Einige Polizisten stehen einer Menschenkette aus Vermummten gegenüber, weiter hinten ist ein Tripod zu sehen.
Die nordrhein-westfälische Polizei hat Kräfte in Lützerath zusammengezogen, um das besetzte Dorf zu räumen. (Foto: Lützerath Lebt)

Am gestrigen Montag waren offenbar auch Journalist:innen zeitweise nicht mehr nach Lützerath durchgekommen. Selbst mit einem Presseausweis sei ihr das nicht gelungen, hatte die Zeit-Autorin Laura Cwiertina getwittert. Fast eine Stunde werde sie schon vom Berichten aus dem besetzten Ort im Rheinischen Braunkohlerevier abgehalten.

Heute, am Dienstag, stellte sich die Lage in dem von der Kohle bedrohten Dorf nur wenig anders dar. Für Unterstützer:innen sei Lützerath nach wie vor frei zugänglich, erklärt Bente Opitz, Sprecherin der Initiative "Lützerath Lebt", auf Nachfrage. Journalist:innen müssten sich dagegen bei der Polizei akkreditieren und würden dann an den Ortsrand gebracht – per Shuttle. Der verkehre zwischen 8 und 17 Uhr.

Gegenwärtig seien 200 bis 300 Aktivist:innen vor Ort, so Opitz weiter. Es gebe einen stetigen Zustrom, jeden Tag kämen neue Menschen dazu.

Das Aktionsbündnis fordert einen sofortigen Kohleausstieg und starke Maßnahmen gegen die Klimakrise, wie Opitz gegenüber Klimareporter° erläutert. Das bedeute, dass die Kohle unter Lützerath nicht mehr verbrannt werden darf.

Die Polizei hat damit begonnen, die einzige Straße freizuräumen, über die man noch nach Lützerath kommen kann. Es gehe darum, die Logistik für die geplante Räumung vorzubereiten, sagte ein Polizeisprecher gegenüber der Agentur Reuters. Das sei aber noch nicht der Beginn der Räumung.

Sprecherin Opitz kritisiert den Einsatz der Polizei als unverhältnismäßig. Mehrfach hätten Polizeikräfte die Ortsgrenze von Lützerath überschritten. Am Montag seien auch zwei "Strukturen", die zum Dorf gehörten, geräumt worden. Dies seien "klare Provokationen" durch die Polizei.

Grünen-Ministerin verteidigt RWE-Deal

Ein Abrissmoratorium für Lützerath forderte heute erneut die Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger von den Grünen. Für den sozialen Frieden in der Region wäre es sehr wichtig, dass diese Räumung nicht stattfindet, sagte die ehemalige Anti-Kohle-Aktivistin im Deutschlandfunk.

Sie habe sich stets für den Erhalt aller Dörfer eingesetzt, so Henneberger. Es sei auch gelungen, im Rheinland fünf Orte und die Höfe zu retten. Aber man komme immer wieder an Punkte, wo entweder die Gesetzeslage – etwa das Bergrecht – die Klimakrise nicht kenne oder wo die Macht der fossilen Industrie noch sehr groß sei.

Hier sehe sie es als ihre Aufgabe, für Gesetzesänderungen zu streiten und sich der fossilen Industrie entgegenzustellen, sagte Henneberger. Sie ist nach eigenen Worten als parlamentarische Beobachterin vor Ort.

Die nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) verteidigte am Dienstag den geplanten Braunkohleabbau unter Lützerath. Dieser sei notwendig, um ausreichend Energie "für die Menschen, für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen und in Deutschland" zu produzieren, sagte Neubaur in einem Radiointerview mit Bayern 2. Deswegen führe "leider" kein Weg daran vorbei, Lützerath zu räumen.

Natürlich sei die Verbrennung von Braunkohle kein Klimaschutz, räumte Neubaur ein. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass durch den im Oktober verkündeten Deal mit RWE der Braunkohleausstieg in Nordrhein-Westfalen um acht Jahre vorgezogen worden sei.

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