Ein Eigenheimbesitzer führt seinen Solarstromspeicher vor: Alles aus eigener Herstellung!
Die urgrüne Erzählung vom ökologischen Eigenverbrauch stimmt nicht so ganz: Solarmodule und Batteriespeicher sind weder aus eigener Herstellung noch emissionsfrei zu haben. (Karikatur: Gerhard Mester, Copyright: SFV/Mester)

Mindestens ein mittelgroßes Kraftwerk arbeitet inzwischen an den Balkonen, Carports und in den Gärten Deutschlands. Auf 700 Megawatt kamen die sogenannten Steckersolargeräte zusammengerechnet Ende 2024, besagt eine aktuelle Bilanz des Branchenverbandes BSW Solar.

Allerdings werden nur die Geräte gezählt, die bei der Bundesnetzagentur angemeldet sind. Die Dunkelziffer soll in dem Bereich bei nahezu 50 Prozent liegen. Das heißt, fast jedes zweite Steckersolargerät ist nicht angemeldet.

Auch wenn die meisten Anlagen nur aus ein oder zwei Solarpaneelen mit je 400 Watt bestehen, haben sie dasselbe Problem wie große Megawatt-Solarparks: Der meiste Strom fällt um die Mittagszeit an. Da verbrauchen Haushalte aber vergleichsweise wenig Strom. Überschüssiger Solarstrom fließt dann größtenteils ins Netz zurück und lässt bestenfalls den Stromzähler rückwärts laufen.

Eigenen Strom so verschenken? Das muss doch den deutschen Sparfuchs ärgern, sagen sich jede Menge Solarfirmen und werben früh bis spät dafür, sich zum Balkonkraftwerk einen Batteriespeicher zuzulegen. Entsprechende Paket-Angebote – Paneel plus Batterie – überschlagen sich derzeit im Netz.

Letztes Jahr ging die Zahl verkaufter kleiner Batteriespeicher durch die Decke. 2024 wurden in der untersten Leistungsklasse von ein bis vier Kilowattstunden Kapazität fast 70.000 Speicher unter die Leute gebracht. Das vermutlich meistverkaufte Modell bietet um die 1,6 Kilowattstunden.

Stromfresser im Haushalt machen Speicher schneller bezahlt

Ob sich das Einspeichern lohnt, dazu gibt zum Beispiel der Stecker-Solar-Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin Auskunft. Ab 800 Watt "Kraftwerks"-Kapazität dauert es laut dem HTW-Simulator derzeit etwa sechs bis neun Jahre, bis sich ein Stromspeicher von etwa 1,5 Kilowattstunden Kapazität bezahlt macht – bei einem angenommenen Strompreis von 40 Cent und einem jährlichen Stromverbrauch von 1.500 bis 3.000 Kilowattstunden.

Wie beim Stromsparen gilt auch für Batteriespeicher: Je mehr Stromfresser im Haushalt sind, desto schneller rentieren sich Investitionen. Das ist die Logik der Eigenversorgung. Der Anteil des Stroms aus dem Solarsteckergerät, der selbst genutzt wird, erhöht sich dank Speicher laut dem Simulator im Schnitt um rund ein Drittel.

Für die Stiftung Warentest lohnt sich ein Batteriespeicher für Steckersolargeräte eher nicht, weder finanziell noch für die Umwelt, heißt es in ihrem 2024 erschienenen Ratgeber "Balkonkraftwerke". Der Speicher hätte zum Beispiel im Winter, wenn die Solaranlage wenig bringt und der Verbrauch hoch ist, kaum etwas zum Speichern, heißt es dort.

Und die für ein gutes Speichermanagement nötigen Messeinrichtungen sowie die Verbindungen zwischen Messeinheit und Batteriespeicher kosteten so viel Geld, dass so eine Aufrüstungs-Idee finanziell schnell unattraktiv wird, stellen die Tester weiter fest.

Strom aus dem Speicher kann teurer als Netzstrom sein

Einige Speicherhersteller bieten hier auch preiswertere sogenannte Plug-and-Play-Systeme an, die den jeweiligen Stromverbrauch im Haushalt berücksichtigen sollen. Allerdings ist für Fachleute unklar, wie gut diese Systeme wirklich sind. Der Speicher muss den Stromverbrauch des Haushalts schon genau kennen, um gezielt ein- und ausspeichern zu können.

Auch das Umweltbundesamt (UBA) steht dem Boom der kleinen Speicher skeptisch gegenüber. Die Stromüberschüsse von Steckersolargeräten reichten gerade in den Winter- und Übergangsmonaten kaum aus, um den Stromspeicher genügend zu laden. Den Anschaffungskosten der Speicher stünden so nur wenige intensive Nutzungszeiten gegenüber, erläutert UBA-Experte Matthias Futterlieb die Bedenken.

Sein Fazit: "Je nach Anschaffungspreis können pro ein- und ausgespeicherter Kilowattstunde Kosten entstehen, die über den Strombezugskosten aus dem Netz liegen, bei zugleich begrenzter Lebensdauer des Batteriespeichers." Dessen Anschaffung lohne sich für Steckersolargeräte finanziell meist nicht, sagt Futterlieb.

