Sechs dampfende Kraftwerks-Kühltürme bei Nacht, aus der Entfernung über einen See aufgenommen.
Wasserproblem: Das Kraftwerk Jänschwalde soll weiterlaufen, wenn der Tagebau daneben schon ausgekohlt ist. (Foto: Tobias Scheck/​Flickr)

Drei Jahre Dürre in Deutschland? Wassermangel in der Lausitz? Betreiber von Braunkohlekraftwerken störte das bislang wenig. Ihr Kühlwasser kommt nicht von der Oberfläche, aus Flüssen und Seen, sondern aus der Tiefe.

Um Kohletagebaue trockenzulegen, wird Grundwasser großflächig abgepumpt. In der Lausitz reicht das sogenannte Sümpfungswasser aus, um nicht nur die Kraftwerke zu kühlen, sondern auch Flüsse wie die Spree am Fließen zu halten.

Ein Kohlekraftwerk wie das in Jänschwalde benötigt für jede Kilowattstunde Strom mehr als zwei Liter Frischwasser. Der Anlage, wo derzeit noch 2.000 Megawatt laufen, droht absehbar ein Wasserproblem – dann, wenn der Tagebau Jänschwalde in naher Zukunft ausgekohlt sein wird. Die 2.000 Megawatt sollen dagegen noch bis 2027 oder 2028 laufen.

"Mit Auslaufen des Tagebaus Jänschwalde im Jahr 2022/23 ist geplant, den Kühlwasserbedarf für das Kraftwerk Jänschwalde bis zur Stilllegung durch Wasserentnahmen aus der Spree zu decken, welches weiter die angespannte wasserwirtschaftliche Situation verschärfen würde." Der brisante Satz steht in keinem Geheimpapier, sondern in einer Antwort des Berliner Senats auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Denny Freymark aus dem August 2020.

Das Problem ist noch größer, als es der Satz nahelegt. Zwar wird das Abpumpen des Grundwassers nicht von heute auf morgen, sondern erst nach und nach eingestellt. Mit dem Ende des Tagebaus droht aber nicht nur das Kraftwerk seine Wasserquelle zu verlieren, sondern auch die Spree. Aus dem Flüsschen soll sich das Kraftwerk dann aber eigentlich das Wasser holen.

Steigender Bedarf bei sinkendem Angebot

In seiner Antwort beschreibt der Senat den gestörten Wasserhaushalt der Lausitz eindringlich: Durch das Abpumpen des Grubenwassers sei ein Grundwasserdefizit von etwa sechs bis sieben Milliarden Kubikmetern entstanden, davon stamme knapp eine Milliarde aus dem Altbergbau, betreut von der Lausitzer Sanierungsgesellschaft LMBV. Gut fünf Milliarden Kubikmeter stammten aus dem aktiven Bergbau des Betreibers Leag.

Nicht genug damit: Von jedem Quadratmeter der schon vorhandenen Tagebaurestseen – insgesamt 12.500 Hektar Fläche – verdunsten jährlich etwa drei Kubikmeter Wasser. Der Verlust wird steigen. Nach dem Kohleausstieg soll sich nach bisherigen Plänen die Restsee-Fläche auf 15.000 Hektar vergrößern. Auch aufgrund des Klimawandels könnte sich die jährliche Verdunstung auf 3,5 Kubikmeter je Quadratmeter erhöhen.

Ob das so eintritt, weiß natürlich noch niemand so genau. Dass sich die Wassersituation eintrübt, liegt auf der Hand: Mit dem Auslaufen der Tagebaue versiegt die Wasserquelle aus der Tiefe, zugleich steigt der Wasserbedarf an der Oberfläche durch die geplanten Restseen. Anders gesagt: Die Region hat nicht nur weniger Wasser zu Verfügung, sie verliert auch durch die großen Seen immer mehr von dem wirklich knappen Nass.

Der Wegfall einiger durstiger Kraftwerke wird das nicht kompensieren können. Der Berliner Senat jedenfalls geht in seiner Antwort vom Sommer 2020 davon aus, dass ein möglicher früherer Kohleausstieg den "ohnehin vorhandenen Handlungsdruck" durch die zunehmende Wasserknappheit und den steigenden Bedarf der Anrainer im Flussgebiet der Spree noch dringlicher macht.

Aus Oppositionsantrag wird breite Landtagsmehrheit

Vor allem das Auffüllen der von der Braunkohle hinterlassenen Riesenlöcher steht immer stärker in der Kritik und bringt nie gekannte Koalitionen zusammen. So beschloss der Landtag Brandenburg am letzten Donnerstag auch mit Stimmen der Opposition den Antrag "Eine klare Zukunft für die Spree" zum Umgang mit den Folgen des Braunkohlebergbaus in der Lausitz.

Künftig sollen demnach in Brandenburg keine riesigen Bergbaufolgeseen mehr entstehen. Wörtlich heißt es in dem Antrag: "In der Braunkohlenplanung und den berg- und wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren (ist) darauf hinzuwirken, dass die neu entstehenden Tagebauseen hinsichtlich ihrer Größe, Lage und Form möglichst geringe Verdunstungsverluste aufweisen." Zudem solle in den Genehmigungsverfahren darauf Einfluss genommen werden, "dass das durch die Tagebaue verursachte Grundwasserdefizit verringert wird".

Ausgangspunkt des Beschlusses ist dabei ein schon im Sommer 2020 eingebrachter Antrag der oppositionellen Linksfraktion im Landtag. Die Linke hatte noch etwas vorsichtig gefordert, im "Gesamtplan zu berücksichtigen, dass durch den Klimawandel und durch das Auslaufen der Tagebaue und das damit verbundene Ende der Einleitung von Sümpfungswässern zukünftig häufiger mit extremen Niedrigwassersituationen zu rechnen ist".

Die deutliche Verschärfung des Antrags im Umweltausschuss des Landtages ist ein Zeichen, wie ernst die Wassersituation inzwischen genommen wird. "Die Genehmigung neuer riesiger Tagebauseen ist vor dem Hintergrund der voranschreitenden Klimakrise und langer Trockenheitsphasen in der Lausitz nicht mehr verantwortbar. Das hat nun auch die Mehrheit der Abgeordneten im Landtag erkannt", meint denn auch René Schuster von der Grünen Liga.

Für den Umweltschützer kann die Landesregierung mit einer geschrumpften Seenlandschaft auch gleich Ernst machen – bei der Änderung des Braunkohleplans für den Tagebau Welzow. "Durch die Absage an den neuen Tagebau Welzow-Süd II steht eine Planänderung an, bei der auch Form und Größe des verbleibenden Tagebaurestsees festzulegen ist."

Auch vom Nachbarland Sachsen erhofft sich die Grüne Liga ein Einlenken, wenn es beim dortigen Tagebau Nochten gleichfalls um die Frage geht, welche Form der Restsee haben soll. Hier müssten "ohne Scheuklappen" auch Varianten geprüft werden, die vom Braunkohleförderer Leag nicht favorisiert würden.

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