Ulrike Höfken, Umweltministerin von Rheinland-Pfalz. (Foto: Kerstin Bänsch/​MUEEF)

Frau Höfken, Rheinland-Pfalz war lange das führende süddeutsche Bundesland beim Windenergie-Ausbau. Das ist nicht mehr so, Hessen hat Sie überholt. Warum?

Ulrike Höfken: Bundesweit sind wir beim Zubau auf Platz acht und bei der Gesamtleistung auf Platz sechs, übrigens vor Hessen. Das ist ein gutes Ergebnis für ein küstenfernes Bundesland. Wir in Rheinland-Pfalz haben die Aufholjagd zu den Nord-Ländern eher gestartet als die anderen Süd-Länder, nun sind die anderen nachgekommen. Das ist doch positiv.

Die deutschen Klimaschutz-Ziele sind trotzdem in Gefahr, zumal der Windkraft eine Flaute droht.

Richtig, aber das liegt nicht an den Bundesländern, sondern am Bund, der mit dem Ausbaudeckel gebremst hat. Die neue Groko plant ja nun zusätzliche Ausschreibungen, ein Schritt in die richtige Richtung. Aber noch lange nicht genug.

Sind Sie denn bei den rheinland-pfälzischen Zielen im Plan?

Unser Klimaschutzgesetz sieht vor, dass Rheinland-Pfalz bis 2020 mindestens 40 Prozent Minderung an Treibhausgasemissionen erreicht und 2050 praktisch klimaneutral ist. Da sind wir in der Spur. Wir haben bereits 37 Prozent Reduktion geschafft und werden die restlichen drei Prozentpunkte wohl fristgerecht hinbekommen.

Mit Blick auf 2050 muss natürlich noch viel mehr geschehen. Wir müssen dazu nicht nur die Ökostrom-Produktion beschleunigt ausbauen, sondern auch alle anderen Sektoren anpacken. Dabei fokussieren wir uns zurzeit stark auf den Wärmebereich, bei dem es Nachholbedarf und große Potenziale gibt.

In Regionen mit bereits sehr hohem Windkraft-Anteil, zum Beispiel Teilen des Hunsrücks, gibt es viel Widerstand. Wurden hier Fehler gemacht?

Die Entwicklung einer neuen Technologie verläuft nie ohne Fehler. Wir haben aber heute gerade im Hunsrück eine hohe Akzeptanz. Der Zuspruch für die Windenergie liegt dort bei rund 75 Prozent. Man hat gelernt, wie wichtig eine Beteiligung der Bürger ist. Zudem ist die Wertschöpfung, die durch die Erneuerbaren in die Regionen kommt, sehr hoch.

Allein im Rhein-Hunsrück-Kreis werden pro Jahr 43 Millionen Euro an Wertschöpfung eingenommen. Die Gemeinden geben sich viel Mühe, ihre Bürger an den Einnahmen partizipieren zu lassen. So unterstützen sie zum Beispiel Jugend- und Senioren-Aktivitäten oder Klimaschutzprojekte. Der Hunsrück war einmal das Armenhaus Deutschlands, aus dem die Menschen abwanderten. Heute ist das eine prosperierende Gegend, und die Erneuerbaren haben einen großen Anteil daran.

Dass es im Rhein-Hunsrück-Kreis Wildwuchs bei der Windkraft gab, der Protest erzeugt hat, können Sie nicht bestreiten.

Nein. Leider gab es in früheren Jahren – weit vor unserer Regierungszeit – keine gut abgestimmte Windkraft-Planung. Die Anlagen stehen nun teils dort, wo sie nicht stehen sollten.

Inzwischen kann so etwas nicht mehr passieren. Naturschutz, landschaftskulturelle Aspekte und die angemessene Abstandsregelungen werden in der Landesentwicklungsplanung berücksichtigt.

Stichwort Wärmewende. Welche Instrumente nutzen Sie dafür?

Wir haben 2017 unser Wärmekonzept verabschiedet, das sich mit acht Themenbereichen – von Nahwärmenetzen über Bioenergie bis hin zur Verknüpfung von Strom und Wärme – stark an die Regionen wendet. Hier gibt es eine ganze Reihe Fördermaßnahmen, etwa für die Erstellung von Quartierskonzepten und die Finanzierung von Sanierungsmanagern.

