Die erneuerbaren Energien schützen das Klima, haben aber einen Nachteil: Sie "verbrauchen" mehr Landschaft als die Nutzung von Kohle, Erdöl und Erdgas.
Doch eine kluge Ausbaustrategie kann den Flächenverbrauch halbieren, ohne dass die Kosten dafür über Gebühr ansteigen. Das zeigt eine neue Untersuchung des Potsdamer Nachhaltigkeitsinstituts IASS (Institute for Advanced Sustainability Studies).
Die Windkraft an Land war bisher das Zugpferd der Energiewende, doch der Zubau ist stark eingebrochen – unter anderem wegen Klagen von Bürgern und restriktiven Abstandsregeln zu Siedlungen, wie sie etwa in Bayern und Nordrhein-Westfalen gelten.
Kritik gibt es auch an großen Solar-Freiflächenanlagen, die Strom inzwischen ebenfalls sehr billig produzieren. Gegner bemängeln, dass die Böden nicht mehr anderweitig genutzt werden können, und führen ästhetische Aspekte an.
Im vorigen Jahr betrug der Erneuerbaren-Anteil an der Stromerzeugung in der EU 35 Prozent. Um ihn auf 100 Prozent hochzuschrauben, ist laut IASS ausgerechnet eine Kombination der beiden am meisten kritisierten Erzeugungsformen – Windparks an Land und Solar-Freiflächenanlagen – die kostengünstigste Option.
Um eine Öko-Vollversorgung zu erreichen, beträgt der Flächenbedarf laut der Studie in diesem Fall 97.000 Quadratkilometer – das entspricht rund zwei Prozent der Gesamtfläche Europas, einer Fläche so groß wie die von Portugal.
Flächenbedarf ließe sich halbieren
Das Nachhaltigkeitsinstitut untersuchte nun, wie die Konflikte entschärft werden können, die wegen der drohenden Veränderung des Landschaftsbildes durch Wind- und Solarparks entstehen.
Besonders die Frage, ob und wie die Windkraft an Land beim Erneuerbaren-Ausbau ersetzt werden könnte, beschäftigte dabei die Experten.
Ergebnis: Der Flächenbedarf des künftigen Öko-Stromsystems lässt sich auf etwa 48.000 Quadratkilometer begrenzen, etwa ein Prozent der Fläche Europas.
Laut der Untersuchung gibt es dafür grundsätzlich drei Möglichkeiten, die auch in Kombination eingesetzt werden können: Offshore-Windkraft, große Solarparks sowie Solaranlagen, die auf Hausdächern installiert werden.
Allerdings hängen die Zusatzkosten davon ab, welche Technologie favorisiert wird. Besonders kosteneffektiv ist laut den IASS-Berechnungen die Windkraft vor den Küsten. Die Mehrkosten betrügen hier nur fünf Prozent gegenüber der günstigsten Variante, so das Institut.
Wird der Zubau von Land-Windkraft hingegen durch große Solarparks oder Aufdach-Solaranlagen ersetzt, steigen die Mehrkosten auf maximal 20 Prozent.
Die Solardach-Variante, die am verträglichsten wäre und den Strom besonders verbrauchernah produziert, wäre also die – relativ – teuerste. Studienautor Tim Tröndle vom IASS kommentiert: "Wir müssen uns als Gesellschaft entscheiden, wie viel uns freie Flächen an Land wert sind."
Öko-Kraftwerke grundsätzlich akzeptiert
Umfragen zeigen grundsätzlich eine hohe Akzeptanz für die Umstellung auf Ökoenergien. Das Meinungsforschungsinstitut Yougov ermittelte im vergangenen Januar, dass neun von zehn Bürgern (89 Prozent) eine stärkere Nutzung der Erneuerbaren in Deutschland befürworten. Nur sechs Prozent erachten sie als weniger oder überhaupt nicht wichtig.
Interessanterweise kommt dabei auch die Windkraft recht gut weg. In einer Forsa-Befragung aus dem November 2019 bezeichneten 82 Prozent Nutzung und Ausbau der Windenergie als wichtig oder sehr wichtig.
Auch bei den Anlagen-Nachbarn ist die Akzeptanz groß. 78 Prozent der von Forsa Befragten, in deren Wohnumfeld sich ein Windrad dreht, sind mit diesem einverstanden. Yougov ermittelte im Januar eine allgemeine Befürwortung der Windkraft von rund drei Vierteln und eine Akzeptanz unter Anwohnern von vier Fünfteln.
Laut einer weiteren Yougov-Befragung aus dem Februar würde allerdings fast die Hälfte (46 Prozent) es gerne sehen, wenn der Schwerpunkt des Ausbaus bei Solardächern liegt. An zweiter Stelle bei dieser Art Beliebtheitswertung rangiert die Offshore-Windkraft mit 37 Prozent, gefolgt von Freiflächen-Solaranlagen mit 35 und Windkraft an Land mit 31 Prozent.