Demonstrierende mit Transparent und Schildern:
Am Dienstag vor dem Roten Rathaus: Das Bürgerbündnis "Berliner Energietisch" bedankt sich für die breite Unterstützung. (Foto: Berliner Energietisch)

Drei Strom-Blackouts trafen zuletzt Berlin kurz hintereinander, erst in der Nacht zum Mittwoch saßen mehrere hundert Haushalte rund um den Alexanderplatz im Dunkeln. Wenn auch zufällig so lieferten die Ausfälle doch eine Art Begleitmusik, bei der die Entscheidung des Senats, das Berliner Stromnetz wieder von einem landeseigenen Unternehmen betreiben zu lassen, auf fast ungeteilte Zustimmung stieß – ausgenommen den Noch-Besitzer Vattenfall.

Das ist verständlich. Stromnetze sind derzeit in der Stromwirtschaft die letzte verbliebene Lizenz zum Gelddrucken. Die Netzentgelte machen inzwischen mehr als ein Viertel des Strompreises aus und sind zum größten Kostenblock geworden, der aber zugleich staatlich garantiert ist. Laut dem Vergleichsportal Check 24 zahlte ein Vierpersonenhaushalt 2018 im Schnitt 390 Euro an die Netzbetreiber.

Zudem hat ein Netzbetreiber wie Vattenfall, der in der Hauptstadt 2,3 Millionen Kunden mit Strom versorgt und das Netz in der Hand hat, einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil gegenüber allen anderen, die ihren Strom durch ein fremdes Netz schicken müssen.

Obwohl die Berliner Netzentgelte leicht unter dem Bundesschnitt liegen, führte Stromnetz Berlin – die Vattenfall-Tochter, die das hauptstädtische Netz betreibt – 2017 einen Jahresgewinn von 110 Millionen Euro an den Mutterkonzern ab. Und das bei einem Jahresumsatz von gut 1,1 Milliarden Euro allein bei der Netztochter. Von solchen Gewinnanteilen können andere Branchen nur träumen. Eingeschlossen in den Gesamtumsatz ist dabei auch eine Konzessionsabgabe an das Land Berlin von rund 150 Millionen Euro.

Vattenfall wehrt sich

Vattenfall wehrte sich von Anfang an gegen die Rekommunalisierung. Aus der Zeit ums Jahr 2010 stammen die ersten Konzepte von Berliner Bürgerinitiativen, Umweltorganisationen und Parteien, das Stromnetz wieder in die Regie der Stadt zu nehmen.

Zwar scheiterte im November 2013 noch der vom Bündnis "Berliner Energietisch" initiierte Volksentscheid zur Rekommunalisierung des Netzes wegen zu geringer Beteiligung der Bürger – aufzuhalten war die Entwicklung aber nicht mehr, auch nicht durch diverse Klagen von Vattenfall, die Neuausschreibung der schon im Jahr 2014 ausgelaufenen Konzession zu verhindern.

Der Berliner Energietisch begrüßt denn auch die Vergabe an den Landesbetrieb Berlin Energie. "Die Gewinne aus dem Netzbetrieb bleiben jetzt endlich wieder in der Stadt", sagt Eric Häublein vom Energietisch.

Was mit dem Geld gemacht werden soll, ist für die Energietisch auch klar: Berlin muss auf 100 Prozent erneuerbare Energien umsteigen. Die Hauptstadt gehört bei der Erzeugung von Ökostrom mit einem Anteil von nicht einmal fünf Prozent am Stromverbrauch bundesweit zu den Schlusslichtern.

Berlin Energie will die Betriebsführung des Netzes schon in diesem Jahr übernehmen. Ob das klappt und ob das Geld, das das Stromnetz einspielt, dann für Investitionen zur Verfügung steht, ist allerdings fraglich. Vattenfall kündigte nicht nur an, die Vergabeentscheidung und deren Begründung genau zu analysieren und möglicherweise gegen diese zu klagen, auch beim Kaufpreis will der Konzern mit bis zu zwei Milliarden Euro ordentlich zulangen.

Berlin Energie rechnet mit 1,5 Milliarden. Bis das Netz wirklich wieder in den Händen der Stadt ist, kann es so noch einige Zeit dauern.

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