Der Hausspeicher
Damit Verbraucher die passende Hausbatterie finden, kündigt der BVES für die Zukunft einfachere Leitfaden an. Ein klares Energielabel wie für Kühlschränke ist für Stromspeicher aus Sicht des Verbandes aber nicht möglich. (Foto: SMA Solar)

Klimareporter°: Herr Windelen, Ihr Energiespeicher-Verband BVES hat einen neuen Effizienzleitfaden veröffentlicht, den bisher zweiten. Kommt der nicht ein bisschen spät angesichts des seit Jahren anhaltenden Verkaufsbooms der Hausstromspeicher?

Urban Windelen: So eine relativ junge Branche wie wir muss sich natürlich erst finden. Trends sowie Standards müssen sich erst herauskristallisieren und durchsetzen. Selbst wenn bundesweit schon rund 140.000 Stromspeicher installiert sind – so viel ist das noch nicht verglichen mit über 40 Millionen Haushalten in Deutschland.

Der jetzt veröffentlichte zweite Leitfaden ist eine Weiterentwicklung des ersten, neue Parameter sind hineingekommen. Und den ersten Leitfaden haben wir bereits 2017 herausgebracht.

Die Speicherbranche gilt als zukunftsträchtig.

Ja. Jährlich kommen jetzt 40.000 bis 50.000 Hausspeicher hinzu, fast alle im Neubau und noch wenig im Retrofit, also in Nachrüstung oder Modernisierung von Photovoltaik-Anlagen.

Die Hausanlage mit Photovoltaik und Speicher wird zudem immer häufiger sofort mit einer Wärmepumpe kombiniert. Dann habe ich nicht nur Strom, sondern ziehe auch hocheffizient Wärme aus meinem Speichersystem.

Noch steiler ansteigen wird die Zahl der Hausspeicher, wenn die Einspeisevergütung für Photovoltaik-Anlagen auf Hausdächern ausläuft. Der Trend zur Elektromobilität unterstützt das zusätzlich. Da hat man mit einem Speichersystem seine eigene grüne Ladestation zu Hause.

Energiespeicher sind die Schlüsseltechnologie für ein zukunftsfähiges Energiesystem. Neue Produkte und Dienstleistungen orientieren sich an der marktlichen und gesellschaftlichen Notwendigkeit, auf klimafreundliche und flexible Energiesysteme zu setzen. Da spielen überall Speichertechnologien mit. Kein Wunder, dass die Speicherbranche als zukunftsträchtig gilt.

Die erneuerbare Wärme hat jüngst bei Hausheizungen erstmals die fossilen Energieträger überholt.

In vielen Neubaugebieten wird kein Gasrohr und keine Fernwärme mehr verlegt, immer mehr Wohnungen und Häuser werden rein elektrisch und zudem eigenversorgt. Das ist ein wichtiger Punkt, weil damit sektorenübergreifende Energiesysteme in den Haushalten Einzug halten und eine effiziente erneuerbare Rundumversorgung mit Strom, Wärme und Mobilität ermöglicht wird.

Mit einem integrierten Speicher schaffe ich zusätzliche Versorgungssicherheit und kann auch hohe Leistungen bereitstellen, etwa zum Laden des E-Autos. Der Trend geht zu dezentralen, sektorenübergreifenden Lösungen aus Speichern, verbunden mit erneuerbaren Energien und Energiegemeinschaften, die natürlich neben der effizienten und klimafreundlichen Strom- auch eine Wärmeversorgung benötigen.

Die gängige Vorstellung ist: Ein Stromspeicher fürs Haus ist einfach eine große Batterie, die man sich in den Keller stellt.

Porträtaufnahme von Urban Windelen.
Foto: BVES

Urban Windelen

ist seit 2015 Geschäftsführer des Bundesverbandes Energiespeicher (BVES). Der Rechtsanwalt war zuvor bei Organisationen und Unternehmen wie dem Recyclingverband BDE, dem Energiekonzern Shell und dem CDU-Wirtschaftsrat tätig. Hinzu kommt eine langjährige Beratungstätigkeit zu Energie- und Umweltfragen.

