Jens Mühlhaus. (Foto: Dominik Parzinger)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Kuratoriums erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Jens Mühlhaus, Vorstand beim unabhängigen Ökostrom-Anbieter Green City AG.

Klimareporter°: Herr Mühlhaus, am Freitag fand der erste bundesweite Schülerstreik fürs Klima statt. Beginnt eine neue Umweltbewegung?

Jens Mühlhaus: Greta Thunberg, die 16-jährige Schülerin aus Stockholm und Initiatorin dieser Bewegung, hat einige der stärksten Sätze der globalen Umweltbewegung geprägt, die ich je gehört habe:

"Es heißt, ich sollte in die Schule gehen. Aber warum soll ein junger Mensch für die Zukunft lernen, wenn niemand genug tut, um diese Zukunft zu bewahren? Was nützt es, Wissen zu erwerben, wenn die wichtigsten Erkenntnisse der besten Wissenschaftler von unseren Politikern ignoriert werden?"

Sie trifft damit nicht nur inhaltlich den Punkt, sondern drückt auch das Unbehagen und die Ungeduld einer ganzen Generation aus. Wir haben es ganz sicher mit einer neuen, aber auch einer ganz anderen Umweltbewegung zu tun. Die Diskussion um den Klimawandel hat die Achillesferse unserer Gesellschaft erreicht – die Kinder und Jugendlichen.

Bewundernswert und ergreifend zugleich, wie tausende Schülerinnen und Schüler diesen Freitag auf die Straße gegangen sind. Es trifft einen ins Mark, mit welcher Präzision und Abgeklärtheit sie den Klimaproblemen begegnen. Die Wirkung ihrer Sprechchöre und Plakate ist enorm. Da müsste es eigentlich auch dem überzeugtesten Klimawandelleugner kalt den Rücken runterlaufen.

Die mediale Aufmerksamkeit ist der "Fridays for future"-Bewegung schon sicher. Jetzt heißt es, dran zu bleiben. Und nicht vom Kurs abbringen lassen. Auch wenn in Bayern bereits wieder an die Schulpflicht appelliert wird.

Erinnert euch an Gretas Klarheit! Wir steuern auf eine globale Katastrophe zu, von der meine Generation nur die Anfänge mitbekommt. Die, die jetzt auf die Straße gehen, müssen heutige energiepolitische Fehlentscheidungen ausbaden. Wenn nicht sie die Politik wachrütteln können, wer dann?

Die Renewables Grid Initiative bringt Netzbetreiber, Bürger und Umweltorganisationen ins Gespräch, um die Energiewende voranzutreiben. Wie können so unterschiedliche Akteure zusammenkommen?

Diskussionen um den Netzausbau ähneln denen, die wir beim Bau unserer Windparks erleben. Die Transformation des Energiesektors bringt Spannungen mit sich, auf die man reagieren und die man ernst nehmen muss. Nur durch partizipative Ansätze, Einbindung von Bürgern, Kommunen, Umweltorganisationen und Co können wir hier Verständnis und Akzeptanz schaffen. Das kann monetärer Art, aber auch rein informativ sein.

Der Ausbau der Erneuerbaren birgt so viel Potenzial für Panikmache, Populismus und Fake News, dass die reine Aufklärung schon ein Schritt in die richtige Richtung ist. Hier braucht es Grundsatzarbeit. Welcher Verbraucher weiß schon, unter welchen Bedingungen und Regularien Stromtrassen oder Windparks entstehen? Transparenz, Augenhöhe und Aufgeschlossenheit sind im Dialog unerlässlich. Die globalen und nationalen Klimaziele schaffen wir nur gemeinsam. Das muss jedem bewusst sein.

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Bei Green City haben wir in dieser Woche unsere repräsentative Untersuchung unter Privatanlegern in Bezug auf die Attraktivität von erneuerbaren Energien ausgewertet. 60 Prozent der Bundesbürger sehen demnach in der Förderung der Erneuerbaren einen zentralen Baustein des Klimaschutzes. 30 Prozent halten ein direktes Investment beim Anlagen-Bauer für attraktiv.

Überraschend: Nur sechs Prozent haben auch tatsächlich investiert. Vielen ist noch immer nicht bewusst, welchen Hebel jeder einzelne umlegen kann. Mit nur kleinen Beiträgen können große Klimavorhaben in die Tat umgesetzt werden.

Fragen: Friederike Meier

Der Beitrag wurde am 21. Januar korrigiert: Greta Thunberg ist 16 statt 15 Jahre alt.

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