Die Wirtschaftlichkeit ist aber nur eine Seite, um den Sinn kleiner Stromspeicher zu bewerten. Klimapolitisch gesehen sollten Speicher die Nutzung von emissionsfreiem Solarstrom spürbar steigern.

Eine positive CO2-Bilanz des Speichers würde daraus resultieren, dass der gespeicherte Solarstrom beim Verbrauch anderen Strom ersetzt, der sonst übers Netz bezogen worden wäre. 2024 hatte der deutsche Strommix einen Emissionsfaktor von 345 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Für Solarstrom werden vom Fraunhofer-Institut ISE bis zu 35 Gramm CO2 je Kilowattstunde veranschlagt.

Wie hoch ist der CO2-Fußabdruck kleiner Stromspeicher?

Herstellung und Transport eines Batteriespeichers verursachen aber bereits erhebliche Klimaemissionen. Die Frage ist also: Kann ein Stromspeicher den Verbrauch von Solarstrom so erhöhen, dass seine CO2-Bilanz am Ende positiv wird?

Bei E‑Autos wird diese Frage bekanntlich seit Jahren debattiert. Dort gilt, dass ein übliches E‑Auto mehrere zehntausend Kilometer gefahren werden muss, um seine Herstellungsemissionen gegenüber einem Verbrenner auszugleichen.

Zur Ökobilanz gerade kleiner Stromspeicher hat das Umweltbundesamt bisher keine eigenen Studien vorgelegt, teilt es auf Nachfrage mit. Internationale Studien beziffern die Emissionen von Stromspeichern für Heimanwendungen im Bereich von etwa 80 Gramm CO2-Äquivalent pro eingespeicherter Kilowattstunde. Der genaue Wert hänge allerdings stark davon ab, wie intensiv der Speicher genutzt wird.

Bei kleineren Speichern und gerade, wenn diese von Steckersolargeräten gespeist werden und so nur geringe Nutzungszeiten haben, dürften die Emissionen pro eingespeicherter Kilowattstunde deutlich über den 80 Gramm liegen, betont das UBA.

Heimspeicher sollen für Netzstrom geöffnet werden

Matthias Futterlieb weist seinerseits darauf hin, dass die Herstellung eines Batteriespeichers stets Ressourcen mit entsprechenden Umweltwirkungen beansprucht. Diesem Aufwand stehe bei den auf Eigenverbrauch optimierten Heimspeichern ein nur geringer zusätzlicher Nutzen für die Energiewende gegenüber, stellt er klar.

Der Hauptgrund für den geringen Effekt: Auch ohne Speicher gehen überschüssige Strommengen eben nicht verloren, sondern fließen größtenteils ins Stromnetz zurück und verdrängen dort andere Energiequellen, darunter auch fossile.

Anders wäre es, würde der eingespeicherte Strom "abgeregelt", also nicht ins Netz gelassen. Das hat der Gesetzgeber aber gerade bei Steckersolargeräten bis 2.000 Watt Gesamtleistung ausgeschlossen.

"Aus Umweltsicht sind Energiespeicher auf Netzebene zu bevorzugen, die zugleich nützliche Dienstleistungen für das gesamte Stromsystem erbringen können", erklärt Matthias Futterlieb. Aus dieser Perspektive rät der UBA-Experte eher von Heimspeichern ab, einschließlich der Kleinspeicher für Steckersolargeräte, die lediglich auf die Erhöhung des Eigenverbrauchs zielen.

 

Um die Nutzungszeit der Speicher zu erhöhen, haben Lobbyisten jetzt vorgeschlagen, Heimspeicher für den Strombezug aus dem Netz zu öffnen. Dann könnten die Speicher günstig laden, wenn zu viel Strom im Netz ist. Der könnte dann selbst genutzt werden, wenn Netzstrom teuer ist, oder auch wieder ans Netz "verkauft" werden. Dazu gibt es jetzt sogar eine Bundestagspetition.

Klimapolitisch löblich wird die Idee aus Sicht der Initiatoren dadurch, dass Strom meist billig ist, wenn viel Erneuerbare im Netz sind, und dass der von dort eingespeicherte Grünstrom wieder ins Netz abgegeben werden könnte, wenn der Strom dort wieder "schmutziger" ist.

Allerdings passen auch hier Jahreszeiten, Solarstromerzeugung und Speichernutzung wenig zusammen. Im Winter, wenn die Heimspeicher derzeit vielfach leer bleiben, gibt es auch im Netz nur wenig Sonnenstrom. Wenn dieser wiederum im Sommer die Netze flutet, sind auch die Heimspeicher stets gut gefüllt.

Derzeit ist auch keine Untersuchung bekannt, was bei ihrer Öffnung zum Netz hin durch kleinere Speicher zusätzlich an grünem Strom ins Netz gelangen könnte und ob dann der CO2-Fußabdruck des Speichers ausgeglichen wird. Dieser mögliche Effekt verringert sich ohnehin mit steigendem Anteil von Grünstrom im Netz. Bei einem vollständig erneuerbaren Stromsystem geht ein denkbarer Klimaeffekt der Heimspeicher gegen null.

Wie es auch gedreht und gewendet wird: Kleine Solar-Stromspeicher in den Haushalten mögen bei den Stromkosten helfen, beim Klimaschutz aber nicht.