Junge Frau sitzt allein mit abgewendetem Blick auf einer Treppe
Große Demos sind zurzeit nicht möglich. Für den Zusammenhalt von Fridays for Future ist das nicht gut, meint Elena Balthesen. (Foto: Quinn Kampschroer/​Pixabay)

Es fällt mir in letzter Zeit schwer, meinen Ärger über klimapolitische Nachrichten richtig rauszulassen oder mich – die Anlässe sind zugegebenermaßen selten – zu freuen. Zum Beispiel nach dem Sieg von Joe Biden über Donald Trump im Präsidentschaftswahlkampf der USA.

Klar, erst mal war ich erleichtert, dass der künftige Präsident der USA zumindest kein Klimaleugner ist. Aber ich habe auch gleich alles wieder negativ gesehen. Auch Bidens Politik wird das Klima nicht retten.

Ein kritischer Blick darauf ist nichts Schlechtes. Fortschritte anzuerkennen aber auch nicht. Dieser Ausgleich ist wichtig für uns als Bewegung – und wir vernachlässigen ihn.

Vor zwei Jahren, als Fridays for Future gerade entstand, war das anders. Es war ein impulsiver, aufbruchsreicher Anfang. Es war noch keine Grundstruktur da, aber die ersten Demos liefen schon, weltweit vernetzt. Eine Jugend steht auf, so habe ich mich gefühlt.

Jetzt stehen wir also. Fridays for Future ist in Deutschland eine etablierte politische Kraft, die maßgeblich Diskussionen prägt. Wir gehören dazu.

Gleichzeitig ist durch Corona das massenhafte Streiken weggefallen. Das ist aber genau die Grundlage, die uns stark gemacht hat und die gerade wegzubrechen droht. Fridays for Future, das sind die hunderten Ortsgruppen, die sowohl lokal als auch überregional Druck machen.

Wir sind doch eigentlich stark

Auch für mich persönlich hat sich das Gefühl verändert, besonders in letzter Zeit. Manchen geht es da anders, von vielen habe ich aber Ähnliches gehört. Wenn wir an verschiedenen Stellen Einfluss nehmen oder coole Aktionen hinbekommen, fühle ich mich empowert und motiviert. Das ist in letzter Zeit aber selten passiert.

Natürlich laufen bei FFF weiter Kampagnen, vor allem online und immer mal wieder kleinere Aktionen auf der Straße – sofern das die gesundheitliche Lage zulässt. Aber die starke Offline-Präsenz fehlt. Einerseits ist sie nach außen eindrucksvoller und andererseits stärkt sie uns als Bewegung, als Gemeinschaft.

Es ist schon länger her, dass ich auf eine Aktion intensiv hingearbeitet habe und danach noch monatelang aus dieser Kraft schöpfen konnte. Die letzte richtige Großdemo war vor einem knappen Jahr, am 29. November 2019. Damals hatte ich das Gefühl, etwas zu bewegen.

Der soziale Kontakt mit anderen Aktivist:innen ist dafür natürlich maßgeblich. Denn politisch ist natürlich trotzdem so gut wie nichts passiert, auch wenn sich die Debatte in der Öffentlichkeit verschoben, der Zuspruch für Klimaschutz erhöht hat.

Elena Balthesen sitzt mit ernstem Blick vor dunklem Hintergrund
Foto: Isabel Mühlhaus

Elena Balthesen

ist 18 Jahre alt und geht in die 13. Klasse einer Waldorf­schule in München. In ihrer Kolumne "Balthesens Aufbruch" macht sie sich auf die Suche nach Wegen für ihre Generation, aus der Klimakrise heraus­zu­kommen. Sie ist bei "Fridays for Future" aktiv.

Wir haben schon früher über die richtige Strategie diskutiert, aber durch Corona liegt die Entscheidung teilweise nicht in unserer Hand. Bei manchen meiner Mitstreiter:innen führt das zu einer Radikalisierung, anderen fehlt die Kraft, weiter aktiv zu sein. Beides verstehe ich sehr gut, auch schwanke immer wieder in eine der beiden Richtungen.

Warum ich noch bei FFF bin? Ich glaube, dass es weiter keine andere Bewegung gibt, die so eine Kraft hat und als Stimme der Jugend beim politischen Geschehen gehört wird. Und auch um andere Gruppen und Organisationen zu stützen, gemäßigte wie radikale, braucht es FFF.

Auch wenn sich jetzt die Frustration breitmacht, weil die politisch Verantwortlichen keine Fortschritte liefern und wir diese nicht lautstark und massenhaft auf der Straße einfordern können: Wir müssen jetzt Wege finden, über diesen Berg zu kommen.

Auf der positiven Seite: Viele Aktivist:innen haben in den letzten Jahre unglaublich viel geleistet und gelernt. Die Bewegung bietet vielen jungen Menschen einen Einstieg in den Aktivismus. Auch meine Politisierung hat vor knapp zwei Jahren hier angefangen.

Jede Bewegung erlebt Durststrecken. Wir müssen den Coronawinter überstehen. Dann haben wir die Möglichkeit, wieder groß zu werden. Solange heißt es: dranbleiben und Aktionen machen, wo es geht und verantwortungsvoll ist.

Und wenn man eine Pause braucht, ist es gut die sich zu nehmen – und momentan mehr als verständlich. Wir müssen nachhaltig mit unseren Ressourcen umgehen, auch mit den aktivistischen.

Zurzeit sieht man es vielleicht weniger beim Freitagsstreik als im Dannenröder Wald: Die Klimabewegung ist kraftvoll. Das dürfen wir nicht vergessen.

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