
Trifluoressigsäure (TFA) ist eine Chemikalie, die kaum jemand kennt. Der Stoff gehört zu den sogenannten Ewigkeitschemikalien, die in der Umwelt kaum abgebaut werden. Das Problem: TFA gelangt zunehmend in Flüsse, Seen und auch ins Trinkwasser, und sie wurde etwa in Wein festgestellt.
Die Bundesstelle für Chemikalien (BfC) hat den Stoff nun offiziell als fortpflanzungsgefährdend sowie als sehr langlebig und mobil bewertet und ein entsprechendes Einstufungsdossier bei der Europäischen Chemikalienagentur Echa eingereicht. Umweltorganisationen begrüßen den Vorstoß und fordern schnelle politische Konsequenzen.
Die Ewigkeitschemikalien werden in vielen Produkten eingesetzt, von To-go-Kaffeebechern über Outdoorkleidung bis zu diverser Energiewende-Technik. Sie stehen seit Jahren unter kritischer Beobachtung. Chemisch handelt es sich um per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS).
Auch TFA wird regelmäßig in fast allen deutschen Gewässern nachgewiesen, wobei die Konzentrationen seit dem ersten Auftreten 2016 ansteigen. Der Stoff wird als Industriechemikalie genutzt, ist aber auch ein Abbauprodukt von anderen Chemikalien.
So baut sich eine Reihe Pestizide nach ihrer Anwendung in der Landwirtschaft zu TFA ab. Dasselbe gilt für das fluorierte Kältemittel R1234yf, das inzwischen in den meisten Auto-Klimaanlagen genutzt wird und daher in sehr großen Mengen im Umlauf ist. Es kann bei der Befüllung, durch Leckagen oder Unfälle in die Umwelt gelangen.
Hohe TFA-Konzentrationen in Weinen gefunden
Die Chemikalien-Bundesstelle hat die neue Bewertung zusammen mit dem Umweltbundesamt und dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) erarbeitet. Danach soll TFA in die Gefahrenklasse "Reproduktionstoxisch, Kategorie 1B" eingestuft werden, versehen mit den Gefahrenhinweisen: "Kann das Kind im Mutterleib schädigen. Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen".
Das Amt gibt insofern etwas Entwarnung, als der toxikologische Effekt erst bei TFA-Konzentrationen nachgewiesen worden sei, die deutlich oberhalb der bisher in der Umwelt festgestellten Werte liegen. "Derzeit sind gesundheitliche Beeinträchtigungen deshalb nicht zu erwarten, wenn mit TFA belastetes Wasser oder Nahrungsmittel verzehrt werden", sagte BfR-Chef Andreas Hensel.
Allerdings: "Die neue Einstufung ist ein wichtiger Schritt zur Vorbereitung weiterer Maßnahmen, damit dies auch in Zukunft so bleibt."

Sehr hohe TFA-Werte ergab allerdings eine unlängst vorgestellte Untersuchung der österreichischen Umweltorganisation Global 2000 gemeinsam mit dem Pesticide Action Network Europe zur Belastung von Wein. Dabei wurde die Chemikalie in allen 49 getesteten Weinen aus zehn europäischen Weinbauländern nachgewiesen.
Im Schnitt lag die Konzentration bei 110 Mikrogramm pro Liter, in der Spitze waren es sogar 320 Mikrogramm. Das ist um ein Vielfaches höher als die Werte, die derzeit im Trinkwasser gemessen werden. Zum Vergleich: Das Umweltbundesamt hat 2020 einen sogenannten gesundheitlichen Leitwert für TFA von 60 Mikrogramm pro Liter festgelegt. Dieser wurde von den meisten Weinen überschritten.
"Eine so hohe TFA-Konzentration im Wein weist darauf hin, dass sich TFA in Pflanzen offenbar massiv anreichert", sagte der Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden von Global 2000 zu den Studienergebnissen. "Wir nehmen wahrscheinlich wesentlich mehr TFA über die Nahrung auf als bisher angenommen."
"Deutschland muss Pestizide und Kältemittel streng beschränken"
Der deutsche Vorschlag zur Risikobewertung wird nun auf EU-Ebene behandelt, eine Neueinstufung dürfte frühestens 2026 erfolgen. UBA-Präsident Dirk Messner sagte zur Gefahreneinstufung: "Die Zahl und Mengen der Chemikalien, die zu TFA abbauen, steigen stetig. Die Einträge in die Umwelt müssen schnellstmöglich gesenkt werden, damit Umwelt und Trinkwasserressourcen nachhaltig geschützt werden."
Laut Umweltbundesamt könnten die Belastungen aus der Landwirtschaft durch Restriktionen bei den Pestiziden deutlich reduziert werden. Gleiches gelte für TFA-Einträge aus Auto-Kältemitteln, da bereits marktreife Alternativen vorhanden seien, die mit Kohlendioxid, Kohlenwasserstoffen, Ammoniak oder Luft arbeiten.
Auto-Klimaanlagen, die mit CO2 statt mit der TFA-kritischen Chemikalie R1234yf betrieben werden, waren Anfang der 2020er Jahre von den Autokonzernen Daimler und VW entwickelt, dann aber nicht serienmäßig eingebaut worden. Das zuvor eingesetzte Kältemittel R134 musste ausgemustert werden, da es ein extrem hohes Treibhaus-Potenzial hatte.
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch sagte zu der neuen Risikobewertung, diese bestätige "unsere langjährige Warnung: Einmal in der Welt, werden wir die schädliche Chemikalie TFA nicht mehr los."
Es sei unverantwortlich, dass TFA-Vorläufersubstanzen wie Pestizide und Kältemittel in Autoklimaanlagen noch immer breit eingesetzt würden, zumal es längst umweltfreundlichere Alternativen gebe. "Wir fordern die Bundesregierung auf, TFA-bildende Pestizide und fluorierte Kältemittel streng zu beschränken."
Die Umwelthilfe führt derzeit mehrere Gerichtsverfahren gegen PFAS-Pestizide, die den Wirkstoff Flufenacet enthalten. Dessen Einsatz ist laut UBA die Hauptursache für den pestizidbedingten Eintrag von TFA in die Umwelt.