Das wird gut angenommen. Wir haben bereits 30 Förderbescheide an 26 Kommunen ausgegeben. Zuletzt haben wir ein Programm für die Umrüstung auf effiziente Holz-Einzelöfen aufgelegt. Auch das läuft sehr gut.

Sie sind als Umweltministerin auch für eine nachhaltige Forstwirtschaft zuständig. Passt das denn mit einer forcierten Nutzung von Holz als Brennstoff zusammen?

Ohne die Nutzung von Holz und anderer Biomasse kann die Energiewende nicht funktionieren. Wir brauchen die Biomasse-Energie verstärkt als Regel- und Speicherenergie, die einspringt, wenn aktuell nicht genügend Wind- und Solarenergie eingespeist wird.

Allerdings achten wir darauf, dass die Nutzung nachhaltig ist. Es darf zum Beispiel nicht mehr Energieholz verbraucht werden, als nachwächst. Das ist auch in der strikten FSC-Zertifizierung verankert, die für unsere Staatswälder gilt.

Generell achten wir darauf, dass für Biomasseanlagen, wo immer möglich, Rest- und Abfallstoffe genutzt werden. So ist der Anteil von angebauten Rohstoffen – wie Silomais – bereits zurückgegangen. Zudem wollen wir erreichen, dass Grünschnitt und Bioabfall künftig überall nicht mehr einfach kompostiert, sondern vorher energetisch genutzt werden. Wegweisend ist auch unser Konzept für Kläranlagen, mit dem wir durch Energieeffizienz-Maßnahmen den Energieverbrauch und die damit verbundenen Kosten senken.

Rheinland-Pfalz ist Vorreiter beim Bau von Windkraftanlagen im Wald, ein Konzept, was bei Naturschützern auf Kritik stößt. Trotzdem die richtige Strategie?

Wir sind ein waldreiches Land. Wir müssen diese Flächen nutzen, um mit der Energiewende voran zu kommen – allerdings natürlich unter bestmöglicher Berücksichtigung von Natur- und Artenschutz.

Außerdem muss man wissen: Bereits rund 73 Prozent unserer Wälder sind durch den Klimawandel geschädigt. Daran sieht man: Es ist die größere Gefahr für den Wald, die erneuerbaren Energien nicht zu nutzen.

Eine anderes Thema: Rheinland-Pfalz verfügt im Vergleich zu anderen Ländern über besonders viele Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen zur Stromproduktion. Können diese in ein Erneuerbare-System eingebunden werden?

Bei KWK sind wir in der Tat bundesweit mit an der Spitze, rund 41 Prozent unseres Stroms kommt aus dieser Quelle, etwa 86 Prozent davon kommen in unserem Land aus der industriellen Stromerzeugung.

Bisher nutzen wir hier hauptsächlich Erdgas, doch wir arbeiten an einer sukzessiven Umstellung auf erneuerbare Quellen, also Biogas und Methan. Besonders die Power-to-Gas-Technologie hat hier großes Potenzial, weil Überschussstrom dadurch sinnvoll genutzt werden kann. Der Bund muss allerdings dafür sorgen, dass die KWK-Technik endlich besser gefördert wird.

Rheinland-Pfalz ist auch eines der wenigen Bundesländer, die Strom aus Geothermie produzieren – eine umstrittene Technologie. Wie geht es hier weiter?

Wir haben zwei Anlagen, eine in Landau, eine in Insheim. In Landau gab es Probleme, die Anlage befindet sich derzeit aber wieder im Probebetrieb. Wir sehen in der Technologie aber keine großen Potenziale für die kommenden Jahre.

Anders ist das bei der oberflächennahen Geothermie, die per Wärmepumpen-Technologie für Heizzwecke genutzt wird. Hier besteht noch hohes Entwicklungs- und Ausbaupotenzial. In Schifferstadt haben wir zum Beispiel ein sogenanntes kaltes Nahwärme-Netz aufgebaut, mit dem besonders effizient die Wärmepumpen-Technologie zur Wärmeversorgung eingesetzt werden kann.

Redaktioneller Hinweis: Das Interview wurde zuerst auf dem von der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) betreuten Portal "Föderal Erneuerbar" veröffentlicht.

Dieser Beitrag wurde nicht von der Redaktion erstellt. Er ist in Kooperation mit der Agentur für Erneuerbare Energien in einer Reihe mit 16 Länder-Interviews zur Energiewende in der Rubrik Advertorials erschienen.

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