Der Fleischkonsum in Deutschland sinkt seit Jahren, pro Kopf sind es heute mit rund 53 Kilogramm pro Jahr rund zehn Kilo weniger als in den 2010er Jahren.
Allerdings ist im Gegenzug der Verzehr von Käse gestiegen, ebenfalls bekanntermaßen ein tierisches Produkt. Folge: Die Treibhausgasemissionen der Ernährung sind unter dem Strich kaum gesunken.
Pflanzliche Alternativprodukte zu Fleisch, die zunehmend beliebt werden, sollen nun einen Ausweg aus diesem "Käseparadox" bieten, weil sie häufig eine deutlich bessere Treibhausgasbilanz aufweisen. Es gebe gute Chancen, ihren Absatz weiter zu steigern, urteilt ein wissenschaftlicher Beirat des Landwirtschaftsministeriums.
Sie heißen Like Meat, Schinken-Spicker oder Vegan Burger – die Fleisch-Ersatzprodukte werden immer populärer. Laut Statistischem Bundesamt hat sich ihre Produktion in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Allerdings sind die Mengen verglichen mit Fleisch immer noch gering – zuletzt waren es 1,5 Kilo pro Kopf.
Das Potenzial zum Umstieg ist jedoch noch groß, befand der "Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz" (WBAE). Die Fachleute empfehlen der Bundesregierung, die Alternativprodukte gezielt zu fördern. Diese könnten angesichts der Herausforderungen in den Bereichen Umwelt und Tierwohl ein "Baustein einer zukunftsorientierten Politik für nachhaltigere Agrar- und Ernährungssysteme" sein.
Beirat setzt auf Biotech-Innovation
Der Beirat betrachtet in einem jetzt vorgestellten Gutachten neben den bereits erhältlichen pflanzlichen Alternativprodukten auch biotechnologische und gentechnische Verfahren wie Zellkultivierung und Präzisionsfermentation, außerdem sogenannte Hybridprodukte, die eine Mischung aus Fleisch und pflanzlichen Zutaten wie Gemüse, Pilze, Samen oder pflanzlichen Proteinen sind.
Sie alle können laut den Ergebnissen dazu beitragen, einige negative Umwelt- und Klimawirkungen der Nutztierhaltung zu verringern, ohne dass Menschen ihr Ernährungsverhalten grundlegend ändern müssen.
Dafür müssten die Alternativprodukte aber auch geschmacklich überzeugen, sagte der Beiratsvorsitzende Achim Spiller, Professor für Lebensmittelmarketing an der Universität Göttingen. Er plädierte für eine gezielte Förderung von Innovationen in dem Sektor. Dies biete Chancen für die deutsche Ernährungswirtschaft.
Um den Fleischkonsum zu senken, empfiehlt der Beirat eine "3-R-Strategie" aus "Reduce" (etwa kleinere Fleischportionen), "Remix" (Hybridprodukte) und "Replace" (innovative Alternativen). Dies zeige, "wie vielfältig, flexibel und alltagstauglich ein reduzierter Konsum tierischer Lebensmittel aussehen kann", sagte die Psychologieprofessorin Britta Renner von der Universität Konstanz, die Vizevorsitzende des Beirats ist.
Nicht in allen Fällen gesünder
Laut der Studie differenzieren sich die Ernährungsstile in der Bevölkerung immer weiter aus. Sie reichten von überzeugten Fleischfans über Menschen mit "klassischem" Fleischkonsum und solchen, die ihren Fleischverbrauch aus verschiedenen Gründen reduzieren möchten, bis zu vegetarisch und vegan lebenden Menschen.
"Diese Vielfalt eröffnet neue individuelle Spielräume – stellt uns aber auch vor Herausforderungen im sozialen Miteinander und im Hinblick auf einen 'gemeinsamen Tisch'", betonte Psychologin Renner.
Der Beirat spricht sich dafür aus, die Alternativprodukte auf mehreren Wegen zu fördern. Wichtig sei vor allem, ihre steuerliche Schlechterstellung zu beenden. Bislang unterliegen Alternativprodukte nämlich dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent, während bei tierischen Produkten nur sieben Prozent aufgeschlagen werden.
Für eine bewusste Entscheidung beim Einkauf komme es zudem auf eine transparente Verbraucherinformation an. Hier weisen die Beiratsmitglieder darauf hin, dass die Alternativprodukte zwar "im Durchschnitt gesünder und umweltfreundlicher" seien, dies aber nicht in allen Fällen gelte.
Sie empfehlen der Bundesregierung daher, das Label "Nutri-Score", das die Nährwertqualität von Lebensmitteln angibt, entsprechend weiterzuentwickeln. Außerdem plädieren sie für die Einführung eines Klimalabels, das die CO2-Bilanz der Produkte widerspiegelt.
