Was wir essen, ist nicht nur für unser persönliches Wohlbefinden entscheidend, es beeinflusst die Fieberkurve des gesamten Planeten: Der Treibhausgas-Ausstoß und damit der Beitrag zur Erderwärmung, den die Lebensmittelproduktion "leistet", ist erheblich.
Allein in Deutschland steuert die Ernährung nach Angaben des Bundesumweltministeriums jährlich pro Person gut zwei Tonnen zur Belastung der Erdatmosphäre mit klimaschädlichen Gasen bei, insgesamt ungefähr so viel wie der Verkehrssektor. Als Maßstab: Um innerhalb der planetaren Grenzen zu bleiben, dürfte jeder Mensch auf der Welt insgesamt nur zwei Tonnen Treibhausgase pro Jahr verursachen. In Deutschland sind es zurzeit mehr als elf.
Knapp die Hälfte der ernährungsbezogenen Emissionen entsteht laut einer Studie der Umweltstiftung WWF aus dem Jahr 2012 zu Beginn der Prozesskette in der Landwirtschaft, beim Beackern der Böden, bei Anbau und Ernte der Pflanzen sowie in der Tierzucht.
Die anschließende Weiterverarbeitung der Ware, ihr Transport und ihre Lagerung machen zusammen rund ein Viertel des Gesamtbudgets aus, ein weiteres Viertel verursachen die Konsumenten, etwa beim Aufbewahren ihrer Einkäufe im Kühlschrank oder beim Kochen.
Zu diesen direkten kommen auch noch indirekte Emissionen: Treibhausgase, die freigesetzt werden, weil Grasland, Wälder oder Moore als Agrarflächen erschlossen werden und so größtenteils ihre Fähigkeit verlieren, Kohlendioxid und Methan zu speichern.
Der WWF-Analyse zufolge könnten solche Landnutzungsänderungen den Treibhausgas-Ballast unserer Ernährung noch einmal um 15 bis 40 Prozent erhöhen. Die Auswirkungen genauer zu beziffern ist schwierig, denn global liegen dazu nur wenige wissenschaftlich verlässliche Daten vor.
Sicher ist indes: Je nach Nahrungsmittel unterscheiden sich die entsprechenden Treibhausgas-Mengen deutlich. Mit Abstand am meisten Emissionen ziehen tierische Produkte nach sich, allen voran Fleisch und Wurst. Obst, Gemüse und Getreide fallen dagegen zusammengerechnet nicht einmal halb so stark ins Gewicht.
"Wer sich klimafreundlich ernähren will, sollte also vermehrt auf pflanzliche Kost setzen", sagt Tobias Wagner, Nahrungsexperte am Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) in Heidelberg. "Auf Fleisch zu verzichten ist in dieser Hinsicht tatsächlich ein sinnvoller Hebel."
CO2-Rechner für Unilever-Konzern
Positiv auf die Treibhausgas-Bilanz wirkt sich seiner Ansicht nach auch eine ökologische Bewirtschaftung der Agrarbetriebe aus, mit möglichst geschlossenen Nährstoffkreisläufen und Verzicht auf mineralische Düngemittel.
Beim Einkauf auf Jahreszeit und Transportweg der Waren zu achten, verbessert die Klimaverträglichkeit zusätzlich: Lebensmittel aus der Region mindern den CO2-Aussstoß beim Transfer zum Supermarkt, saisonale Produkte sparen Emissionen beim Heizen von Gewächshäusern. "Im Winter Sommerfrüchte wie frische Himbeeren zu kaufen, die zumeist aus Mexiko eingeflogen werden, ist klimatechnisch großer Blödsinn", sagt Wagner.
Problematisch ist – wenig überraschend – auch ein verschwenderischer Umgang mit Lebensmitteln. Laut WWF-Studie wandert in deutschen Privathaushalten rund ein Viertel aller Esswaren ungenutzt in den Müll – jährlich etwa 80 Kilogramm pro Person.
Würden hiesige Konsumenten weniger Fleisch verzehren und ihre Nahrungsvorräte sorgsamer verwalten, so das Fazit der Untersuchung, ließen sich rund 67 Millionen Tonnen CO2-Emissionen vermeiden. Das entspricht der Kohlendioxid-Menge, die 5,5 Millionen Neuwagen bei einer Fahrleistung von 100.000 Kilometern in die Luft blasen.
Um Verbrauchern einen Anhaltspunkt zu geben, wie klimafreundlich ihr Ernährungsstil ist, haben die Wissenschaftler des Ifeu im Auftrag des Lebensmittelkonzerns Unilever einen speziellen CO2-Rechner entwickelt. Mit der Software lassen sich per Mausklick die Treibhausgas-Emissionen verschiedener Speisen wie etwa Rindfleisch, Äpfel, Milch oder Reis ermitteln.
Grundlage der Daten für jedes Produkt sind Durchschnittswerte, in die eine Reihe statistischer Faktoren einfließen, beispielsweise der wahrscheinliche Anteil ökologisch angebauter und saisonaler Ware, die mittlere Länge der Transportwege oder der durchschnittliche Energieaufwand für Verpackung und Lagerung.
In den Werten nicht enthalten sind Emissionen durch Landnutzungsänderungen und Treibhausgase, die Verbraucher beim Verarbeiten der Waren in der heimischen Küche verursachen. "Wie effizient die Menschen zuhause mit ihren Lebensmitteleinkäufen umgehen, lässt sich schwer generalisieren", begründet Wagner die Vorgehensweise.
Die Treibhausgasbilanzen des CO2-Rechners seien daher zwar nicht ganz vollständig, "aber sie stimmen in der Tendenz gut mit den Ergebnissen anderer wissenschaftlicher Analysen überein".