Sechs dampfende Kraftwerks-Kühltürme bei Nacht, aus der Entfernung über einen See aufgenommen.
Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde in der Lausitz gehört zu den klimaschädlichsten Kraftwerken Europas. (Foto: Tobias Scheck/​Flickr)

Nach der Besetzung von Gleis- und Förderanlagen des Kraftwerks Jänschwalde bei Cottbus vor zwei Wochen sind drei der insgesamt 17 verhafteten Kohlegegner:innen weiterhin in Justizvollzugsanstalten in Haft. Das zuständige Amtsgericht Cottbus hatte zwei Monate Untersuchungshaft angeordnet. Die Staatsanwaltschaft wirft den Aktivist:innen unter anderem Hausfriedensbruch und Störung öffentlicher Betriebe vor.

Mitglieder der Gruppe "Unfreiwillige Feuerwehr" hatten Mitte September das Braunkohlekraftwerk, das vom Energiekonzern Leag betrieben wird, an insgesamt drei Stellen blockiert. Unter anderem hatten sie Kohleförderbänder besetzt und sich an Gleisen zwischen dem Kraftwerk und dem Tagebau Jänschwalde festgekettet.

Die Gruppe fordert das sofortige Abschalten des Kohlekraftwerks und verweist auf das umstrittene jahrelange Weiterfahren des Kraftwerks, obwohl dessen hoher Wasserverbrauch den Grundwasserspiegel in der Region immer mehr sinken lasse. Statt in der Energiekrise alte Kohlekraftwerke zu reaktivieren, müssten jetzt die erneuerbaren Energien schnell ausgebaut werden.

Nachdem die Aktivist:innen ihre Identität nicht preisgeben wollten, hatte die Staatsanwaltschaft direkt am Tag nach der Protestaktion für alle 17 Untersuchungshaft angeordnet. Im Rahmen von Haftprüfungen haben 13 von ihnen die erforderlichen Angaben zur Person gemacht und wurden entlassen.

Für die Vier, deren Identität weiter unbekannt ist, wurden die zwei Monate Untersuchungshaft angeordnet. Inzwischen soll eine weitere Person ihre Identität angegeben haben.

Wie ihre Anwälte mitteilten, erhielten drei der Aktivist:innen, die Angaben zur Person gemacht hatten, dennoch von einer Richterin die unbefristete Auflage, sich täglich persönlich bei ihrer lokalen Polizeistation zu melden. "Obwohl der Polizei meine Kontaktdaten und meine Arbeitsstelle bekannt sind, muss ich mich nun täglich auf der Polizeiwache melden", erklärte eine Aktivistin der Gruppe "Unfreiwillige Feuerwehr". Solche Auflagen kämen einem Urteil ohne Prozess gleich. Inzwischen soll die Meldeauflage bei einer Aktivistin aufgehoben worden sein.

Letzte rechtliche Hürden beseitigt

Das Lausitzer Energieunternehmen Leag hatte nach der Aktion eine konsequente Bestrafung der Umweltaktivist:innen gefordert und von einem "gezielten, rücksichtslosen Angriff" auf die Versorgungssicherheit gesprochen. Während der zehn Stunden andauerndem Blockadeaktion hatte der Konzern nach eigenen Angaben zwei Kraftwerksblöcke herunterfahren müssen. Die Leag soll einen Gesamtschaden von 3,2 Millionen Euro angegeben haben.

Der Protest ereignete sich wenige Tage, bevor im Kraftwerk Jänschwalde zusätzlich zu den vier noch laufenden Blöcken zwei stillgelegte Blöcke wieder ans Netz gehen sollen. Die entsprechende Versorgungsreserveabrufverordnung war letzte Woche vom Bundeskabinett verabschiedet worden.

Zum Wiederanfahren fehlte der Leag noch die immissionsschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung für die betroffenen Kraftwerksblöcke E und F. Die Genehmigung wurde schließlich am vergangenen Freitag durch das Landesumweltamt Brandenburg erteilt, wie Behördensprecher Thomas Frey bestätigte. Wann die Blöcke wieder ans Netz gehen, liegt in der Entscheidung des Unternehmens selbst. 

Nach zwei ebenfalls schon stillgelegt gewesenen Blöcken in den RWE-Kraftwerken Neurath und Niederaußem gehen damit nun weitere klimaschädliche Anlagen wieder in den vollen Betrieb. Laut der Verordnung dürfen die Blöcke zunächst bis Juni kommenden Jahres Strom ins Netz einspeisen. Dafür gab am Montag auch die EU-Kommission grünes Licht.

Der wieder ausgeweitete Kraftwerksbetrieb in Jänschwalde hat auch gravierende Folgen für den Wasserhaushalt. Umweltverbänden zufolge müssen für die Reaktivierung der Blöcke E und F zusätzlich 13 Millionen Kubikmeter Wasser aus der Spree entnommen werden, eine Medienrecherche kam sogar auf 25 Millionen Kubikmeter.

"Fatale Fehlanreize" für Holz-Mitverbrennung

Scharf kritisieren Umweltorganisationen auch die Absicht der Leag, in den Kohlekraftwerken jährlich ein bis zwei Millionen Tonnen Holz mitzuverfeuern. Über eine entsprechende Marktabfrage des Unternehmens zu "Energie- und Restholz" hatte im Juli das Branchenmagazin Euwid berichtet.

Deutsche Umwelthilfe (DUH), Robin Wood und andere Umweltverbände weisen darauf hin, dass die Holzverbrennung nicht nur klimaschädlich sei, sondern auch die Kohlekraftwerke rentabler mache. "Für Kohleemissionen müssen CO2-Zertifikate gekauft werden, für die auf dem Papier klimaneutrale Holzverbrennung nicht", sagte DUH-Geschäftsführer Sascha Müller-Kraenner.

"Diese fatalen Fehlanreize führen dazu, dass immer mehr der knappen und wertvollen Ressource Holz in Kraftwerken verfeuert wird", kritisierte er. Die Verbände forderten die Bundesregierung auf, CO2-Emissionen aus der Holzverbrennung in Kraftwerken mit dem Preis zu versehen, der ihre wissenschaftlich belegte Klimawirkung berücksichtigt.

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