Das haben viele gedacht und auch namhafte Unternehmen haben die Aufgabe unterschätzt. So einfach ist es aber nicht. Ein guter Speicher ist ein hochkomplexes Produkt.

Es gab in den Anfangstagen schon etwas forsche Herangehensweisen. Da wurden in Garagen und Hinterhöfen irgendwelche Zellen zu Heimspeichern zusammengeschustert ohne eine passende Grundlage an Standards und Normen. So etwas will wohl niemand mehr im Keller haben.

Derzeit sehen wir im Markt dagegen eine große Professionalisierung und auch einen Konzentrationsprozess. Viele einstige Unternehmen und auch Mitglieder unseres Verbandes gibt es nicht mehr. Das kann man beklagen – uns als Verband ist es aber wichtig, dass qualitativ hochwertige und sichere Produkte angeboten und die Standards und Normen, die wir wie beim Effizienzleitfaden mitentwickeln, dann auch eingehalten werden.

Das war dem BVES immer ein wesentliches Anliegen. Nur auf einem stabilen und qualitätsvollen Fundament kann die Branche auch nachhaltig wachsen. Diese Basis ist heute gelegt und die deutsche Speicherindustrie hat einen guten technologischen Vorsprung im Weltvergleich – gerade bei komplexen Speichersystemen. Das heißt: Zellen, Batteriemanagement und Leistungselektronik sind auf die jeweilige Anwendung abgestimmt.

Ihr Leitfaden, der für die Unternehmen nicht verbindlich ist, stellt vier wesentliche Kriterien für die Qualität eines Stromspeichers auf: Pfadwirkungsgrad, Standby-Verbrauch, Batteriewirkungsgrad und Einschwingzeiten. Was können denn die Käufer damit anfangen?

Adressat des Leitfadens ist nicht primär der Käufer, sondern der Handwerker, der den Speicher ins Haus einbaut. Der kann anhand der Faktoren, die wir entwickelt haben, die Geräte bestimmten Einsatzgebieten zuordnen und dem Kunden sagen, der Speicher ist besser für diese Aufgabe geeignet und jener Speicher für jene.

Es geht nicht darum festzustellen, eine Batterie sei generell besser als eine andere. Der Leitfaden gibt eine Hilfe, um geeignete Produkte zu finden, Systeme zu vergleichen. Und vereinheitlichte Testmethoden werden in der Zukunft auch dafür sorgen, die technische Entwicklung voranzutreiben und vielleicht noch effizienter zu werden.

Aus Sicht der Kunden soll die Hausbatterie doch nur Strom speichern – was kommt da noch?

Zum Beispiel: Wenn man das E-Auto schnell mitladen will, hilft eine höhere Leistung. Wenn ich dagegen nur die Nachttischlampe abends mit Strom versorge, passt ein anderes Speichersystem besser, als wenn es im Haus Stromverbraucher mit Leistungsspitzen und größere Schwankungen gibt.

Hier wollen wir mit dem Leitfaden für Transparenz sorgen. Batterie ist halt nicht Batterie – ein passgenaues Produkt anbieten zu können, hilft dem Handwerk und führt zu zufriedenen Kunden.

Auch ein Auto ist ein komplexes Produkt. Mit den Angaben der Hersteller können die meisten trotzdem etwas anfangen, dafür brauchen sie keinen Leitfaden. Bei Kühlschränken ist seit Langem eine Effizienz-Kennzeichnung Pflicht, an der sich Käufer orientieren können. Warum sollen Stromspeicher nicht ähnlich kundenfreundlich werden?

Sicher geht es in unserer Branche in diese Richtung. Es werden sich bestimmte, für die Kunden wichtige Parameter herausbilden; der jetzige Leitfaden ist ja nicht das Ende der Fahnenstange. Wir werden sehen, wie wir das weiter vereinfachen können.

