Die Herstellung von Zement verursacht rund dreimal so viel Kohlendioxid wie der gesamte Flugverkehr. Jüngsten Schätzungen zufolge verursacht die Zementherstellung etwa acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Zum Vergleich: Deutschland hat einen Anteil von gut zwei Prozent am globalen CO2-Ausstoß, die USA sind für etwa 15 Prozent verantwortlich.
Aufgrund des erheblichen CO2-Ausstoßes muss auch die Branche ihre klimaschädlichen Emissionen eindämmen. Wie das gehen soll, hat jetzt ein Forscherteam der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und der ETH Lausanne im Auftrag der European Climate Foundation untersucht.
Ergebnis: Bis zu 80 Prozent der CO2-Emissionen lassen sich im Zementsektor vermeiden, wenn die Branche entlang der gesamten Wertschöpfungskette unterschiedlichste Einsparmaßnahmen ergreift – wie effizientere Öfen, alternative Brennstoffe, Recycling von Zementfeinkörnern und Beton sowie Strukturoptimierung in Gebäuden.
Alle diese Maßnahmen stützen sich auf bereits bekannte Technologien, die zügig und umfassend in die Praxis umgesetzt werden können. Für die Analyse haben die Autoren die einzelnen Maßnahmen für drei verschiedene Szenarien auf verschiedene Weisen kombiniert.
Eines der Szenarien setzt vor allem auf technologische Fortschritte und massive Investitionen der Industrie, ein zweites setzt auf Effizienzmaßnahmen und höhere Recyclingquoten und ein drittes kombiniert die Maßnahmen des zweiten Szenarios mit Prinzipien der Kreislaufwirtschaft.
Im dritten Szenario lassen sich bis zu 70 Prozent Einsparung erreichen. Mit zusätzlichen Maßnahmen lässt sich das Einsparpotenzial noch erhöhen. "In diesem Bericht zeigen wir, wie durch den Einsatz bekannter Technologien, die nicht nur auf Zementbasis, sondern auch auf Beton- und Strukturebene arbeiten, schnell Reduzierungen von mehr als 80 Prozent erreicht werden können", sagte Studienautorin Karen Scrivener von der ETH Lausanne.
Zementbranche tut bisher wenig für Klimaschutz
Die Emissionen der Zement- und Betonbranche zu senken ist kein leichtes Unterfangen. Nach Angaben der Branche werden bei der Produktion von einer Tonne Zement rund 580 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt. Bis zu zwei Dritteln der Emissionen werden während des Produktionsprozesses frei. Das Treibhausgas stammt also aus dem Zement-Rohstoff selbst und ist auch durch den Einsatz erneuerbarer Energien nicht vermeidbar.
Die Zementindustrie tut bislang wenig, um ihre immensen Emissionen zu senken. Zwar gelang es, die Effizienz der Fertigung zu steigern, und statt mit fossilen Brennstoffen werden die Öfen nun mit Altreifen, Altöl, Tiermehl oder Kunststoffabfällen befeuert, aber um die Klimabilanz durchgreifend zu verbessern, müsste man entweder auf CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) oder auf völlig andere Technologien bei der Zementproduktion setzen – oder auf Zement verzichten.
"Um die Emissionen auf null zu senken, ist CCS erforderlich", meint jedenfalls Studienautorin Scrivener. Angesichts der Kosten und Komplexität von CCS sei es jedoch wichtig, die CO2-Emissionen zunächst mit anderen Mitteln auf ein Minimum zu reduzieren.
Eine australische Studie aus dem vergangenen Jahr kommt ebenfalls zum Ergebnis, dass es nicht genügt, nur das Herstellungsverfahren zu verändern – die Autoren ziehen aber einen anderen Schluss: Es müsse auch insgesamt weniger Zement verbaut werden. Als Alternative bietet sich Holz an, je nach Region auch Stroh oder Bambus. Allein durch den Einsatz von Holz könnte der Zementbedarf laut den Berechnungen in der australischen Studie um 15 Prozent sinken.