Solaranlagen in einem Bergdof in Lesotho
Dezentrale Solarenergie boomt im subsaharischen Afrika, hier in Lesotho. (Foto: Herbert Bieser/​Pixabay)

Seit 2016 ist die Zahl der Menschen ohne Strom weltweit um 250 Millionen zurückgegangen. Mittlerweile liegt die Versorgungsrate meist bei 90 bis 100 Prozent. Noch immer hat aber jeder Zehnte keinen Zugang zu Strom, das sind etwa 770 Millionen Menschen.

Zu den elektrizitätsarmen Regionen gehören laut einer heute veröffentlichen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) und der TU Berlin vor allem Afrika südlich der Sahara sowie einzelne Staaten in Asien und Lateinamerika. Im Nahen Osten weisen besonders die Konfliktländer Syrien und Jemen geringe Elektrifizierungsraten auf.

Innerhalb der Länder zeigt sich dabei eine große Kluft zwischen ländlichen und städtischen Gebieten. Während weltweit 97 Prozent der urbanen Räume mit Strom versorgt werden, sind es in den ländlichen Regionen im Schnitt nur 82 Prozent.

In Subsahara-Afrika ist dieser Unterschied noch gravierender: Dort haben 78 Prozent der städtischen Einwohner Zugang zu Strom, aber nur 32 Prozent der ländlichen Bewohner.

Vor allem dezentrale Solarsysteme haben dabei in den ländlichen Regionen in den letzten Jahren den Zugang zu Strom verbessert, ergab die Untersuchung, zu der Fallstudien in Bangladesch, Jemen, Kenia und Nigeria gehörten. Gründe dafür seien der technische Fortschritt sowie ein erheblicher Kostenrückgang.

Inselnetze und -anlagen ersetzen Dieselgeneratoren

Dezentrale Solarenergie sei "vielerorts eine günstige Option zur Elektrifizierung ist, mit denen insbesondere die abgelegenen ländlichen Gebiete erreicht werden können", fasst Studienautor Christian von Hirschhausen das Ergebnis zusammen.

Zwar kam laut Studie der größere Teil der Elektrifizierungsfortschritte durch öffentliche Netzerweiterungen zustande – in den Städten erleichtert durch eine hohe Bevölkerungsdichte –, allerdings nahm auch der Sektor der dezentralen Photovoltaik rasch zu.

Dabei handelt es sich sowohl um Inselnetze als auch um Inselanlagen – also solche, die nicht an das landesweite öffentliche Stromnetz angeschlossen sind. Zuvor waren vielerorts Dieselgeneratoren zur Stromerzeugung verbreitet, doch haben sich in den letzten Jahren rasch wachsende und institutionalisierte Märkte für Solaranlagen gebildet.

Auch für dezentrale Lösungen sind staatliche Subventionen laut der Untersuchung unumgänglich. Vielen Haushalten sei es trotz der deutlichen Kostensenkungen kaum möglich, die vollen Kosten der Elektrifizierung zu übernehmen.

Gut gelungen ist die Elektrifizierung nach den Angaben vor allem in Bangladesch und Kenia. Beide Länder hätten  große Anstrengungen unternommen, um die richtigen Rahmenbedingungen für erneuerbare Energien zu schaffen. Dazu zählten Finanzierungs- und Bezahlmodelle, die auch ärmeren Haushalten die Investitionen ermöglichten.

Günstige Bezahlmodelle allein reichen nicht

In Nigeria seien die Erfolge trotz eines günstigen Bezahlmodells geringer, weil dort noch Technologien wie Dieselgeneratoren bevorteilt würden. So verzerren zum Beispiel subventionierte Treibstoffe den Wettbewerb zuungunsten der Erneuerbaren.

In Jemen habe der Krieg dazu geführt, dass Solarenergie zur wichtigsten Stromquelle wurde, weil die konventionelle Elektrizitätsinfrastruktur stark beschädigt wurde. Solarstrom sei dort bisher eher ein Notbehelf, so die Untersuchung.

"Dezentrale erneuerbare Energien sind eine echte Alternative geworden, sowohl im globalen Süden als auch bei uns", resümiert Studien-Mitautorin Claudia Kemfert vom DIW. Richtige regulatorische Bedingungen, kombiniert mit einer durchdachten Finanzierung für die Ärmeren, könnten die Elektrifizierung durch Erneuerbare effizient und schnell vorantreiben.

DIW-Mitautor Dawud Ansari warnt aber auch: Der Prozess der Elektrifizierung sei fragiler als angenommen. Das zeige die grassierende Covid-19-Pandemie. So sinke in diesem Jahr die Elektrifizierungsrate in Afrika erstmals wieder.

Ansari: "Daher ist es unumgänglich, dass der Zugang zu Elektrizität weiterhin ein Top-Ziel auf der Agenda der internationalen Gemeinschaft und der nationalen Regierungen bleibt."

Redaktioneller Hinweis: Claudia Kemfert gehört dem Herausgeberrat von Klimareporter° an.

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