Eine Frau spricht in ein Mikro.
Zum Optimismus verdammt? UN-Klimachefin Patricia Espinosa, hier auf dem Klimagipfel in Marokko 2016. (Foto: UNFCCC/​Flickr)

Mal wieder sind die Knackpunkte offen geblieben. Am gestrigen Donnerstag gingen die Zwischenverhandlungen, die den UN-Klimagipfel COP 26 im November in Glasgow vorbereiten sollen, zu Ende. Einig waren sich die Staaten nur in Details.

Die dreiwöchigen Gespräche fanden virtuell statt. Deshalb gibt es auch kein offizielles Beschlussdokument, sondern nur informelle Vermerke.

Es ging wieder um das "Regelwerk" zum Paris-Abkommen. 2015 haben es die Staaten beschlossen – seitdem verhandeln sie über die Umsetzungsregeln. Im Großen und Ganzen ist das Regelwerk seit Jahren fertig. Einige entscheidende Baustellen bringen die Verhandlungen aber regelmäßig fast zum Platzen – um das zu verhindern, vertagt man die umstrittenen Themen immer wieder.

So auch diesmal: Nur Feinheiten konnten geklärt werden. Die eigentlichen Baustellen liegen erst mal wieder brach.

Es geht zum Beispiel um die Frage, ob alle Staaten ihre Klimaziele nach denselben Regeln aufstellen müssen und ob sich zur besseren Vergleichbarkeit alle auf denselben Zeitrahmen beziehen sollen.

Auch im Streit darum, welche Regeln für den Handel mit CO2-Emissionsrechten gelten sollen, ist keine Einigung in Sicht. Es geht um Fälle wie diesen: Die Schweiz finanziert in Peru einen Windpark und darf sich den positiven Klimaeffekt selbst anrechnen, während Peru nur Geld bekommt. Das ist grundsätzlich umstritten, noch mehr aber die Art, wie einzelne Staaten die Geschäfte abwickeln wollen.

Aus Brasilien liegt hier etwa die Forderung auf dem Tisch, dass sich beide Länder die volle Treibhausgaseinsparung anrechnen dürfen. Das hätte zur Folge, dass auf dem Papier doppelt so viel Klimaschutz stehen würde, wie tatsächlich stattgefunden hat, weswegen das viele Staaten kategorisch ablehnen.

Zwischen "insgesamt positiv" und "sehr begrenzt"

Brasilien und andere Länder wollen außerdem kaum wirksame Altzertifikate aus dem CO2-Handelssystem vor "Paris" weiter nutzen. Streit gibt es auch in der Frage, ob ein Teil der Einnahmen aus solchen Geschäften in die internationale Klimafinanzierung von Industriestaaten für arme Länder eingehen muss, und zwar spezifisch in Projekte zur Anpassung an den Klimawandel.

UN-Klimachefin Patricia Espinosa machte gute Miene zum schleppenden Spiel: "Obwohl noch eine ganze Menge Arbeit übrig ist, gab es in vielen Fragen Fortschritte", sagte sie. "Meine Bilanz ist insgesamt positiv."

Diese Einschätzung teilen nicht alle. Die Verhandlungsgruppe der am wenigsten entwickelten Länder ist beispielsweise sehr besorgt. "Der geringe Fortschritt in den Verhandlungen macht es zur überwältigenden Aufgabe, die verbleibende Arbeit am Regelwerk und anderen Fragen noch vor der COP 26 zu beenden", sagte der bhutanische Klimadiplomat Sonam Wangdi, Verhandlungschef der Staatengruppe.

Yamide Dagnet beobachtet die Klimaverhandlungen für die US-amerikanische Denkfabrik World Resources Institute. "Wir wussten, dass dieses virtuelle Setting eine Herausforderung wird", sagte sie. "Aber der Fortschritt war wirklich sehr begrenzt."

Großbritannien als Gastgeber der COP 26 will Ende Juli ein Treffen einiger Minister:innen im kleineren Format veranstalten, um die Verhandlungen der Klimadiplomat:innen aus der Sackgasse zu befördern.

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