Greta Thunberg lächelt hinter einer Ansammlung von Mikrofonen.
"Ihr redet von grünem Wirtschaftswachstum, statt die Notbremse zu ziehen", sagt Greta Thunberg. Die 16-jährige Schülerin – hier bei einer Pressekonferenz in Brüssel – fordert einen Systemwandel. (Foto: Screenshot/​Cykel pendlare/​Youtube)

Eines Tages entschied sich eine junge Schwedin, vegan zu leben und auf Flugreisen zu verzichten. Sie überredete hierzu erfolgreich auch ihre Familie. Das sollte ihr Beitrag zum Klimaschutz sein. Das reiche jedoch nicht aus, um unseren Planeten zu schützen, meinte sie. Daher beschloss das junge Mädchen am 20. August 2018 den ersten Ein-Kind-Klimastreik zu organisieren. Anfangs plante sie, nur bis zur Parlamentswahl in Schweden zu streiken, aber letzten Endes ging ihr Streik über mehrere Monate und dauert bis heute.

Greta Thunberg begann ihre Klimastreiks in Schweden, aber ihr Appell an Regierungen und Unternehmen, die Treibhausgasemissionen zu senken und die Klimakrise abzuwenden, überschritt die Landesgrenzen und erreichte fast jede Ecke der Welt. Gretas Initiative erlangte weltweite Aufmerksamkeit. Sie wurde sogar eingeladen, auf der Weltklimakonferenz in Katowice in Polen eine Rede zu halten.

Ihr Beispiel inspiriert und macht Mut

Seitdem inspiriert sie Schüler und Studierende aus der ganzen Welt, Klimastreiks zu organisieren. Allein im Dezember 2018 gingen etwa 20.000 junge Menschen in mindestens 270 Städten auf die Straße, darunter auch in Deutschland.

Heute werden in mehr als 90 Ländern tausende Menschen auf die Straße sein und sich an über 1.200 Klimastreiks beteiligen. Das ist Gretas Beitrag zum Klimaschutz. Beeindruckend, oder?

Das macht mir als klimapolitischer Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen Mut, im Bundestag weiter und noch stärker für ambitionierte Klimaziele zu kämpfen. Denn ich weiß, dass die Botschaft der Grünen in der Gesellschaft angekommen ist: Ohne entsprechenden Klimaschutz und mit einer "Klimapolitik" der Groko, die dazu führt, dass die eigenen Klimaziele, die ja ohnehin zu niedrig gesetzt sind, verfehlt werden, werden wir die künftigen Generationen nicht nur enttäuschen, sondern auch effektiv zum Weltuntergang beitragen. 

Frauen stärker von der Klimakrise betroffen

Frauen sind global bekanntermaßen stärker von der Klimakrise betroffen als Männer – das ist ja kein Geheimnis. Daher ist es umso wichtiger, dass in der gesellschaftlichen Debatte um den Klimaschutz Frauen wie Greta Thunberg und Luisa Neubauer ganz vorn stehen. Denn die Frauenperspektive kann und darf nicht fehlen, wenn es darum geht, Klimagerechtigkeit herzustellen. Eine feministische Klimapolitik würde uns näher an dieses Ziel bringen.

Lisa Badum
Foto: Stefan Kaminski

Zur Person

Lisa Badum ist klimapolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag. Die langjährige Bürgerenergie­politikerin ist zudem im Bezirksvorstand der Grünen Oberfranken und als Kreisrätin in Forchheim tätig.

Ich finde es sehr bemerkenswert, dass ausgerechnet diese Frauen die wichtigen Stimmen dieser Klimabewegung sind, und ich finde es klasse, dass ihre männlichen Mitstreiter, wie Jakob Blasel in Deutschland, an ihrer Seite stehen und sie tatkräftig unterstützen. Damit kämpfen wir gemeinsam gegen ein Rollenbild von Mädchen und Frauen – "sie" als passives und zurückhaltendes Geschlecht –, das leider noch tief in unserer Gesellschaft verankert ist.

Klimaaktivistinnen wie Greta Thunberg, Luisa Neubauer, Kathrin Henneberger und viele andere junge Frauen und sogar ich als Sprecherin für Klimapolitik im Bundestag haben in den letzten Monaten eine Reihe von Hass-Kommentaren erhalten. Umweltministerin Svenja Schulze wird von ihren Kabinettskollegen in ihrem Bemühen, ein wirksames Klimaschutzgesetz zu verabschieden, ausgebremst und findet wenig Unterstützung. 

Angst vor den unbequemen Themen

Meine These ist aber: Das alles heißt, wir setzen uns für die richtige Sache ein. Sie haben Angst vor uns, weil wir die unbequemen Themen ansprechen, uns gegenseitig unterstützen, mit Klischees über Frauen brechen. Deswegen dürfen wir nicht aufgeben. Für uns, für künftige Generationen, für unsere Welt.

