Die Energiewende in Deutschland steht vor einer doppelten Herausforderung: Erneuerbare Energien müssen massiv ausgebaut werden, und zugleich gilt es, ein stabiles Stromsystem zu sichern. Sonne und Wind liefern zwar insgesamt mehr als genug Energie, doch ihre Verfügbarkeit schwankt.

Ein besonderes Problem sind die sogenannten Dunkelflauten, wenn im Winter über mehrere Tage weder nennenswerter Wind weht noch die Sonne ausreichend scheint. Solche extremen Wetterlagen treten mindestens einmal im Jahr auf und fordern das System heraus.

 

Wie lassen sich also Stromversorgung und Netzstabilität sichern, wenn die Erzeugung so stark schwankt? Ein zukunftsweisender Ansatz ist, verschiedene erneuerbare Quellen mit Stromspeichern zu kombinieren.

Genau das versucht der Konzern Energie Baden-Württemberg (EnBW) jetzt in Gundelsheim – mit einem Projekt, das als eines der ersten seiner Art in Deutschland gilt und weit über die Region hinaus Beachtung findet.

Der sogenannte Hybridpark, der in der Kleinstadt im Landkreis Heilbronn entsteht, soll Solarenergie, Windkraft und Batteriespeicher an einem Standort vereinen. Der erste Abschnitt, ein Solarpark mit rund 58 Megawatt Nennleistung, wurde im September offiziell eröffnet.

Etwa 110.000 Photovoltaik-Module sind auf 55 Hektar installiert und liefern – rein rechnerisch – Strom für 30.000 Haushalte. Der Solarpark ist aber nur der Anfang. Zwei Windräder befinden sich im Genehmigungsverfahren, außerdem soll eine Batterieanlage entstehen, die überschüssigen Strom aufnimmt und bei Bedarf wieder abgibt. 

Über den Tag geglättete Stromerzeugung

Damit soll der Energiepark Gundelsheim zu einer Systemlösung werden. Die verschiedenen Technologien sind hier laut EnBW so aufeinander abgestimmt, dass sie sich ergänzen: Scheint die Sonne, ist es meist weniger windig, ist es bewölkt, weht dafür mehr Wind. Schon damit können Erzeugungsschwankungen häufig ausgeglichen werden.

Mangelt es sowohl an Solar- als auch an Windstrom, glättet der Speicher die Einspeisung. Er kann laut dem Stromkonzern zwei Stunden lang die Strommenge zur Verfügung stellen, die rund 3.400 Haushalte verbrauchen.

Der Solarpark Gundelsheim ging im Juli in Betrieb. Hinzu kommen noch zwei Windräder und ein Batteriespeicher. (Bild: Paul Gärtner/​EnBW)

Technisch interessant ist dabei die Speichertechnologie. EnBW will in Gundelsheim nicht nur "neuartige" Lithium-Ionen-Batterien einsetzen, sondern auch wiederverwendete Zellen aus Elektroautos nutzen. Zwölf gebrauchte Akkus aus Audi-e‑tron-Modellen sollen hier ein "zweites Leben" erhalten.

Auch die Frage nach künftigen Technologien wurde offenbar mitgedacht: Perspektivisch könnten Elektrolyseure angeschlossen werden, um überschüssigen Strom in Wasserstoff umzuwandeln und so saisonal verfügbar zu machen, schreibt ein Branchenportal.

Begleitet wird das Projekt durch ökologische Maßnahmen. Blühflächen und Rückzugsräume für Tiere sollen beweisen, dass großflächige Solarparks nicht zwangsläufig Monokulturen der Energieerzeugung sein müssen.

EnBW versteht Gundelsheim als Blaupause. Hybridparks dieser Art sollen künftig häufiger entstehen. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür wurden mit dem Solarpaket eins verbessert. Speicher dürfen künftig nicht mehr nur Strom aus der eigenen Anlage aufnehmen, sondern auch aus dem Netz, was den Betrieb wirtschaftlicher macht.

Für längere Flauten braucht es mehr

Deutschlandweit entstehen weitere Beispiele. In Brandenburg betreibt das Unternehmen Juwi Hybridprojekte, die Windkraft mit Batteriespeichern kombinieren. Der Konkurrent Baywa hat Parks errichtet, bei denen Solarstrom und Speicher zusammengekoppelt wurden.

International gilt der niederländische Energiepark Haringvliet von Vattenfall als Vorbild. Windräder, Solarmodule und Batteriespeicher arbeiten dort seit 2022 im Verbund. Solche Konzepte zeigen, dass es möglich ist, erneuerbare Energie im Verbundsystem zu produzieren.

