Das EU-Parlament hat sich auf eine Reform des EU-Emissionshandels geeinigt. Ein Jahrzehnt lang soll es für die energieintensive Industrie weiter kostenlose CO2-Zertifikate geben. Verkehr, Gebäude und Müllverbrennung sollen in den Emissionshandel einbezogen werden. Das Echo auf die Einigung ist geteilt.
Beim Abstimmungsmarathon im Europäischen Parlament schicken die Abgeordneten die Emissionshandels-Reform zurück in den Umweltausschuss. Auch der soziale Klimafonds und der CO2-Grenzausgleich müssen neu verhandelt werden. Ab 2035 sollen keine neuen Verbrenner-Autos mehr zugelassen werden.
Mit einem umfangreichen Energiepaket will die EU-Kommission die Abhängigkeit von russischen Importen beenden. 300 Milliarden Euro sollen dafür bis 2030 fließen. Die geplanten Maßnahmen im Überblick.
2026 soll zum bisherigen Emissionshandel in Europa ein zweiter für Gebäude und Verkehr hinzukommen – und 2029 möglicherweise ein dritter für die Bürger in den EU-Staaten. Darauf laufen Reformpläne hinaus, die heute der Umweltausschuss des EU-Parlaments verabschiedete.
Auch das Europaparlament will den EU-Emissionshandel auf die Bereiche Gebäude und Verkehr ausweiten – aber zunächst nur für Unternehmen. Erst ab 2029 sollen sich durch den Emissionshandel Heizenergie und Kraftstoffe auch für private Haushalte verteuern.
Bei den jetzigen hohen Energiepreisen droht in vielen Ländern ein Zurückfahren von Klimaschutz. Dabei gibt es längst erprobte Instrumente, um Dekarbonisierung zu fördern und sozial Benachteiligte nicht übermäßig zu belasten. Ein Drittel der Weltbevölkerung lebt bereits im Wirkungsbereich von Emissionshandelssystemen.
Für die beiden Elektroautos, die wir als Familie seit Jahren besitzen, können wir jetzt CO2-Emissionszertifikate verkaufen. Deren Klimaschutzwirkung ist allerdings gleich null. Was für eine Geschäftemacherei zum Schaden des Klimas!
Österreich führt einen CO2-Preis ein und zahlt die Einnahmen pro Kopf als "Klimabonus" zurück. Ein richtiger und wichtiger Schritt, sagt der Ökonom Joel Tölgyes – aber zu zaghaft, um Wirtschaft und Haushalte zum ökologischen Umsteuern zu bewegen.
Die EU-Kommission will den CO2-Handel auf Verkehr und Gebäude ausweiten. Ein Kompromiss soll den Widerstand aus Frankreich und Osteuropa dagegen aufweichen. Zu kompliziert und wenig wirksam, finden die Grünen.
Wer ein Batterieauto hat, kann dessen CO2-Ersparnis seit Jahresanfang zu Geld machen – zum Nutzen der Mineralölkonzerne, die stetig mehr Treibhausgase einsparen müssen. Ob das am Ende den Klimaschutz im Land voranbringt, ist eher zu bezweifeln.
Erstmals wurde die 60-Euro-Marke für den Ausstoß einer Tonne Kohlendioxid im EU-Emissionshandel geknackt. Weil der CO2-Preis weiter steigen wird, könnte der Kohleausstieg schon 2030 statt 2038 abgeschlossen sein: Kohleverstromung wird unrentabel.
Warum der größte CO₂-Markt der Welt wahrscheinlich nicht funktioniert
Auch in Chinas Energiesektor wird seit Kurzem mit Zertifikaten gehandelt. Ob das wirklich dem Klima hilft, ist aber fraglich: Peking will eine Branche mit Marktanreizen zum Klimaschutz bewegen, die ansonsten gar nicht nach Marktprinzipien funktioniert.
Die EU will große Schiffe in den Emissionshandel einbeziehen. Der vorgesehene CO2-Reduktionspfad beginnt moderat: Sechs Prozent der heutigen Emissionen sollen bis 2030 vermieden werden. Die Reeder warnen dennoch vor hohen Mehrkosten.
Am heutigen Mittwoch legt die Europäische Kommission zwölf Gesetze zum Green Deal vor. Der berührt alle Lebensbereiche. Das "Fit for 55"-Paket muss aber nachjustiert werden, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Kostenfrei zugeteilte CO2-Emissionsrechte soll es nicht mehr geben und die Einnahmen aus den versteigerten Zertifikaten sollen vollständig dem Klimaschutz zugutekommen: Die Forderungen des WWF für den europäischen Emissionshandel laufen auf eine kleine Revolution hinaus.
Industrie und Erdgas leben gut unterm Emissionshandel
Als das bisher am besten funktionierende Klimaschutz-Instrument gilt der europäische Emissionshandel. Eine Bilanz für die Jahre 2013 bis 2020 zog jetzt die Deutsche Emissionshandelsstelle. Die fällt für Deutschland gar nicht so gut aus.
55 Umweltverbände verlangen von der Regierung vor der Wahl noch ein 100-Tage-Programm zum Klimaschutz und stellen dabei den sozialen Ausgleich in den Mittelpunkt. Für die nächste Bundesregierung legt eine Initiative ein eher marktwirtschaftlich orientiertes Turbo-Klimaprogramm vor.
Fliegen soll seine Privilegien verlieren – und teurer werden, fordert das Öko-Institut. Noch immer gibt es keine Steuern für Kerosin, und im Emissionshandel bekommen die Airlines einen großen Teil der Zertifikate umsonst.
"Das Ende der Kohleverstromung, wie wir sie kennen"
Das neue EU-Klimaziel von 55 Prozent CO2-Reduktion könnte die Emissionszertifikate verknappen und den CO2-Preis nach oben treiben, sagen Forscher des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Das könnte Kohle und teilweise auch Erdgas schon bis 2030 aus dem Markt kegeln.
Noch immer ist die Zahl überschüssiger Zertifikate im Emissionshandel der EU viel zu hoch, sodass das Instrument die meiste Zeit kaum Wirksamkeit entfaltet. Die Umweltorganisation WWF will deshalb die Zahl der CO2-Zertifikate deutlich senken.