Dies ist jedoch nicht der eigentliche Grund, warum ich Greta Thunberg Ende Januar ausgerechnet für den Friedensnobelpreis nominiert habe. Viele Bürger und Bürgerinnen fragten mich, was Gretas Engagement mit dem Frieden auf der Welt zu tun hat. Die Nominierung ist ja bei einigen – vor allem bei Klimaleugnern – auf Unverständnis gestoßen. Wer jedoch den Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Frieden nicht sieht, dem ist anscheinend nicht bewusst, welche Folgen die Klimakrise mit sich bringt.

Die menschengemachte Klimakrise gefährdet nicht nur die Natur, Tierwelt, lebenswichtige Ressourcen wie Wasser und fruchtbare Böden oder unsere Gesundheit. Sie verschärft auch bestehende Konflikte und ruft neue – auch grenzüberschreitende – Konflikte hervor. Ernährungskrisen und Ausbrüche von Epidemien werden wahrscheinlicher, was in der Konsequenz zu verstärkter Klimaflucht und -migration führen wird.

Klimakrise bedroht Sicherheit und Stabilität

Deshalb bedroht die Klimakrise die internationale Sicherheit, Frieden und Stabilität. Zuletzt haben darauf erneut auch die "Scientists for Future" bei ihrem gemeinsamen Auftritt mit "Fridays for Future" in dieser Woche in Berlin hingewiesen. Die Lage, in der wir uns befinden, ist also mehr als ernst und sollte schon Grund genug sein, endlich mit einer ernsthaften, krisen- und konfliktpräventiven Klimapolitik zu beginnen.

Greta Thunberg wirbt somit nicht nur für einen effektiven Klimaschutz, sondern setzt sich gleichzeitig für Frieden in allen Teilen dieser Erde ein. Sie hat diesen Zusammenhang begriffen und kämpft für eine konfliktfreie Welt.

Die weitgehenden Folgen der Klimakrise hat anscheinend auch das Auswärtige Amt endlich erkannt. Heiko Maas will "Klimaschutz und Sicherheit" im UN-Sicherheitsrat zu einem seiner Schwerpunktthemen machen. Die internationale Staatengemeinschaft sollte von der globalen Klimabewegung lernen, wie eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Kampf gegen die Klimakrise aussehen kann.

Ich frage mich nun, welche Konsequenzen sich daraus für die deutsche Klimapolitik ergeben werden. Wie wird nun die Zusammenarbeit zwischen Bundesumweltministerium und Auswärtigen Amt verlaufen? Das sind einige der Fragen, die ich mit meinen Fraktionskollegen an die Bundesregierung richten werde.

Eine Botschafterin für Klimaschutz und Frieden

Bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen im November 2018 habe ich einen Antrag auf Aufnahme des Klimapasses in das Europawahlprogramm der Grünen gestellt. Die Forderung nach einem Klimapass soll zu einer Diskussion darüber führen, was es bedeutet, wenn wir der Klimakrise nicht Einhalt gebieten.

Greta Thunberg und Tausende junge Menschen, die ihrem Beispiel folgen, sehen sich das an und gehen nicht deshalb auf die Straße, weil sie nur saubere Luft und den Erhalt der Wälder fordern. Sondern, weil sie zu Recht Angst haben, dass künftig die ganze Erde kein lebensfähiger Planet mehr sein wird. Dann werden wir alle zu Klimaflüchtlingen. Auf uns wird aber kein Aufnahmeplanet warten, weil es keinen Planeten B gibt.

Die junge Schwedin redet nicht nur vom Klimaschutz, sie setzt sich auch tatkräftig und tagtäglich dafür ein. Für mich ist sie in den letzten Monaten zur Botschafterin für Klimaschutz und Frieden geworden.

Wir sollten sie im Kampf gegen die Klimakrise und für Frieden nicht im Stich lassen und sie als Erwachsene nicht enttäuschen. Greta wendet sich an uns – zusammen mit vielen anderen jungen Menschen –, weil sie die Hoffnung hat, dass wir die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch erreichen können. Lasst uns Helden unserer Kinder und künftiger Generationen sein, um ihnen später nicht ohne Stolz erzählen zu können, wie wir doch noch die Kurve gekriegt, und die Welt gerettet haben.

Das ist unsere letzte Chance, bevor die Erde in Konflikten versinkt.

Ja, das ist ein emotionaler Appell an Sie, an dich, an die Bundesregierung, an meine Kolleginnen und Kollegen im Bundestag. Ich nehme die Jugendlichen auf der Straße ernst und möchte ihr "Politician for Future" sein. Und du?

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