Viele leere Sektgläser auf einem Tisch
Sekt für alle statt Champagner für wenige fordern die Aktivistinnen und Aktivisten. (Foto: Couleur/​Pixabay)

Am Freitagabend ist der Hörsaal C1 der Universität in Wien gefüllt mit ein paar Hundert Klimaaktivist:innen. Sie sind zum Auftakt der "Power to the People Conference" zusammengekommen, die dieses Wochenende als Alternativprogramm zur Europäischen Gas-Konferenz stattgefunden hat.

Es ist derselbe Hörsaal, der von der Bewegung "Erde brennt – Uni besetzen!" im Dezember vier Wochen lang besetzt war. Banner und Plakate hängen an den Wänden, der Ort ist wieder ein Ort der Klimabewegung.

Während im Dezember größtenteils Studierende im Hörsaal Programm gemacht haben, wird die Gegenkonferenz von einem breiten Bündnis organisiert.

Mit dabei sind Attac, die österreichische Klimagerechtigkeitsgruppe "System Change Not Climate Change", die bereits in der Lobau Blockaden gegen eine geplante Autobahn organisierte, und das Bündnis "Zwangsräumungen verhindern". Auch feministische Gruppen aus Wien und die kurdische Initiative "Rise up for Rojava" sind dabei.

Die "Power to the People Conference" möchte "Alternativen entfachen", um der fossilen Lobby entgegenzutreten. Hier soll es um echte Lösungen gehen, die Energieversorgung soll endlich "in die Hände der vielen" geholt werden.

Sekt für alle!

Am Freitag gibt es zum Auftakt Impulse von internationalen Gästen: "Don't Gas Africa", eine afrikaweite Kampagne gegen neokoloniale Gasprojekte und gegen Fracking, eine besonders klima- und umweltschädliche Methode der Gasförderung, wird vorgestellt.

Es geht um die Frauenrevolution und ökologische Projekte in Rojava und um Obdachlosigkeit. Die britische Initiative Don't Pay UK" erklärt, wie sie Menschen davon überzeugen will, ihre Gasrechnungen nicht zu bezahlen.

Es ist ziemlich viel Input, das Programm für das Wochenende voll, die Stimmung etwas zwischen wütend, aufgeregt und motiviert.

Nach dem Panel gibt es Abendessen und ein Chorkonzert. "Sekt für alle statt Champagner für wenige!", steht auf einem Plakat.

Champagner der Lobbyist:innen

Ein Galadinner steht dafür auf dem Programm der Europäischen Gas-Konferenz, die seit 15 Jahren jährlich in Wien stattfindet. Auf Einladung des österreichischen Energiekonzerns OMV treffen sich europäische Politiker:innen, Lobbyist:innen und CEOs globaler fossiler Unternehmen wie Uniper, Total und RWE in Wien.

Tickets für das dreitägige Event kosten bis zu über 5.000 Euro pro Teilnehmer:in. Als Sponsoren treten unter anderem der Mineralölgigant BP sowie die Raiffeisenbank und die Investmentfirma Blackrock auf.

Trotz der Bedeutung des Treffens steht darüber kaum etwas in den Medien. Dafür geben die Lobbyist:innen auch alles. Teilweise wurden Medienvertreter:innen kurz vor der Konferenz wieder ausgeladen, der Andrang sei zu groß, so die Organisator:innen. Die Konferenz wirbt sogar damit, "100 private Meetings" zu veranstalten.

Dabei werden bei dem dreitägigen Event neue fossile Gasprojekte ausgehandelt, unter anderem die Trans Adriatic Pipeline, eine neue Pipeline durch Griechenland und Italien, gegen die Anwohner:innen bereits protestieren. Auch neue LNG-Terminals sollen geplant werden.

Scheinlösung Gas

Dabei ist schon länger wissenschaftlicher Konsens: Erdgas als "Brückentechnologie" oder vermeintlich "grüne Lösung" funktioniert nicht. Stattdessen schaffen langfristige Verträge und neue Gasprojekte Abhängigkeiten und einen "fossilen Lock-in" – denn beispielsweise für neue LNG-Terminals werden langfristige Lieferverträge unterschrieben und neue Terminals rentieren sich oft erst nach Jahrzehnten des Betriebs.

Auf der Gas-Konferenz wollen sich die Chefs der fossilen Giganten und Politiker:innen am Mittwoch abschließend mit Wasserstoff beschäftigen und so dem Treffen auch einen grünen Anstrich geben. Ja, Wasserstoff kann "grün" sein, aber dafür muss er mit Ökostrom hergestellt werden und der Energieverbrauch muss insgesamt sinken.

Für die Klimaaktivist:innen sind das alles scheinheilige Versuche, klimafreundlicher zu wirken. Zumal die Frage der sozialen Gerechtigkeit erst gar nicht gestellt wird.

Energieversorgung soll bezahlbar werden, die Grundversorgung gesichert sein, heißt es auf der Website der "Power to the People Conference". "Die großen Öl- und Gaskonzerne haben alle im letzten Jahr Rekordgewinne gemacht, mit explodierenden Preisen, die viele Menschen in Energiearmut trieben. Sie alle verletzen Menschenrechte für ihren Profit", sagt Anselm Schindler von Block Gas, dem Bündnis, das sich für die Proteste gegen die Gaskonferenz gebildet hat.

Block Gas ist vor allem eine Allianz von Klimabewegungen und linken Gruppierungen aus Wien. Mit dabei sind auch die "Gastivists", die in Polen, Rumänien, Italien und Griechenland gegen Erdgasprojekte protestieren.

Privatjets blockieren

Es geht auch um die Verteilungsfrage in der Klimakrise: Wer emittiert wie viele Treibhausgase und wer kann sich in der Energiekrise eine warme Wohnung leisten?

Rund 40 Menschen haben am Sonntagmorgen den Zugang zum Privatjet-Terminal am Flughafen Wien blockiert, um die Gäste der Gas-Konferenz zu begrüßen. "Kalte Wohnung, Kühlschrank leer, ihr fliegt mit dem Privatjet her?!", steht auf einem Banner.

"Während hier jeden Tag die Privatjets ankommen, wird uns eingeredet, wir sollen kalt duschen und Energie sparen", kritisiert Block Gas über Twitter.

Weitere Aktionen des zivilen Ungehorsams werden für die nächsten Tage erwartet, am Dienstag soll es eine Großdemo geben. Die Klimagerechtigkeitsbewegung sagt der Gaslobby den Kampf an.

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