Zahlreiche Windräder auf dem Meer bei bewölktem Himmel, im Hintergrund die Umspannstation.
Windkraft soll in der neuen EEG-Novelle vor allem auf See vorkommen. (Foto: E. Dahmer/​Wikimedia Commons)

Die für Ostern versprochene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist fertig. So verkündete es Wirtschaftsstaatssekretär Oliver Krischer am Sonntagabend per Twitter. Mit der Novelle werde schon im Jahr 2035 eine 100-prozentig erneuerbare Stromversorgung Deutschlands erreicht. Das schütze nicht nur das Klima, sondern mache Deutschland auch unabhängig von Putins Gas, Öl und Kohle, zog Krischer die neuere energiepolitische Motivation heran.

Die Haushalte hierzulande wird angesichts der galoppierenden Energiepreise vor allem interessieren, wie die Koalition ihr Versprechen einlöst, dass die zum 1. Juli auslaufende EEG-Umlage die Stromrechnung auch tatsächlich senkt.

Die Regelungen zum Wegfall der Umlage von aktuell 3,723 Cent je Kilowattstunde bringt das Wirtschaftsministerium dabei nicht als normale Gesetzgebung auf den Weg. Stattdessen wird den Koalitionsfraktionen im Bundestag eine sogenannte Formulierungshilfe für ein "Gesetz zur Absenkung der Kostenbelastungen durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher" übermittelt. Der Entwurf liegt Klimareporter° vor.

Die Formulierungshilfe soll dann an ein schon laufendes Gesetzesvorhaben im Bundestag "angehängt" werden. Dieses Vorgehen sei allein aus Zeitgründen gewählt worden, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium auf Nachfrage.

In der Strombranche löst die Vorlage teilweise Kopfschütteln aus. Schon jetzt, heißt es, seien die Versorger rechtlich eindeutig verpflichtet, sinkende staatliche Preisbestandteile an ihre Kunden weiterzugeben.

So steht es auch schwarz auf weiß in der Formulierungshilfe: Ändert sich der Saldo der Kostenbestandteile, verpflichte bereits das geltende Recht die Stromlieferanten, den Preis neu zu kalkulieren. Die Stromunternehmen seien dann nicht nur berechtigt, Kostenerhöhungen weiterzugeben, sondern auch zur Weitergabe von Kostensenkungen verpflichtet.

Konzentration auf Solarenergie und Offshore-Windkraft

Warum will die Koalition den Stromversorgern dann nochmal extra vorschreiben, die Senkung der EEG-Umlage sofort weiterzureichen? Das ist offenbar dem Umstand geschuldet, dass die Umlage in der Mitte eines laufenden Geschäftsjahres wegfallen soll. Das ist ein Novum. Bislang werden staatliche Preisbestandteile – EEG-Umlage, Netzentgelte und weitere Umlagen – einmal jährlich für das Folgejahr festgelegt und gelten dann ab dem Jahresanfang.

Bleibt es bei den jetzigen Vorstellungen, wird nach Ansicht von Branchenexperten der Haushaltsstrompreis Anfang Juli um die EEG-Umlage (und die anteilige Mehrwertsteuer) sinken. Weil aber das Recht der Versorger unangetastet bleibt, vor und nach dem Julitermin ihre Preise neu zu kalkulieren und den Abnehmern überzuhelfen, wird es eine Reihe weiterer Preisanpassungen geben. Für 2022 könnte sogar ein Strompreiskarussell drohen.

 

Um dem zu entgehen, will die Branche an der Forderung festhalten, die EEG-Einsparung einfach mit den Mehrkosten bei Stromeinkauf verrechnen zu können.

Schon vor Wochenfrist hatten die beiden maßgebenden Energiebranchenverbände BDEW und VKU in einer gemeinsamen Mitteilung darauf hingewiesen, dass Senkungen bei Steuern und Abgaben nur einen Teil des Strompreises ausmachten. Es müsse den Unternehmen offenstehen, die massiv gestiegenen Beschaffungskosten bei einer Neukalkulation zu berücksichtigen, fordern BDEW und VKU.

Die Gesetzesvorhaben der Koalition im Osterpaket, um bis 2035 auf 100 Prozent erneuerbaren Strom zu kommen, konzentrieren sich auf die Photovoltaik und die Offshore-Windkraft. Zur Windkraft an Land findet sich nur wenig in dem mehr als 250-seitigen und Klimareporter° vorliegenden Referentenentwurf für die EEG-Novelle.

Die wesentlichen Hemmnisse für den Ausbau der Windenergie an Land könnten nicht im EEG selbst gelöst werden, erklärt das Wirtschaftsministerium in einem Eckpunktepapier, das die Gesetzentwürfe zusammenfasst. Wind an Land werde vor allem von Hemmnissen im Natur- und Artenschutz, im Planungsrecht und bei Flächenausweisungen gebremst. Diese Hindernisse sollen bis zum Sommer in einem Windenergie-an-Land-Gesetz beseitigt werden, heißt es weiter.

Viele kleine und einige größere Änderungen

Unter anderem wird in dem EEG-Novellen-Entwurf vorgeschlagen:

  • Generell sollen die erneuerbaren Energien auch künftig vor allem über den Stromverkauf an der Börse gefördert werden – mit der sogenannten Marktprämie. Differenzverträge (Contracts for Difference) soll es nur für einen Teil neuer Offshore-Windkraft geben.
  • Bei Photovoltaik wird die Degression der Vergütungssätze in diesem Jahr ausgesetzt. Ab 2023 gibt es dann nur eine halbjährliche Degression, der sogenannte atmende Deckel entfällt.
  • Für Freiflächen-Photovoltaik werden die ausgeschriebenen Mengen deutlich erhöht. Sie steigen von 5.850 Megawatt 2023 auf jeweils 9.000 Megawatt 2027 und 2028.
  • Photovoltaik-Dachanlagen, die ihren Strom vollständig ins Netz einspeisen, sollen künftig eine höhere Förderung erhalten als solche, deren Betreiber den Strom teilweise selbst verbrauchen.
  • Besondere Solaranlagen (Agri-, schwimmende und Parkplatz-Photovoltaik) werden aus Innovationsausschreibungen ins EEG überführt und erhalten eine dauerhafte Perspektive.
  • Für das Ausbauziel bei Offshore-Windkraft – 30.000 Megawatt bis 2030 – werden die jährlichen Ausschreibungsmengen von 2023 bis 2026 auf zusammen 5.000 bis 7.000 Megawatt erhöht. Ab 2027 sollen es dann jährlich 4.000 Megawatt sein.
  • Um das Flächenangebot für die Windkraft auf See schnell zu erhöhen, soll eine Art Deal möglich werden: Will ein Betreiber Anlagen auf Meeresflächen errichten, die noch nicht planerisch voruntersucht wurden, muss er bestimmte Kriterien erfüllen, die unter anderem die Vereinbarkeit des Offshore-Ausbaus mit dem Natur- und Artenschutz stärken. Dazu soll auch eine Naturschutz-Zahlung des Betreibers gehören.
  • Geplant sind Ausschreibungen für innovative Konzepte mit wasserstoffbasierter Stromspeicherung im Umfang von 400 Megawatt ab 2023, nach und nach ansteigend bis auf 1.000 Megawatt im Jahr 2028.
  • Angewandt werden künftig die De-minimis-Regeln der EU, nach denen Bürgerenergiegesellschaften bei Wind-an-Land-Projekten bis 18 Megawatt und bei Solar-Freiflächenprojekten bis sechs Megawatt von Ausschreibungen auszunehmen sind.
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