Neue Batterie

Im Projekt "ResHy" wird ein neuartiger Stromspeicher mit 2,25 Megawattstunden Kapazität entwickelt. Ziel ist es, Speicher nachhaltiger, flexibler und wirtschaftlicher in das Energiesystem zu integrieren. Zum Einsatz kommen dabei eine Natrium-Ionen-Batterie sowie eine gebrauchte Lithium-Ionen-Batterie aus Fahrzeug-Akkus. Diese Kombination soll den CO2-Fußabdruck gegenüber üblichen neuen Batterien um etwa 70 Prozent reduzieren und schnelle Lade- und Entladezyklen mit stabiler Dauerleistung verbinden. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg steuert das Energiemanagementsystem bei und untersucht die Lebensdauer des Systems. Gefördert wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium mit einer Million Euro.

Gleichwohl können Hybridparks nur ein Baustein sein. Sie gleichen kurzfristige Schwankungen aus, doch für längere Flauten braucht es mehr. Dunkelflauten, die mehrere Tage dauern, können das gesamte Stromsystem belasten. Analysen zeigen, dass in Mitteleuropa im Winter bis zu acht Tage mit sehr geringer Einspeisung auftreten können.

Um diese Phasen zu überbrücken, diskutiert die Bundesregierung über den Bau neuer Gaskraftwerke. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) plant eine Kapazität von etwa 20.000 Megawatt.

Doch die Kosten sind gewaltig. Der Umweltverband BUND schätzt die Förderkosten, die wahrscheinlich auf die Stromkunden umgelegt würden, auf 22 bis 32 Milliarden Euro.

Kritisiert wird auch, dass fossiles Erdgas neue Abhängigkeiten schafft und Klimaziele gefährdet. Der Thinktank Agora Energiewende hat errechnet, dass solche Kraftwerke in einem klimaneutralen System nur wenige hundert Stunden im Jahr laufen würden – und damit sehr teuer zu betreiben wären.

Flexible Biogasanlagen und H2-ready-Gaskraftwerke 

Dabei gäbe es Alternativen. In Deutschland stehen heute Biogasanlagen mit zusammen rund 6.000 Megawatt Leistung, die überwiegend im Dauerbetrieb laufen. Würde man sie flexibilisieren, könnten sie in Dunkelflauten gezielt Strom liefern.

Forschende der Universität Erlangen-Nürnberg sehen hier ein Potenzial von bis zu 18.000 Megawatt allein durch effizientere Nutzung und größere Gasspeicher. Manche Szenarien gehen sogar von 24.000 Megawatt bis 2040 aus, wenn die Politik die richtigen Anreize setzt.

Die Vorteile: Die Infrastruktur ist bereits vorhanden, die Anlagen können klimaneutral betrieben werden, und die Wertschöpfung bleibt in ländlichen Regionen.

Aus der Branche werden seit Jahren gezielte Förderprogramme angemahnt, um Biogasanlagen systemdienlich umzubauen. Sie könnten damit einen erheblichen Teil der geplanten Gaskraftwerke ersetzen und zugleich die Abhängigkeit von Erdgasimporten verringern.

Wobei es allerdings auch Grenzen gibt. Substrate wie Gülle oder Energiepflanzen wie Mais sind nicht beliebig verfügbar, und nicht jede Anlage lässt sich technisch umrüsten.

Am Ende läuft es auf eine Kombination hinaus. Hybridparks wie in Gundelsheim zeigen, wie sich Sonne, Wind und Speicher sinnvoll ergänzen und das Netz entlasten können. Flexibilisierte Biogasanlagen können eine zusätzliche Sicherheitsschicht bieten.

 

Auch dezentral orientierte Fachleute wie der Berliner Energieprofessor Volker Quaschning rechnen damit, dass trotzdem in den kommenden Jahren einige neue Reservekraftwerke nötig sein werden, um seltene, aber extreme Dunkelflauten abzusichern.

"Zuerst müssen wir intelligente Netze und Batteriespeicher zügig an den Start bringen, um den nötigen schnellen Ausbau der Photovoltaik und Windkraft nicht abzuwürgen", sagt er gegenüber Klimareporter°. "Für die Dunkelflaute werden wir aber auch Gaskraftwerke brauchen."

Diese müssten jedoch so gebaut werden, dass sie zeitnah ohne wesentliche Mehrkosten auf grünen, also klimaneutralen Wasserstoff umrüstbar sind. Diese "H2-ready"-Kraftwerke würden dann nur übergangsweise neue Emissionen verursachen.

Fazit: Die Energiewende braucht eine Kombination aus Technologien, die sich gegenseitig stützen.