Tiktok, Instagram, Whatsapp – es wird gewischt und getippt, was das Zeug hält. Telefonieren ist inzwischen fast Nebensache bei der Smartphone-Nutzung, und das hat auch Folgen für den Energieverbrauch.
Eine neue Untersuchung über die nachhaltige Nutzung von Smartphones zeigt, dass die Geräte selbst relativ wenig der Strom schlucken, während der Großteil der Energie für die mobile Übertragung von Daten und deren Speicherung in Datenzentren weltweit aufgewendet wird.
Und hier können die Smartphone-Nutzer:innen selbst mit einfachen Maßnahmen Einfluss nehmen. Der Energieverbrauch lässt sich deutlich reduzieren, etwa durch das Abschalten der Geolokalisierung per GPS und der W‑Lan-Funktion, wenn sie unterwegs nicht benötigt werden.
Weltweit gibt es schätzungsweise rund fünf Milliarden Smartphone-Nutzer:innen, in Deutschland sind es mehr als 67 Millionen. Fachleute schätzen, dass die Nutzung von Handys, Tablets und Co als wichtigsten Geräten der persönlichen Informations- und Kommunikationstechnologie heute bereits für 1,5 bis vier Prozent des globalen Treibhausgas-Ausstoßes verantwortlich ist und dass der Stromverbrauch dafür im laufenden Jahrzehnt um 50 bis 100 Prozent wächst.
Vor allem Innovationen wie künstliche Intelligenz in der Text- oder Musikproduktion oder das "Internet der Dinge", wenn zum Beispiel Sprachassistenten wie Siri oder Alexa die Lieblingsmusik abspielen oder sportliche Aktivitäten über Wearables getrackt werden, tragen dazu bei.
Dies stellt, so die Autor:innen der aktuellen Studie von der TU Berlin, nicht nur eine große Herausforderung für den rechtzeitigen Ausstieg aus den fossilen Energien dar, sondern auch für andere Nachhaltigkeitsziele der UN, etwa einen verantwortungsvollen Konsum.
"Die wenigsten wissen, wie viele Daten ständig gezogen werden"
Die TU-Fachleute betonen den hohen Einfluss der Datenmengen auf den Energieverbrauch in den Rechenzentren. "Die wenigsten Menschen wissen, wie viele Daten ständig von ihrem Smartphone abgefragt werden", sagt dazu Mario Birkholz, der an der Studie beteiligt war.
Der TU-Professor verweist auf die Anfrage eines Google-Account-Nutzers, die unlängst ergeben habe, dass in neun Jahren Nutzungszeit über 500.000 Ortungsdaten von ihm gespeichert worden waren. Das heißt, im Schnitt wurden alle neun Minuten Daten über seinen Standort an die Google-Server gesendet.
Da es Milliarden Menschen mit Google-Accounts gebe, von denen die Geo- und weitere Verhaltensdaten in den Serverfarmen gespeichert werden, verbrauche das enorm viel Strom, gibt Birkholz zu bedenken.
Er empfiehlt, die GPS-Geolokalisierung in den Smartphone-Einstellungen nur eingeschaltet zu lassen, wenn sie tatsächlich genutzt wird, und auch das W‑Lan abzuschalten, wenn es nicht gebraucht wird.
"Denn selbst wenn Sie draußen spazieren gehen, kommen Sie ständig an W‑Lan-Stationen vorbei, wo jedes Mal Daten ausgetauscht werden. Diese unnötige Datenübertragung kann jede und jeder minimieren", sagte Birkholz in einem Interview, das von der TU verbreitet wurde.
Außerdem empfiehlt er, in den Einstellungen nachzuschauen, welche Zustimmungen zur Datenübertragung eingeschaltet sind. "Viele übernimmt man automatisch mit dem Betriebssystem, die man eigentlich nicht braucht."
Der Digitalexperte verweist darauf, dass gerade Apps wie Tiktok, Whatsapp und Instagram im Hintergrund ständig Daten ziehen. Darunter seien Kontakte aus dem Netzwerk mit Namen, Adressen, E‑Mail und Telefonnummer samt Informationen über gemeinsame Aktivitäten, Zeitstempel und Verbindungsinfos über getätigte Anrufe und gesendete Nachrichten, aber auch technische Daten wie genutzte Mobilfunk- oder W‑Lan-Netze, Handytyp, Batteriestatus und Browsertyp.
Birkholz empfiehlt, diese Programme durch Alternativen wie Signal oder Matrix zu ersetzen, die weniger Daten abfragen, oder ihre Nutzung minimieren, so weit es geht. Weiterer Tipp: Man könne sich bei Datenschutzorganisationen wie Digitalcourage oder Topio informieren, die Hinweise für eine sparsame Datenübertragung geben.
Vorhandene Alternativen werden politisch vernachlässigt
Für fortgeschrittene Smartphone-Nutzer wird in der Studie zudem ein Wechsel zu alternativen Betriebssystemen wie EOS, Sailfish oder Lineage empfohlen. Deren Qualität sei inzwischen durchaus mit den konventionellen Betriebssystemen vergleichbar, und auf ihnen funktionierten auch die gängigen Android-Apps. "Das kostet etwas Einarbeitung, man ist dann aber von den permanenten Datenabgriffen befreit", meint Birkholz.
Der Professor räumt allerdings ein, dass für viele Menschen ein Wechsel zu alternativen Kommunikationssystemen schwierig ist, weil ihre gesamte Kommunikation beispielsweise über Whatsapp läuft: "Junge Menschen fühlen sich dann abgehängt, weil die meisten Leute diese Apps nutzen, und wer seinen Kontakt zu Freunden pflegen will, dem bleibt oft nichts anderes übrig, als diese Monopole selbst zu nutzen."
Deswegen müsse die Politik regulierend eingreifen. So sei die EU beispielsweise 2023 zum Open-Source-Projekt Mastodon als Alternative zu "X" (vormals Twitter) gewechselt, um die europäische Datensouveränität zu stärken.
"Die bundesdeutsche Politik sollte als Vorbild vorangehen, indem die Ministerien von X zu Mastodon wechseln, was eine viel bessere Alternative ist", meint Birkholz. Wenn alle Politiker:innen das täten, komme man schon einen großen Schritt weiter.
Birkholz lobt die prinzipielle Absicht der Ampel-Bundesregierung, die Digitalpolitik stärker am Gemeinwohl zu orientieren, wie im Koalitionsvertrag festgelegt ist. Dies werde aber bisher kaum umgesetzt, kritisiert er.
So seien viel genutzte Programme wie der Browser Firefox, das Webkonferenzsystem Bigbluebutton, der VLC Media Player, die Programmiersprache Python oder die Lehrplattform Moodle von engagierten Softwareentwickler:innen ehrenamtlich geschrieben worden, ohne entsprechende finanzielle Kompensation.
"Wir müssen erkennen, dass Software und Betriebssysteme Teil der kritischen Infrastruktur sind", sagt der Professor. Dieser Bereich dürfe nicht wirtschaftlichen Monopolen überlassen werden, sondern es müssten Alternativen aus der Open-Source-Community stärker gefördert und fair bezahlt werden.