Photovoltaik-Module auf einem grünen Hügel
Photovoltaik-Anlage auf einer ehemaligen Deponie. (Foto: Friederike Meier)

Die erneuerbaren Energien haben einen Lauf, zumindest im Stromsektor. Die Sensation: Im ersten Quartal 2020 lieferten Sonne, Wind, Wasser und Biomasse erstmals mehr als die Hälfte der in Deutschland in Netz eingespeisten Elektrizität – genau 51,2 Prozent.

Die Windkraft war dank windreicher Wetterlagen mit gut einem Drittel (35 Prozent) sogar der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung. Dahinter rangierten Kohle (22 Prozent), Erdgas (13) und Atomkraft (zwölf Prozent).

Vorbei die Zeiten, als Kritiker der Energiewende unkten, mehr als ein paar Prozent Ökostrom könnten die Netze aus technischen Gründen – wegen der Unberechenbarkeit der Einspeisung – sowieso nicht verkraften. Trotzdem gibt es keinen Grund sich zurückzulehnen.

Denn die nächsten 48,8 Prozent bis zur Vollversorgung mit erneuerbaren Energien im Elektrizitätssektor werden alles andere als ein Spaziergang. Das bisherige "Zugpferd" Windkraft an Land ist beim Ausbau abgestürzt.

Und auch die Zukunft der Photovoltaik steht in den Sternen, weil der Bund sich mit der Abschaffung des 52.000-Megawatt-Förderdeckels, der die Solar-Investoren verunsichert, so lange Zeit lässt.

Gut, wenn in solcher Lage der Horizont geöffnet wird. Getan hat das jetzt das Berliner Beratungsunternehmen Aurora Energy Research. Es zeigt in einer Studie, dass Deutschland seinen kompletten Strombedarf mit erneuerbaren Energien decken kann.

Potenzial reicht für 100 Prozent Erneuerbare und mehr

Das geografisch-technische Potenzial reicht danach sogar für das Dreifache des heutigen Bedarfs aus. Zurzeit werden in Deutschland bei der Solarenergie und der Offshore-Windkraft nur zehn Prozent des Potenzials genutzt, bei der Windkraft an Land ist es rund ein Drittel.

Joachim Wille ist Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Energiemangel wird es also auch in der erneuerbaren Energiewelt nicht geben. Allerdings ist das kein Selbstläufer. Die Politik hat den Job, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen.

Bleibt etwa der Ausbau der Windkraft an Land wegen Bürgerprotesten so niedrig wie zuletzt, muss die Solarenergie laut der Aurora-Studie enorm gepusht werden, um die Lücke zu schließen – statt 4.000 Megawatt wie 2019 braucht es künftig pro Jahr mehr als doppelt so viel neue Solarkapazität. Und zusätzlich muss die Offshore-Windenergie um 1.500 Megawatt pro Jahr zulegen.

Erfolgt der Ausbau marktbasiert, muss er durch einen steigenden CO2-Preis oder andere Maßnahmen flankiert werden, denn die Erneuerbaren erzeugen den Strom so günstig, dass sie sich durch sinkende Börsenstrompreise selbst unwirtschaftlich machen würden. 2050 wäre die Stromversorgung dann praktisch CO2-frei.

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