Mehrere Wochen später als geplant hatte das Bundeskabinett am Mittwoch das Kohleausstiegsgesetz beschlossen. So viel Zeit wollte sich die AfD-Fraktion im Bundestag offenbar nicht nehmen. Noch am selben Nachmittag legten die Rechten drei Anträge zum Kohleausstieg und zum Strompreis vor.
Nach dem Willen der AfD sollen das Ausstiegsgesetz gestoppt, die Vorschläge der Kohlekommission fallen gelassen und der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien abgeschafft werden.
In der heutigen Bundestagsdebatte zum Gesetz bezeichnete der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré den geplanten Ausstieg aus der Kohleverstromung als "infantile Politik", die "überhastet, impulsgesteuert und ohne Verstand" sei.
In der Vergangenheit hat die Partei wiederholt den Klimawandel infrage gestellt. Aus Sicht des Abgeordneten Kotré gibt es denn auch keinen Grund, die Kohlekraftwerke abzuschalten. Man könne gar nicht wissen, ob der Kohleausstieg wirklich die Temperaturerhöhung bekämpfe, behauptete das AfD-Mitglied und wischte damit grundlegende klimawissenschaftliche Zusammenhänge vom Tisch.
Kotré warnte davor, dass die Stromversorgung in Zukunft nicht gesichert werden könne, wenn man sich nach dem Ausstieg aus der Atomenergie nun von dem "zweiten heimischen Energieträger" verabschiede. Eine schleichende Deindustrialisierung und Wohlstandsverluste seien die Folge.
Abfuhr für AfD auch von bürgerlichen Parteien
Sich an den klimaleugnerischen Positionen der AfD abzuarbeiten, daran hatten die auf Kotré folgenden Redner kein Interesse. Der CDU-Abgeordnete Andreas Lämmel warf der AfD mangelnde Sorgfalt und fehlendes Politikverständnis vor. "Schnelles Arbeiten und inhaltlich gutes Arbeiten sind ein großer Unterschied", sagte Lämmel zu den vorgelegten Anträgen.
So heiße es im AfD-Antrag zur Versorgungssicherheit, der Bundestag solle die Bundesregierung auffordern, den Gesetzentwurf zur Strukturstärkung abzulehnen. "Sie müssten doch eigentlich wissen, dass nur der deutsche Bundestag Gesetze verabschieden kann", sagte Lämmel den AfD-Politikern.
Die Einschätzung teilte auch der SPD-Parlamenterier Bernd Westphal. Er bezeichnete die Anträge als "Sammelsurium", das ungeordnet, nach hinten gewandt und von geringer Qualität sei.
Deutliche Worte fand die FDP-Abgeordnete Sandra Weeser. "Es geht Ihnen gar nicht um die Beschäftigung mit Sachfragen, sie lehnen Klimaschutz grundsätzlich ab." Deshalb leiste die AfD auch keinen sinnvollen Beitrag zur energiepolitischen Diskussion, sagte Weeser.
Zum Ärger der AfD gingen viele Redner inhaltlich nicht auf die Anträge der AfD ein. Die Diskussion sei längst weiter, befand auch der FDP-Politiker Martin Neumann. Bei der Energiewende gehe es nicht um das Ob, sondern um das Wie. Neumann forderte Technologieoffenheit und einen Wettbewerb emissionsarmer Energieträger.
Grüne und Linke kritisieren hohe Entschädigungen
Die Oppositionspolitiker von Grünen und Linken arbeiteten sich an den Regierungsplänen zum Kohleausstieg ab. Aus Sicht des Grünen Oliver Krischer ist der vorgelegte Entwurf zum Kohleausstieg – anders als versprochen – keine Eins-zu-eins-Umsetzung der Empfehlungen der Kohlekommission.
Stattdessen zerstöre die Regierung das Vertrauen der am Kohlekompromiss beteiligten Umweltverbände und verursache durch den späten Kohleausstieg zusätzliche Emissionen von 180 Millionen Tonnen im Vergleich zum Kommissionsvorschlag, sagte Krischer.
Dass eine einzelne Anlage – nämlich der Braunkohletagebau Garzweiler – per Gesetz für energiewirtschaftlich notwendig erklärt werde, sei ein Novum und ein Geschenk an den Kohlekonzern RWE, damit noch weitere Dörfer abgebaggert werden können.
An den vorgesehenen Entschädigungen für die Kohlekonzerne störten sich Krischer und Gesine Lötzsch von der Partei die Linke. Gewinner des Kohleausstiegs seien die Energiekonzerne, denen viel Geld für museumsreife Kraftwerke hinterhergeworfen werde, statt die Mittel für eine schnelle und sozial gerechte Energiewende einzusetzen.
AfD macht kaum eigene Vorschläge
Die Notwendigkeit des Kohleausstiegs erklärte der Lausitzer CDU-Politiker Klaus-Peter Schulze der AfD: "Sie dürfen den Bürgerinnen und Bürgern in den drei Revieren nicht erzählen, dass es mit der Kohle unendlich weitergeht." Über die steigenden CO2-Preise werde die Kohle ohnehin aus dem Markt gedrängt, sagte Schulze.
Mit der Einigung auf den Kohleausstieg werde ein unkontrollierter Strukturbruch verhindert und die Schaffung neuer Arbeitsplätze angeregt. Schulze forderte die AfD auf, "konstruktive Beiträge in der Region" zu leisten.
Dass Anträge der AfD nicht immer den parlamentarischen Anforderungen genügen, hat auch eine Auswertung der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung in Sachsen ergeben. Häufig seien die Anträge knapp gehalten und enthielten Forderungen an andere. Mit eigenen Vorschlägen halte sich die Partei dagegen zurück. Auch den Rechten im Bundestag bescheinigen Politologinnen, dass sie vor allem provozierten und Sachpolitik bei ihnen nicht stattfinde.
Ob auf Landtags- oder Bundestagsebene, befassen müssen sich die anderen Parteien dennoch mit den Anträgen der AfD. Auch die drei Bundestagsanträge zum Kohleausstieg wurden an den zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Energie verwiesen.