Beim Stromnetzausbau in Deutschland geht es neuerdings stärker voran. Es läuft besser als in früheren Jahren, in denen sich wegen langer Planungszeiten und starkem Widerstand gegen die ursprünglich dafür geplanten Freileitungen wenig tat.
Doch es fehlen weiterhin nicht nur Kapazitäten zum Transport der Energie, vor allem von Windstrom aus dem Norden der Republik in die Verbrauchsschwerpunkte im Süden, sondern auch Möglichkeiten zur Zwischenspeicherung. Aber auch hier tut sich einiges.
Jüngste Nachrichten dazu: Sogar Brauereien wie Beck's und Hasseröder setzen auf Strom-Großspeicher an ihren Produktionsanlagen, und auch der Volkswagen-Konzern steigt im Rahmen seiner Elektro-Strategie neu in dieses Geschäftsfeld ein.
Eine Statistik des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg zeigt die Dimension des Problems. So konnten 2023 hierzulande rund 7,1 Milliarden Kilowattstunden Strom aus Wind- und Solaranlagen nicht erzeugt werden, weil die Netze bereits voll ausgelastet waren und keine Speichermöglichkeiten zur Verfügung standen.
Nach VW-Angaben hätte diese Strommenge ausgereicht, um mehr als 3,2 Millionen Elektroautos ein Jahr lang mit Grünstrom zu betreiben.
Erneuerbares Stromsystem braucht viel mehr Speicher
Mehr Stromspeicher sind in einem Elektrizitätssystem zwingend nötig, das heute gut zur Hälfte mit Erneuerbaren-Strom läuft und bereits Mitte des nächsten Jahrzehnts zu 100 Prozent damit betrieben werden soll. Es geht darum, Zeiten mit zu niedrigem Angebot von Wind und Sonne zu überbrücken und die Netze zu entlasten.
Laut dem Bundesverband Energiespeicher-Systeme (BVES) gibt es Planungen, die Erneuerbaren-Erzeugung in Deutschland auf 560.000 Megawatt auszubauen, während die derzeitige Stromnetz-Kapazität nur 90.000 Megawatt betrage.
Neben dem Netzausbau gelte es daher, den "bunten Strauß an Speichertechnologien" verstärkt zu nutzen, um die Engpässe beim Netzanschluss zu entschärfen, sagte BVES-Vizepräsident Heinrich Gärtner unlängst auf einer Tagung zur Speicherfrage.
Die Stromspeicher – sowohl Kleinanlagen im Keller von Solar-Haushalten als auch industrielle Großanlagen – haben dabei die Aufgabe, Angebot und Nachfrage im Netz über einige Stunden oder einen Tag auszugleichen.
Andere künftige Speicher mit grünem Wasserstoff sollen auch längere Zeiten überbrücken, bis hin zu Monaten. Der gasförmige Energieträger wird dabei aus Wasser per Elektrolyse mit Ökostrom erzeugt und dann in Gaskraftwerken wieder "rückverstromt".
"CO2-neutrales Brauen" angekündigt
Dass auch Brauereien in die Stromspeicherung einsteigen, kommt unerwartet, ist aber nachvollziehbar. Für die Bierherstellung werden eben nicht nur Hopfen, Malz, Wasser und Hefe, sondern auch große Mengen Energie gebraucht.
Der belgische Brauereimulti AB Inbev, dem hierzulande Beck & Co, Hasseröder, Spaten-Löwenbräu und Diebels gehören, rüstet die jeweiligen Standorte mit Großspeichern aus.
Bei Beck in Hamburg wurde im letzten Herbst bereits eine solche Anlage mit 1,6 Megawatt Leistung installiert, nun kam eine weitere bei Hasseröder im sachsen-anhaltischen Wernigerode hinzu, Anlagen bei Spaten-Löwenbräu in München und bei Diebels in Issum am Niederrhein sollen im Laufe des Jahres folgen.
Die Gesamtleistung aller vier Speicher wird rund fünf Megawatt betragen. Projektpartner dabei ist das Unternehmen EDF Renewables Deutschland, eine Tochter des französischen staatlichen Energiekonzerns, der hauptsächlich als AKW-Betreiber bekannt ist, aber auch bei den Erneuerbaren tätig ist.
Der Braukonzern, Nummer zwei in der Branche hierzulande, hat ein "CO2-neutrales Brauen" als Ziel ausgegeben. Unternehmenssprecher Florian Farken sagte dazu, die Batteriespeicher seien eine "attraktive Technologie", die an den Standorten helfe, energieeffizienter zur produzieren und Stromkosten einzusparen. "Außerdem können wir das lokale Stromnetz entlasten."
VW plant 1.000-Megawattstunden-Speicher
Mitmischen in dem zukunftsträchtigen Geschäft will nun auch der VW-Konzern. Die Ladenetzsparte der Wolfsburger, "Elli" genannt, werde zusammen mit Partnern Großspeicher entwickeln, bauen und betreiben, die als Puffer für Wind- und Solarenergie dienen sollen, so die kürzliche Ankündigung.
Das erste der geplanten "Power Center" werde 2025 in Norddeutschland ans Netz gehen, der Spatenstich dafür solle Ende Juli erfolgen, sagte VW-Technikvorstand Thomas Schmall. Weitere Anlagen sollen folgen.
Mit dem Konzept stößt der Konzern in eine neue Größenordnung vor. Die Kapazität des ersten Power-Centers soll laut VW zunächst bei 350 Megawatt liegen, also in etwa der eines Gaskraftwerks entsprechen. Darin sollen bis zu 700 Megawattstunden gespeichert werden können, später sollen auch 1.000 Megawattstunden möglich sein. Das entspräche dem Strom-Tagesbedarf von 100.000 Durchschnittshaushalten.
Die von VW geplanten Investitionen in stationäre Batteriespeicher seien "ein wesentlicher Beitrag zur nachhaltigen Transformation der Energieversorgung", sagte Schmall. Bisher gibt es in Deutschland laut VW solche Anlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 1.000 Megawattstunden.
"Das verdoppeln wir allein mit diesem einen Power Center", so der VW-Vorstand. Der Konzern erwartet, dass sich der Bedarf an Batterie-Großspeichern in den nächsten Jahren verzehnfachen wird.
Der Beitrag wurde um 19:45 Uhr korrigiert (Zahlen des Fraunhofer ISE).