Wo wir Ampel-Parteien bei der Verkehrswende nachlegen müssen
Elektrifizierung der Bahn, Energiewende, Parkraumbewirtschaftung – vieles, was den Verkehr klimafreundlicher machen kann, ist mit der neuen Bundesregierung drin. Es gibt aber eine Leerstelle, kritisiert ein Grünen-Verkehrspolitiker.
Die Wege zur Arbeit werden immer länger. Zwei von drei Pendlern fahren mit dem Auto. Ein Thinktank legt einen Plan zum Umsteuern vor. Bei der Ampel-Koalition sieht er Ansätze in die richtige Richtung, die Vorschläge gehen aber deutlich weiter.
Teurer Populismus, Öl von Autokraten und Berliner Asphaltwahn
Kalenderwoche 14: Was die Bundesregierung zurzeit als Verkehrspolitik anbietet, ist erbärmlich, findet Andreas Knie, Mobilitätsforscher und Mitglied des Herausgeberrats von Klimareporter°. Die Menschen sind bereit, weniger Auto zu fahren. Nur ältere Männer und die FDP sind noch gegen ein Tempolimit.
Ein Bündnis aus sieben Nichtregierungsorganisationen geht mit einem Appell für eine schnellere Energie- und Verkehrswende an die Öffentlichkeit. Deutschland sei "viel zu abhängig von Kohle, Öl und Gas aus den Händen von Despoten".
Was das Bundesverkehrsministerium vorhat, ist das genaue Gegenteil des klimapolitisch Notwendigen. Wir brauchen eine Verlagerung vom motorisierten Straßenverkehr auf andere Verkehrsmittel sowie insgesamt weniger Verkehr – das heißt weniger Autos, weniger Lkw, weniger Straßen.
Die Klimaschutzpolitik der rot-grün-gelben Bundesregierung muss dringend nachgeschärft werden, um die eigenen CO2-Ziele zu erreichen. Das macht eine Studie des Öko-Instituts deutlich. Sie enthält auch konkrete Vorschläge.
Der Krieg zeigt es: Wir brauchen eine ganz andere Mobilität, die nicht immer neue Autokraten finanziert. Die rechtliche DNA des Verkehrs muss umgeschrieben werden.
Erneuerbare Energien müssen 2030 dreimal mehr Strom liefern als heute. Die Staaten sind aber bei der Energiewende noch viel zu langsam. Die Erneuerbaren-Agentur Irena fordert, das Tempo zu erhöhen.
Seit Beginn der Corona-Pandemie steht der öffentliche Personenverkehr vor einer doppelten Herausforderung. Er soll das "Rückgrat der Verkehrswende" bilden und zugleich Maßnahmen gegen die pandemiebedingten Fahrgastverluste finden. Ein Forschungsprojekt zeigt: Er schafft beides nicht.
Christian Lindners Tankrabatt-Vorschlag bedeutet viel staatliche Unterstützung für Spritfresser und Vielfahrer auf Kosten der Ärmeren der Gesellschaft und des Klimaschutzes. Das wäre absurd.
Ob im Verkehr oder beim Heizen – die Lebensstile von Frauen und Männern unterscheiden sich. Der Green Deal, das zentrale Wirtschaftsprogramm, um die EU klimaneutral zu machen, berücksichtigt solche Unterschiede aber nicht. Feminist:innen fordern eine Neukonzeption.
Gern wird die Krankenschwester bemüht, wenn ein Steuerprivileg wie die Entfernungspauschale gerechtfertigt werden soll. Das ist Augenwischerei. Denn die Gewinner der Pauschale sind vor allem die Gutverdienenden, zulasten aller und der Umwelt.
Würde man die Äcker, auf denen aktuell Pflanzen für Agrokraftstoffe wachsen, renaturieren und für Solaranlagen nutzen, würde das die dreifache Menge an CO2 einsparen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Ifeu-Instituts im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe.
Klimaschädlichen Sprit zu tanken, geht an jeder Ecke und dauert nur Minuten, das Laden von E‑Autos ist komplizierter. Das müsste nicht so sein, sagt die Denkfabrik Agora Verkehrswende. Wie der Besuch an der Ladesäule so nebensächlich wird wie der an der Tankstelle.
Ein Bündnis aus Umweltorganisationen, Kirchen und Sozialverbänden fordert von der Ampel-Koalition die schnelle Einführung der versprochenen Klimaprämie. Untere und mittlere Einkommensgruppen würden dadurch finanziell entlastet, während der steigende CO2-Preis die Verkehrs- und Wärmewende voranbringe.
Wenn eine "autofreie Stadt" gefordert wird, liegen schnell die Nerven blank. Dabei bieten autogerechte Städte gar nicht viel für ein schönes Leben und bequemes Fortbewegen, auch nicht für Autofahrer:innen. Wir haben heute die Möglichkeiten, den Stadtverkehr für alle besser zu organisieren.
Mindestens 15 Millionen Elektroautos will die Ampel-Regierung bis 2030 auf die Straßen bringen. Doch sogar, wenn sie das ohne Plug-in-Hybride schafft, reicht das Vorhaben nicht, um den Verkehrssektor auf Klimakurs zu bringen.
Reformbedürftige Bahnreform, Status-quo-Politik und die Versiegelung der Welt
Kalenderwoche 4: Gestaltungswillen in der Verkehrspolitik ist auch bei der neuen Ampel-Regierung bislang nicht zu erkennen, sagt Andreas Knie, Sozialwissenschaftler, Mobilitätsforscher und Mitglied des Herausgeberrats von Klimareporter°. Auf der Strecke bleiben klimafreundliche Innovationen und soziale Gerechtigkeit.
Über E-Fuels, mit Ökostrom hergestellte Kraftstoffe, wird viel diskutiert. Immer wieder werden sie als Lösung in der Verkehrswende ins Spiel gebracht. Tatsächlich hergestellt werden sie bislang kaum.
Die Politik und selbst Teile der Umweltbewegung wollen die klimagerechte Mobilität der Zukunft mit immer mehr neuen Autos erreichen. Doch die Forderung nach weniger Autos ist für die Verkehrswende entscheidend.