Senkrecht aufragende Bohranlage mit Nebenanlagen auf einem Bauplatz vor tiefblauem Abendhimmel.
Geothermie-Bohrgerät für bis zu sieben Kilometer Tiefe: Ein kleiner Teil des deutschen Lithiumbedarfs lässt sich aus Geothermiewasser gewinnen. (Foto: Bundesverband Geothermie)

Lithium ist ein Alkalimetall. Der Rohstoff, auch "weißes Gold" genannt, wird für Akkus gebraucht, ohne ihn läuft kein Handy, Laptop, E-Auto oder Ökostrom-Speicher. Bisher ist Lithium ein reines Importprodukt, doch Deutschland könnte laut einer neuen Untersuchung einen nicht unerheblichen Teil seines Bedarfs selbst gewinnen, nämlich bis zu 13 Prozent. Die Quelle: Thermalwasser.   

Bisher stammt das Material, das in den Zellen von Lithium-Ionen-Akkus verbaut wird, aus Förderländern wie Australien oder dem Dreieck Argentinien–​Bolivien–​Chile. Die Umweltschäden bei der Gewinnung sind groß.

In Australien wird das Lithium mit hohem Energieaufwand aus Festgesteinen gewonnen, dabei entstehen große Mengen Abraum. In Südamerika kommt es aus Salzseen. Die indigene Bevölkerung dort leidet unter dem Abbau, unter anderem, weil der Grundwasserspiegel sinkt.

Lithium kann allerdings auch als Nebenprodukt bei der Nutzung von Geothermie aus tiefen Erdschichten hergestellt werden, und zwar auch in Deutschland, nämlich im Oberrheingraben. Getestet wird das derzeit in einer Pilotanlage am Geothermie-Heizkraftwerk in Bruchsal.

Der Bedarf an neuen Lithiumquellen ist enorm. Die Nachfrage nach dem Rohstoff steigt weltweit rasant, ebenso die Preise, und es drohen Versorgungsengpässe, da die Elektromobilität und der Bedarf an Stromspeicherung im Zuge der Energiewende stark zunehmen werden. Es wird zwar an alternativen Materialien für Batterien geforscht, marktreife Lösungen mit gleicher Effizienz gibt es allerdings noch nicht. Vorerst wird es nicht ohne Lithium gehen.

Ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat nun ermittelt, welchen Beitrag die Geothermie in dieser Hinsicht leisten kann. Ergebnis: Deutschland kann damit in der Batteriefertigung zwar nicht autark werden, aber durchaus weniger abhängig von Importen. 

Das KIT schätzt die jährliche Produktion auf 2.600 bis 4.700 Tonnen Lithiumkarbonat, wenn alle geeigneten Geothermiestandorte mit entsprechenden Anlagen ausgerüstet werden. "Damit könnten wir etwa zwei bis 13 Prozent des Jahresbedarfs der geplanten Batteriefertigung in Deutschland decken", sagte KIT-Forscher Fabian Nitschke.

Es sei möglich, die Fördermengen weiter zu steigern, in dem neue Geothermiekraftwerke gebaut werden. Freilich dauere es mindestens fünf Jahre, bis ein neu geplantes Kraftwerk in Betrieb geht. 

"Mittelfristig nur eine Ergänzung"

Der Oberrheingraben ist die für Geothermie interessanteste Region in Deutschland. Hier lohnt sich die Nutzung der Wärme aus der Tiefe besonders – man muss nicht so tief bohren, um auf Wasser mit hohen Temperaturen zu stoßen.

Derzeit werden dort fünf Anlagen betrieben, die das Wasser aus drei bis fünf Kilometern Tiefe nach oben bringen – drei auf deutscher Seite, in Bruchsal, Insheim und Landau, zwei auf französischer, in Soultz-sous-Forêts und Rittershofen. Die Lithiumgewinnung kann dabei direkt angekoppelt werden, ohne dass die Wärme- oder Stromproduktion unterbrochen werden muss.

Die hier einsetzbare Technologie gilt als sehr umweltfreundlich. Anders als im Lithium-Dreieck Argentinien–Bolivien–Chile, wo man den Rohstoff in einem monatelangen Prozess durch Verdampfen gewinnt, wird das im hochgepumpten Wasser befindliche Lithium hier an eine Chemikalie gebunden, von der es nach der Extraktion wieder abgetrennt wird. Die Chemikalie wird dann erneut genutzt.

Dass das Thermal-Lithium genutzt werden sollte, wenn die Förderung technisch und ökonomisch funktioniert, steht wohl außer Frage. Experte Nitsch warnt allerdings vor allzu großen Optimismus: "Angesichts des globalen prognostizierten Lithiumdefizits und der geplanten Batteriefertigung wird sich die Lage speziell für Deutschland rasch zuspitzen. Das Lithium aus der Geothermie kann mittelfristig also nur eine Ergänzung darstellen."