Prägen Ölstaaten die Klima-Agenda? Der Konferenzpräsident der COP 29, Aserbaidschans Umweltminister Muchtar Babajew (rechts), und sein Vorgänger Sultan Al Jaber von den Emiraten. (Bild: Mike Muzurakis/IISD/ENB)

Am ersten Tag der 29. UN-Klimakonferenz (COP 29) in Aserbaidschans Hauptstadt Baku wurde bereits der erste Beschluss verabschiedet – und löste prompt massive Proteste vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen aus.

Auf den ersten Blick ging es bei dem Beschluss um ein extrem technisches Thema: die Regeln für CO2-Kompensationen von Firmen oder kurz Artikel 6.4 des Pariser Klimaabkommens. Dieser Artikel soll es Unternehmen ermöglichen, unvermeidbare Emissionen zu kompensieren, indem sie in Klimaschutzprojekte investieren. Damit sollte sich, zumindest theoretisch, Geld für den Klimaschutz besonders in ärmeren Ländern mobilisieren lassen.

Gleichzeitig hat dieser "Ablasshandel" für viele negative Schlagzeilen gesorgt. Der Marktführer für CO2-Kompensation, die Firma South Pole aus der Schweiz, musste letztes Jahr sein weltweit größtes Projekt stoppen.

Während South Pole im Markt für freiwillige CO2-Kompensation tätig ist, soll nun zusätzlich ein UN-regulierter Markt dafür geschaffen werden. Und dieser Markt braucht Regeln, die idealerweise ein Debakel wie das von South Pole verhindern. Doch seit Verabschiedung des Paris-Abkommens im Jahr 2015 war es den Ländern nicht möglich, sich auf diese Regeln zu einigen.

Protest von Umweltorganisationen 

Aus diesem Grund hat dieses Jahr das Aufsichtsgremium von Artikel 6.4 Regeln entwickelt, basierend auf den jahrelangen Diskussionen zwischen den Ländern. Und diese Regeln wurden nun den Ländern zur Verabschiedung vorgelegt, ohne die Möglichkeit nochmals darüber zu verhandeln und Änderungen vorzunehmen.

Der pazifische Inselstaat Tuvalu äußerte Unbehagen mit diesem Vorgehen, lehnte jedoch die Regeln nicht rundheraus ab. Daraufhin erklärte Konferenzpräsident Muchtar Babajew, Aserbaidschans Umweltminister, den Beschluss für angenommen. Somit hat Artikel 6.4 jetzt Regeln.

Umweltorganisationen kritisierten dieses Vorgehen anschließend massiv. "Wenn diese Texte auf diese Weise angenommen werden können, wo ziehen wir dann die Grenze?", sagte Isa Mulder von Carbon Market Watch aus Brüssel. "Darf das Aufsichtsgremium jede Art von Regelung annehmen und dann die Länder die Entscheidungen ohne echte und umfassende Diskussion absegnen lassen? Das sollte nicht mehr vorkommen."

COP 29 in Baku

Bei der 29. UN-Klimakonferenz in Aserbaidschan geht es um ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung. Klimareporter° ist mit einem Team vor Ort und berichtet täglich.

Es gab aber auch positive Einschätzungen. "Es ist nicht an der Zeit, Artikel 6 weiter auf die lange Bank zu schieben", sagte Florence Laloë von der US-Naturschutzorganisation Conservation International, die allerdings für ihre Zusammenarbeit mit Ölkonzernen kritisiert wird.

"Es ist kein Geheimnis, dass es nach wie vor eine große Lücke in der Klimafinanzierung gibt", argumentierte Laloë. "Ein funktionsfähiger UN-CO2-Markt mit klaren Regeln kann ein unschätzbares Instrument sein, um den Fluss von Finanzmitteln in Länder zu verbessern, die die kohlenstoffreichsten Ökosysteme der Welt verwalten."

Agenda-Streitpunkte beigelegt

Die Staaten haben sich zudem am Abend des ersten Konferenztages in Baku auf die Tagesordnung geeinigt. Damit konnten zwei weitere, potenziell explosive Probleme eingehegt werden.

China und Indien hatten einen Tagesordnungspunkt zum CO2‑Grenzausgleich der EU verlangt. Dieser "Zoll" auf besonders CO2-intensive Produkte wie Stahl soll ein Ausgleich für den CO2-Preis sein, den EU-Hersteller im Rahmen des Emissionshandels bezahlen müssen.

China und andere Länder betrachten solche Maßnahmen aber als Protektionismus unter dem "Deckmantel" von Klimaschutz. Doch schließlich gaben sich China und Indien damit zufrieden, dass Konferenzchef Babajew informelle "Konsultationen" zu diesem Thema führt.

 

Beim zweiten Streitpunkt brachte eine Fußnote die Lösung. Hier ging es um die Folgen aus der "globalen Bestandsaufnahme", die letztes Jahr verabschiedet wurde. Diese Verhandlungen sind Teil des Finanzstrangs in Baku.

Hier forderten diesmal die Industriestaaten einen eigenständigen Tagesordnungspunkt, da sich die Folgen nicht auf finanzielle Aspekte beschränken, sondern auch die Senkung der Emissionen durch einen Ausstieg aus den fossilen Energien umfassen.

Diesem Anliegen wurde schließlich in einer Fußnote Rechnung getragen. Damit konnte am Dienstagmorgen die COP 29 wirklich losgehen.