Ein Mitarbeiter der Wiener Linien steht gebückt in einem leeren Shuttlebus und schaut durch das relativ kleine Frontfenster, die Hände an der Steuerbox.
So war's nicht gedacht: Ein selbstfahrender Navya-Bus in Wien ist ausgefallen und wird durch den Operator per Hand gesteuert. (Foto: Peter Lauppert/​Wikimedia Commons)

Zwei autonom fahrende Busse sind seit Anfang Juni in der oberfränkischen Stadt Hof unterwegs. Auf dem Zehn-Haltestellen-Rundkurs sind maximal vier Fahrgäste sowie ein Operator genannter Fahrer an Bord.

Baugleiche Busse fahren auch in Kronach und Rehau. Das ganze Projekt "Shuttlemodellregion Oberfranken" kostet mehr als 15 Millionen Euro. Zwölf Millionen davon schießt der Bundesverkehrsminister, bekanntlich ein Niederbayer, zu.

Während die Betreiber in Bayern in den autonomen Busverkehr einsteigen, stellte die Stadt Wien Ende Juni ihre beiden selbstfahrenden elektrischen Kleinbusse in die Ecke und beendete das Projekt "Auto-Bus Seestadt".

Nach mehr als zwei Jahren Erprobung, 12.000 im Linienbetrieb gefahrenen Kilometern und über 8.000 beförderten Fahrgästen falle das Ergebnis "durchwachsen" aus, teilte der Betreiber, die Wiener Linien, mit. 

Sommers wie winters habe es wetterbedingte Probleme gegeben. Starker Wind habe ebenso wie leichter Schneefall, Starkregen oder Nebel dafür gesorgt, dass die E-Busse manuell gesteuert werden mussten, erklärte der größte Nahverkehrsbetrieb Österreichs das mäßige Resultat.

Autonom nur bei schönem Wetter

Einfacher gesagt: Nach heutigem Stand sind autonome Busse – und das gilt auch für entsprechende Autos – mehr oder weniger Schönwetterfahrzeuge. Sie geben nicht nur bei Nebel und Regen gern an den Fahrer ab, sondern wissen auch kleine Veränderungen an der Strecke wenig zu tolerieren.

So berichten Fachmedien, dass im Frühling am Wiener Straßenrand hervorsprießende Gänseblümchen die autonom fahrende Intelligenz verwirrten und diese veranlassten, den Shuttle wegen eines unbekannten Hindernisses zu stoppen. Der lernende Rechner kannte die Strecke eben nur von Bildern aus der kalten Jahreszeit – ohne Blumen.

"Die Umgebung selbst war eine Herausforderung, da sie sich aufgrund von Bauarbeiten und anderem ständig veränderte", versuchte Jean-Michel Boëz vom Fahrzeughersteller Navya das bescheidene Ergebnis zu erklären.

Navya hatte die Busse für das Wiener Projekt geliefert, an dem auch Siemens beteiligt war. Man habe die Strecke kontinuierlich anpassen sowie auch künftige Arbeiten an dieser vorhersagen müssen, um einen möglichst reibungslosen Betrieb zu gewährleisten, sagte Boëz.

All das stellt natürlich einen erheblichen Aufwand dar. Studien zum autonomen Fahren warnen deshalb auch davor, dass der technisch-logistische Einsatz für die künstliche Intelligenz (KI) so hoch ist, dass die Umwelt am Ende nicht entlastet wird.

Digitalisierung als "Brandbeschleuniger"

Die Digitalisierung könne Transformationsprozesse in Richtung Treibhausgasneutralität in besonderer Weise unterstützen, betont Dirk Meyer, im Bundesumweltministerium zuständiger Abteilungsleiter für den Bereich nachhaltige Digitalisierung.

Die Digitalisierung sei aber auch ambivalent, warnt er, weil sie beispielsweise das bisherige Wirtschaften weiter beschleunigen könne. "Sie kann eine Art Brandbeschleuniger sein", sagt Meyer.

