Das hatte man vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) noch nie gehört: Um Klima- und Energiewende-Ziele "unter einen Hut" zu bekommen, sei es "entscheidend, dass der Kohleausstieg nicht zu spät kommt", zitierte die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Mittwochsausgabe) die neue BDEW-Chefin Marie-Luise Wolff. Und weiter: "Denn ein später Ausstieg würde die Ziele ja konterkarieren."
Der BDEW gilt als eher konservativ, gehören ihm doch die großen Energiekonzerne an, die ihr Geld eben vor allem mit Kohle- oder auch Atomstrom verdienen. Unter Wolffs Vorgänger Johannes Kempmann warnte der Verband stets davor, dass es ab 2023 – also nach dem Atomausstieg – an gesicherter Leistung fehlen könne, wenn der Kohleausstieg zu schnell komme. Jetzt also die Kehrtwende?
Nicht ganz. Am Rande des laufenden Jahreskongresses des BDEW dementierte Wolff den FAZ-Bericht. Zum heutigen Auftakt des Kongresses erwähnte sie den Kohleausstieg zwar auch, allerdings in deutlich abgeschwächter Form: "Ein Ausstiegsdatum für die Kohleverstromung zu ermitteln, wird die Aufgabe der Strukturkommission sein – unter den Prämissen Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimaschutz."
Sowohl den progressiveren als auch den fossilen Mitgliedern ihres Verbands warf sie dabei Bonbons zu. Die "Hauptwährung der Energiewende" sei die CO2-Reduktion, sagte sie beispielsweise. Sie legte aber auch einen Schwerpunkt darauf, dass beim Kohleausstieg "die Eigentumsrechte betroffener Unternehmen nicht verletzt werden" dürften und – reichlich schwammig – "energiewirtschaftliche Notwendigkeiten" zu beachten seien. Auch der BDEW stellt ein Mitglied der Strukturwandel-Kommission.
Wolff war am Dienstagabend zur Präsidentin des Lobbyverbands gewählt worden. Sie ist Chefin des Darmstädter Energieunternehmens Entega. Die Branche kennt sie gut: Nach ihrem Studium der Anglistik und Musikwissenschaft arbeitete sie zwar zunächst für Bayer und Sony, danach aber für eine Reihe von Energieunternehmen, darunter der Energieriese Eon und sein Vorgänger Veba.