Der "Klima-angepasste Mischwald" dient als Leitbild für die Zukunft. In ihrer am heutigen Dienstag veröffentlichten Waldstrategie 2050 hat Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) dargelegt, dass die Wiederaufforstung mit Nadelbäumen nur dort geplant sei, wo Laubbäume nicht wachsen.
Das bereits begonnene Waldumbauprogramm im Umfang von 1,5 Milliarden Euro soll in der kommenden Regierungsperiode fortgeführt werden. Weitere konkrete Zahlen dazu nannte Klöckner allerdings nicht.
Vor allem die starke Trockenheit und in der Folge der Borkenkäfer haben knapp drei Prozent der hiesigen Wälder schwer beschädigt. Vor diesem Hintergrund ergriff die CDU-Politikerin die Gelegenheit, sich kurz vor der Bundestagswahl noch einmal in Position zu bringen. Wenn die Union es in die neue Regierung schafft, hat Klöckner gute Chancen auf vier weitere Jahre als Ministerin.
Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD fand den Auftritt ganz und gar nicht amüsant. Sie warf Klöckner vor, gegen den Koalitionsvertrag zu verstoßen, der eine "gemeinsame Waldstrategie" vorsehe. Ein wenig wirkt Klöckners Waldstrategie auch als eine Art Retourkutsche gegen die Umweltministerin. Diese hatte vor Wochenfrist im Alleingang eine nationale Moorschutzstrategie vorgelegt, obwohl Klöckner die Zustimmung verweigert hatte.
Inhaltlich betonte Schulze: "Wälder sind mehr als Holzfabriken, sie spielen eine entscheidende Rolle für den Klimaschutz und die Bewahrung der Artenvielfalt." Klöckner konterte: Sie leite das in dieser Sache "federführende Ministerium". Außerdem sei es nicht schneller gegangen, weil die EU sich mit ihren Plänen zum Wald verspätet habe. Vor der Wahl habe sie aber noch eine "Grundlage" für die nächste Regierung schaffen wollen.
"Klöckner schützt die Forstlobby"
Auch der Umweltverband BUND kritisierte, nicht ausreichend beteiligt worden zu sein. "Agrarministerin Klöckner schützt die kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen der Forst- und Holzlobby statt den Wald." Der Verband fordert eine "ökologische Waldwende", darunter die Ausweisung von Naturwäldern ohne forstliche Nutzung auf mindestens zehn Prozent der Waldfläche.
Auf den ersten Blick mutet es fragwürdig an, wenn die Ministerin sich einerseits für klimaresiliente Wälder einsetzt, andererseits aber den Anteil von Holz beim Wohnungsbau "auf 30 Prozent anheben" will.
Ökologisch intakte Forsten und die wirtschaftliche Nutzung von Holz müssten kein Widerspruch sein, sagte Andreas Bolte, Chef des staatlichen Thünen-Instituts, bei der Präsentation der Waldstrategie. Hinsichtlich des Klimawandels erfülle der hiesige Wald drei Funktionen: Erstens binde er große Mengen CO2, zweitens verursache Bauholz aus Deutschland weniger Klimaschäden, als wenn es über weite Strecken herantransportiert würde. Und drittens ersetze Holz beispielsweise Zement, bei dessen Produktion viel mehr Kohlendioxid entstehe.
Für die Aufforstung der beschädigten und den Umbau der bestehenden Wälder plädierte Bolte dafür, die "Optionen zu weiten". Beispielsweise seien die hiesigen Buchenarten nicht unbedingt am besten geeignet, wenn sich der Klimawandel in den nächsten Jahrzehnten noch stärker bemerkbar mache. Infrage kämen dann auch ausländische Arten, etwa die Ungarische Eiche.