Die jetzigen Kennwerte sind für den Verbraucher sicher noch ungewohnt. Doch ist ein Batteriespeicher eben nicht mit einem Kühlschrank vergleichbar. Der Kühlschrank hat nur einen Zweck – Lebensmittel über einen Zeitraum zu kühlen. Da kann man leicht ein Energielabel von A bis Z draufkleben.

Ein Speicher ist komplexer, das ist kein Endgerät, sondern ein Werkzeug im sogenannten "Versorgungssystem Haus“. Wie bei einem Kraftwerk – ich benutze den Begriff im Zusammenhang mit Speichern nicht gern – geht es um Strom und Leistung und darum, zu welcher Uhrzeit und wie lange das ein oder andere gebraucht wird. Nach dem Zweck und der Anwendung muss man das "Kraftwerk", das heißt den Speicher, dann auslegen.

Ein Batteriespeicher benötigt zwar für den eigenen Betrieb nicht so viel Strom wie ein konventionelles Kraftwerk, aber fünf bis zehn Prozent der gespeicherten Energie gehen doch verloren. Das ist auch vielen Käufern nicht bewusst.

Klar, die direkte und sofortige Nutzung der erneuerbaren Energie ist der einfachste, effizienteste und beste Fall. Sobald etwas dazwischengeschaltet wird, brockt man sich Verluste bei der Effizienz ein.

Aber ohne diese Verluste bekommt man die Sonnenenergie eben nicht in die Nacht und den Windstrom nicht in die Zeiten der Windflaute. Mit Effizienzwerten von 90 bis 95 Prozent sind Batteriespeicher natürlich konkurrenzlos gut, besonders im Vergleich zu konventioneller Energieerzeugung oder zu Verbrennungsmotoren.

Auch im Vergleich zu dem per Elektrolyse hergestellten grünen Gas?

Batterien sind viel effizienter als Wasserstoff. Dafür haben Wasserstoff und grünes Methan andere und spezifische Vorteile gegenüber Batterien.

Verluste fallen auch bei normalen Kabeln auf den Stromtrassen an. Das summiert sich in Deutschland ordentlich zu einem Übertragungsverlust von sechs Prozent pro 100 Kilometer.

Bei Speichern gibt es für jede Anwendung die passende Technologie. Man muss immer vom Anwendungsfall ausgehen und sich dann unter den vielen Speichertechnologien die richtige heraussuchen. Wenn ich nur Wärmebedarf habe, ist eine Batterie sicher nicht die erste Wahl.

Wenn ich mir jetzt aufs Haus eine Photovoltaikanlage setzen und in den Keller einen Stromspeicher einbauen lasse – was kommt dann in fünfzehn Jahren finanziell heraus: ein rote oder eine schwarze Null?

Zunächst mal ein bestimmt zufriedener Kunde, der die Energiewende selbst in die Hand genommen und effizient vorangebracht hat. Ob es auch finanziell ein gutes Geschäft war, lässt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt wieder von vielen Faktoren ab wie etwa Größe und Nutzung des Systems.

Bei den aktuellen technischen wie auch preislichen Entwicklungen bei Photovoltaik und Speichern gehen wir jedoch deutlich davon aus, dass sich auch ein finanzieller Vorteil durch den Einsatz von Speichern zeigt. Gerade bei der sektorenübergreifenden Nutzung.

Klar ist auch: Mit einem deutlichen CO2-Preis, den wir in Deutschland nun hoffentlich bis Ende des Jahres haben werden, steigt die Attraktivität der Eigenerzeugung mit Speicher enorm. Dazu kommt die ab 2020 nach und nach auslaufende EEG-Förderung. Wenn es keine garantierte Einspeisevergütung mehr gibt, nutze ich den Strom verstärkt selbst – insbesondere mit E-Auto. Dann lohnt sich ein Speichersystem letztlich sehr schnell.

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