Rinder tragen nicht nur durch das Methan aus ihren Mägen zum Klimawandel bei. Auch durch den Anbau von Viehfutter wie Soja werden Treibhausgase verursacht. (Foto: Fred Lehmann/​Pixabay)

Nicht nur der Verkehr ist ein Sorgenkind des Klimaschutzes. Auch in der Landwirtschaft verharren die Treibhausgasemissionen bereits seit Jahren auf hohem Niveau. Das von der Bundesregierung für den Sektor aufgestellte Emissionslimit für das Zieljahr 2030 ist nach einer neuen Studie des Öko-Instituts mit den bisher vom Landwirtschaftsministerium geplanten Maßnahmen nicht zu schaffen.

Die Experten halten vor allem eine deutliche Absenkung der Tierbestände für notwendig, um in die Spur zu kommen. In Auftrag gegeben wurde die Studie von der Klima-Allianz Deutschland, einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis.

Seit dem Klimaschutz-Basisjahr 1990 sind die Treibhausgas-Emissionen im Agrarsektor nur um rund 18 Prozent zurückgegangen, während das gemeinsame Ziel für alle Bereiche bis 2020 bei minus 40 Prozent liegt. Vor allem seit 2000 gab es kaum noch Fortschritte.

Der Klimaschutzplan der Bundesregierung sieht nun für die Landwirtschaft vor, die Agrar-Emissionen von rund 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent im vergangenen Jahr (vorläufige Schätzung des Umweltbundesamtes) auf 58 bis 61 Millionen Tonnen im Jahr 2030 zu senken, also um mindestens neun Millionen Tonnen. Bei den CO2-Äquivalenten werden andere Klimagase wie Methan und Lachgas auf die Treibhauswirkung von Kohlendioxid umgerechnet. 

Verbände bezweifeln, dass Regierungsmaßnahmen ausreichen

Das Bundeslandwirtschaftsministerium setzt in seinen Vorschlägen zur Einhaltung des 2030-Ziels vor allem auf zwei Instrumente, nämlich die Durchsetzung der verschärften Vorgaben der Düngeverordnung von 2017 sowie die Vergärung von Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen.

Beide Maßnahmen führen zu sinkenden Emissionen, vor allem, weil sich dann in den Böden durch verringerte Düngung weniger Lachgas bildet. Zudem würde dank der Vergärung von mehr Gülle in Biogasanlagen weniger Methan freigesetzt.

Die Einspareffekte hat das Ministerium nach Ansicht der Klima-Allianz jedoch deutlich zu hoch angesetzt. Statt 3,5 Millionen Tonnen bringe die Düngeverordnung bis 2030 tatsächlich nur zwei Millionen, und auch die geplanten vier Millionen Tonnen beim Biogas seien nicht zu leisten.

Dafür müssten künftig 70 Prozent des gesamten Aufkommens an Gülle und Mist in Biogasanlagen landen statt heute nur 17 Prozent. Eine solche Strategie verschlinge Millionen Euro an Fördermitteln und führe dazu, dass Gülle künftig über Hunderte Kilometer zu den bestehenden Biogasanlagen transportieren werden müssten, kritisiert das Bündnis.

Die Klima-Allianz hält es für zwingend, die Viehhaltung herunterzufahren, die laut der Untersuchung inklusive der Futterproduktion rund 70 Prozent aller Agrar-Emissionen verantwortlich ist. Nur mit einer "Abstockung der Tierbestände" könnten die Klimaziele in der Landwirtschaft erreicht werden.

Fleisch- und Milchexport als Treiber

Der Bio-Anbauverband Bioland monierte in dem Zusammenhang, dass Ministerin Julia Klöckner (CDU) "diese Option kategorisch ausschließt". Laut der Vegetariervereinigung Proveg brächte bereits eine Reduktion des Konsums von Fleisch- und Milchprodukten um ein Viertel eine Einsparung von 7,8 Millionen Tonnen Jahresemissionen.

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch erinnerte daran, dass die Tierbestände in Deutschland in den letzten Jahren vor allem wegen steigender Exporte von Fleisch- und Milchprodukten angestiegen sind. Es sei daher wichtig, nicht nur den inländischen Fleischkonsum weiter zu verringern, sondern auch die Exportmengen zu reduzieren und Maßnahmen zu ergreifen, damit weniger von diesen Lebensmitteln weggeworfen werden. Bioland, Proveg und Germanwatch sind Mitglieder der Klima-Allianz.

Germanwatch-Experte Tobias Reichert forderte unter Bezug auf die Studie des Öko-Instituts: Statt "Schönrechnerei" des Ministeriums seien realistische Maßnahmen zur Absenkung der Dünge-Überschüsse auf den Feldern von heute 98 auf 50 Kilogramm Stickstoff pro Hektar nötig. "Wichtigster Hebel ist auch hier die deutliche Reduktion der Tierbestände, insbesondere in den viehstarken Gebieten."

Diese Maßnahmen sollen flankiert werden durch mehr Ökolandbau, Anbau von Leguminosen wie Ackerbohnen oder Lupinen, die Stickstoff im Boden binden, sowie die Einführung einer Stickstoffabgabe.

Auch der Ernte-Einbruch wirkte emissionsmindernd

Eine großes Problem stellt die Intensiv-Viehhaltung auch wegen der Belastung des Trinkwassers durch die immensen Güllefrachten dar. In Deutschland wird vielerorts wegen der Überdüngung mit Gülle der Grenzwert für Nitrat im Wasser überschritten. Eine verringerte Viehhaltung könnte also sowohl das CO2- als auch das Grundwasserproblem entspannen.

Immerhin: Laut der aktuellen Schätzung des Umweltbundesamts (UBA) sind die Emissionen der Landwirtschaft im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken – als Grund nennt das Amt neben dem geringeren Einsatz von Mineraldünger auch abnehmende Tierzahlen.

"Die Grundproblematik bleibt gleich, denn ein Jahr ist noch kein Trend", sagt hingegen Gerald Wehde von Bioland. Er betont, dass die Tierbestände strategisch gesenkt werden müssen.

Schließlich hat laut dem UBA auch der Klimawandel selbst dafür gesorgt, dass die Emissionen gesunken sind: Auch die Ernteausfälle aufgrund des Hitzesommers wirkten emissionsmindernd.

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