf zu achten, dass ein Speicher im Stand-by nicht mehr als fünf Watt benötigt.

Alles in allem gilt: Ob ein häusliches Batteriesystem die CO2-Emissionen verringert und real zum Klimaschutz beiträgt, hängt von der Höhe der Systemverluste ab.

"Wer beim Speicherkauf auf eine hohe Effizienz achtet, spart später nicht nur bares Geld, sondern tut auch dem Klima etwas Gutes", resümiert Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der HTW und Mitautor der Untersuchung. Wichtig sei ein Wirkungsgrad über 95 Prozent – sowohl beim Laden als auch beim Entladen des Batteriespeichers.

Auch die Herstellung der Speicher schlägt zu Buche

In der Klimabilanz sind dabei die Unterschiede unter den heutigen Speichern erheblich. Bezogen auf den Strommix 2017 fanden die Forscher heraus, dass ein sehr effizienter Stromspeicher jährlich bis zu 35 Kilogramm CO2 einsparen, ein wenig effizientes System aber mehr als 90 Kilo zusätzliche CO2-Emissionen verursachen kann. So viel emittiert ein Mittelklasse-Pkw nach rund 700 Kilometern Fahrt.

Allerdings tragen auch Stromspeicher – wie die Batterien von Elektroautos – vom Start weg einen ökologischen Rucksack mit sich herum, der sich aus dem Ressourcen- und Energieaufwand für ihre Herstellung ergibt sowie daraus, wie "schmutzig" der dabei genutzte Strom ist. Eine Analyse der Forschungsstelle für Energiewirtschaft in München kam zu dem Ergebnis, dass je Kilowattstunde Batteriekapazität – egal, ob die Batterie später in einem Haus-Stromspeicher oder in einem E-Auto landet – zwischen 62 und 212 Kilo CO2 entstehen.

Selbst bei einem hocheffizienten Solarstrom-Speichersystem muss unter den aktuellen Umständen der Batteriespeicher mindestens zehn Jahre betrieben werden, um die CO2-Emissionen aus der Batterieproduktion durch die Einsparungen im Betrieb auszugleichen, schätzt Johannes Weniger von der HTW.

Klimaschutz per Solar-Stromspeicher klappt also offenbar nur, wenn der Speicher wirklich effizient ist und lange Zeit läuft.

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