Aus seiner Sicht kann die Frage, wann und wo digitale Technologien einen wichtigen Nutzen stiften, nie pauschal beantwortet werden. Erst müsse ein "Zielbild" da sein – also etwas, das man erreichen will – und dann komme die Frage nach der Technologie.

"Technologische Konzepte allein lösen vermutlich aus sich selbst heraus kein Problem", unterstreicht Meyer eine nicht ganz neue Erkenntnis der Ökobewegung.

Auch im kürzlich beschlossenen Fünf-Punkte-Programm des Umweltministeriums für eine, wie es heißt, "umweltgerechte und gemeinwohlorientierte KI-Entwicklung und Anwendung" klingt eine gewisse Skepsis durch.

So erklärt das Ministerium im begleitenden Programmflyer, es gebe auch ökologische Schattenseiten der KI. Nicht nur die Milliarden von Rechenoperationen auf Hochleistungsprozessoren würden viel Energie verschlingen, Gleiches gelte auch für den Transport und die Speicherung riesiger Datenmengen.

KI im Sinne der Umwelt einzusetzen heiße, die direkten und indirekten Umweltwirkungen der KI-Systeme und ihres Einsatzes möglichst gering zu halten, ist weiter zu lesen. Dazu werde mehr Forschung benötigt, vor allem zum tatsächlichen ökologischen Fußabdruck von KI-Anwendungen über die gesamte Lebensdauer.

Im entsprechenden Förderprogramm – 150 Millionen Euro stellt das Ministerium bis 2025 bereit – spielt denn auch die, wenn man so will, Öko-Erforschung der künstlichen Intelligenz eine zentrale Rolle.

Bundesweite Umweltdatenbank geplant

Weitere Ziele des KI-Programms sind Anwendungen für kleine und mittlere Unternehmen zur Senkung des Energie- und Materialeinsatzes, zivilgesellschaftliche Beteiligungsplattformen zur gemeinwohlorientieren Ausgestaltung und Nutzung von KI sowie Big Data für öffentliche Umweltdaten.

Letzteres mündet im größten Einzelprojekt des Programms: Aufbau einer bundesweiten Umweltdatenbank. In einer Art Öko-Big-Data sollen in den nächsten Jahren die Umweltdaten aus allen föderalen Ebenen zusammengefasst und auf einer virtuellen Plattform für Interessierte zugänglich gemacht werden.

Ein Dutzend türkisfarbener Datenkabel stecken in ebensolchen Buchsen, während die meisten der etwa hundert in Reihen angeordneten Buchsen unbelegt sind.
Digitalisierung bedeutet Datenflüsse und Energieverbrauch – dafür sollte es immer einen guten Grund geben. (Foto: Brett Sayles/​Pexels)

Standort der ziemlich gigantischen Datensammlung ist Merseburg in Sachsen-Anhalt. Bezahlt wird das 85-Millionen-Projekt aber nicht aus dem Fördertopf des Umweltministeriums, sondern vor allem aus den zusammen mit dem Kohleausstieg beschlossenen Geldern zur Strukturstärkung.

Was das autonome Fahren betrifft, deuten Dirk Meyer zufolge Studien darauf hin, dass die Technologie in der Stadt viel weniger gebraucht wird als im ländlichen Raum. Zunächst geht es für Meyer im Verkehr auch um andere Fragen, von Verkehrsvermeidung bis hin zu neuen Antrieben. Erst dann "setzen wir noch die künstliche Intelligenz zusätzlich ein", sagt er.

Meyer weiter: "Gerade in der Verkehrsdiskussion wird vielfach so getan, als könnte autonomes Fahren am Ende die Verkehrsprobleme lösen. Das ist völliger Blödsinn."

Hoffentlich bekommen das die autonomen Busse in Oberfranken nicht zu hören.

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