In den letzten Stunden von UN-Klimakonferenzen wird der Fortschritt an der Textlänge gemessen. Das gilt auch für die 29. Konferenz, die COP 29 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku.

Während der alles entscheidende Text zur Klimafinanzierung am Donnerstag noch zehn Seiten umfasste, hat die aserbaidschanische COP-Präsidentschaft am Freitagnachmittag einen neuen Textentwurf mit fünf Seiten veröffentlicht. Das ist ein Fortschritt.

 

Ein Fortschritt ist auch, dass nun nicht mehr zwei unvereinbare Optionen einfach nebeneinander stehen, sondern die Konturen eines Kompromisses deutlich werden: Es gibt ein globales Investitionsziel von 1.300 Milliarden US-Dollar und ein etwas näher definiertes Teilziel von 250 Milliarden für den Anteil der Industriestaaten.

Mit dem Globalziel wird anerkannt, dass die Entwicklungsländer sehr viel Geld investieren müssen, wenn die Klimaerwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden soll. Daher werden "alle Akteure dazu aufgerufen, die Erhöhung der Klimafinanzierung bis 2035 auf 1300 Milliarden Dollar zu ermöglichen".

"Das bedeutet, dass es überhaupt keinen Fortschritt gibt"

In der Summe sind also öffentliche und private Investitionen der Entwicklungsländer selbst, private Investitionen aus dem Ausland, Kredite etwa von Entwicklungsbanken und schließlich die eigentliche Klimafinanzierung der Industriestaaten enthalten.

Letztere soll sich im Jahr 2035 auf 250 Milliarden Dollar belaufen. Die Industriestaaten haben somit zehn Jahre Zeit, ihre Klimafinanzierung von heute rund 100 Milliarden auf 250 Milliarden zu steigern.

Gestern in Baku: Delegierte einer Kontaktgruppe zu Finanzen im Austausch. (Bild: Mike Muzurakis/ENB/IISD)

Nichtregierungsorganisationen zeigten sich wenig beeindruckt von den 250 Milliarden. Sabine Minninger von Brot für die Welt sagte: "Das bedeutet, dass es überhaupt keinen Fortschritt gibt. Die Industriestaaten gehen kaum über ihr altes Versprechen von 100 Milliarden jährlich hinaus, rechnet man die Inflation mit ein."

Und Christoph Bals von Germanwatch meinte: "Nennenswerte Gruppen unter den Entwicklungsländern werden die 250 Milliarden ablehnen."

Im Gegenzug ist der Text allerdings auch bei der Erweiterung des Kreises der Geberländer eher schwach – was eine Kernforderung der Industriestaaten ist. Entwicklungsländer wie China oder Saudi-Arabien werden nur dazu "eingeladen", ebenfalls zur Klimafinanzierung beizutragen. Zudem wird klargestellt, dass sich dadurch nichts an ihrer Klassifikation als "Entwicklungsländer" ändert.

Interesse an einem Scheitern hat kein Land

Positiver bewerten Umweltorganisationen den Textentwurf, was die Reduktion der Emissionen angeht. Hier wird noch einmal anerkannt, dass es eine "Abkehr von den fossilen Energien" braucht, eine Formulierung, die letztes Jahr beschlossen wurde. Es werden auch zwei konkrete Ziele erwähnt: die Versechsfachung der Kapazität der Stromspeicher und ein massiver Ausbau der Stromnetze bis 2035.

COP 29 in Baku

Bei der 29. UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan geht es um ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet täglich.

Weniger konkret sind hingegen die Vorgaben für die Klimapläne, die die Staaten im kommenden Jahr einreichen müssen. Die "Nationally Determined Contributions" (NDC) sollen angeben, wie stark die verschiedenen Staaten ihre Emissionen bis 2035 senken wollen.

Aus Sicht von Bals zeigt sich hier der Einfluss Chinas. Als Marktführer bei grünen Technologien ist aus chinesischer Sicht ein massiver Zuwachs von Batterien und Solaranlagen natürlich ein gutes Geschäft. Gleichzeitig will sich das Land aber keine Vorschriften für seinen 2035er Klimaplan machen lassen.

 

Für die Verhandlungen in der kommenden Nacht ergeben sich aus den nun vorliegenden Textentwürfen zwei Möglichkeiten. Die Länder könnten die Entwürfe verbessern, etwa indem die Industriestaaten 300 Milliarden Dollar anbieten und gleichzeitig der Kreis der Geberländer erweitert wird.

Das Gegenteil ist aber auch denkbar: Es bleibt bei den 250 Milliarden und die Vorgaben zur Emissionsreduktion werden abgeschwächt, weil den Entwicklungsländern nicht genug Mittel zur Verfügung stehen. Im Fall einer solchen Abwärtsspirale könnte die Konferenz auch platzen und ohne Resultat enden. Interesse daran hat aber niemand.