Großes gefülltes Bierglas vor dunklem Hintergrund.
Beim Bier werden oft die tollsten Geschichten erzählt. Manchmal auch in der Zeitung. (Foto: Alexandra Stockmar/​Pixabay)

Vielleicht wollte Eon-Chef Johannes Teyssen letzte Woche bei der Bilanzpressekonferenz des Konzerns in dieser Zeit der Krise nur eine gute Nachricht verkünden: Der Technologiegigant Tesla habe Eon "den Auftrag gegeben, die pünktliche Energieversorgung für ihre europäische Gigafabrik in der Nähe Berlins zu realisieren", sagte Theyssen laut Medienberichten.

Eon habe dafür eine Zeitvorgabe von 18 Monaten. "Das werden wir trotz Corona schaffen", fügte Teyssen noch hinzu.

Vielleicht hätte Teyssen seine Worte etwas genauer wählen sollen, denn aus dem Gesagten wurde flugs die Nachricht, Eon werde die neue Tesla-Fabrik mit Strom versorgen. Diese solle einen Strombedarf von etwas mehr als 100 Megawatt haben. Das entspreche, verkündete auch die ARD, dem Stromverbrauch einer Großstadt wie Chemnitz.

An der Stelle hätte man stutzig werden können, denn 100 Megawatt sind nur eine Leistungsangabe. Erst wenn 100 Megawatt eine Stunde lang abgerufen werden, kommt ein Verbrauch von 100 Megawattstunden zustande.

Tatsächlich geht es beim Tesla-Auftrag nur darum, die Gigafactory ins Netz der Eon-Tochter Edis einzubinden, bestätigt ein Sprecher des Unternehmens gegenüber Klimareporter°.

"Über die Art des Stroms und den Bedarf entscheidet allein der Kunde, in diesem Fall Tesla", betont der Sprecher – und stellt damit klar, dass es nur um den Anschluss des Werks ans Stromnetz und die dazu notwendige elektrische Leistung geht. Von wem Tesla den Strom dann konkret bezieht, ist noch nicht entschieden.

Bei Jan Hinrich Glahr vom lokalen Ökostromunternehmen Regiogröön sorgt diese Klarstelllung für eine gewisse Erleichterung. Glahr, zugleich Landesvorsitzender des Erneuerbaren-Verbandes BEE in Berlin/Brandenburg, hatte sich über den vermeintlichen Stromlieferdeal von Tesla und Eon ziemlich geärgert und per Pressemitteilung verkündet, Brandenburg habe genügend erneuerbare Energien, um Teslas Gigafactory zu versorgen. Dafür stehe man "in den Startlöchern".

Nunmehr sieht Glahr erneut große Chancen, dass die Erneuerbaren in Brandenburg zumindest einen Teil der Energieversorgung von Tesla übernehmen können, wie er gegenüber Klimareporter° erklärt. "Das war ja auch ein Aspekt bei der Ansiedlungsentscheidung." Wenn die Planungen bei Tesla so weit seien, hoffe er auf einen Austausch mit dem Unternehmen dazu.

Regionaler Windstrom für Berliner Szenebrauerei

Vorerst muss Glahr deutlich kleinere Brötchen backen. Ende Februar schloss sein Unternehmen Regiogröön einen Vertrag über die Lieferung regionalen Windstroms aus Brandenburg an einen Gewerbekunden in Berlin ab, das Craft-Beer-Brauhaus Neulich im Stadteil Neukölln.

Der Strom kommt vom brandenburgischen Windkraftprojektierer und -erzeuger Teut – aus Anlagen, die keine 25 Kilometer von der Hauptstadt entfernt seien, wie das Berliner Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (Ikem) mitteilt. Den genauen Ort der Anlagen teilten die Partner nicht mit, aber nach den Angaben könnten sie im Teut-Windpark Tempelfelde im Landkreis Barnim stehen.

Stromproduzent Teut, Lieferant Regiogröön und die Brauerei hätten sich über die Ikem-Plattform "Lokale Energie" vernetzt und das Brauhaus Neulich werde nun als erster Gewerbekunde in Berlin "in Echtzeit" mit regionalem Windstrom beliefert, heißt es weiter.

Nun, ganz so "echt" geschieht das nicht, weil es zwischen Windanlage und Brauerei natürlich keine direkte Stromleitung gibt. Sehr vereinfacht gesagt, wird der Teut-Windstrom aus einem Versorgungsgebiet heraus- und in das Versorgungsgebiet, an dem die Brauerei hängt, hineingerechnet, der Strom wird also nicht "physisch", sondern "bilanziell" geliefert.

Und wenn 25 Kilometer von der Hauptstadt entfernt mal kein Wind weht, dann springt der Stromvermarkter Nordgröön ein, der zusammen mit Partnern, darunter auch der Projektierer Teut, die Stromplattform Regiogröön entwickelt hatte.

Wie groß die Stromlieferung an das hippe Brauhaus ist, wollen weder Ikem noch Regiogröön sagen. Man braucht aber kein großer Prophet zu sein, um abschätzen zu können, dass es bei einer kleinen Privatbrauerei nicht um Hunderte Megawattstunden geht, sondern um so viel Strom, wie vielleicht die Küche der Gigafactory dereinst benötigt.

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