Menschen mit Plakaten stehen auf der Straße vor dem Gebäude der Klimakonferenz.
Demonstration vor dem Konferenzgelände in Katowice. (Foto: Friederike Meier)

Renata Rabij läuft neben der Demonstration. Ab und zu bleibt die ältere Dame stehen und sieht den Aktivisten zu, die Banner tragen mit Aufschriften wie "Wir fordern grüne Jobs", oder "Aufwachen! Zeit, unser Zuhause zu schützen". Sie ist hauptsächlich hier, um gegen den Smog zu demonstrieren: "Ich wohne schon lange in Katowice und der Smog ist schon immer sehr schlimm. Die Leute leiden darunter."

Der Smog wird in Polen vor allem dadurch verursacht, dass viele Haushalte noch Kohle zum Heizen verwenden – in der öffentlichen Debatte ist das Problem seit einigen Jahren sehr präsent. "Das ist nicht das erste Mal, dass ich demonstriere, aber es ist meine größte Demonstration bisher", erzählt Renata Rabij. "Den Klimagipfel halte ich für eine sehr gute Sache."

Sie ist nicht die einzige aus Katowice bei der Demonstration, die am heutigen Samstag anlässlich der Klimakonferenz stattfindet. Auch viele Gruppen aus ganz Polen und internationale Umweltorganisationen haben sich dem Protest in Katowice angeschlossen. Vor Beginn der Demonstration, in der Nähe des Bahnhofs, gibt es Reden sowohl auf Polnisch als auch auf Englisch.

Auch Ewa Machura aus Katowice ist wegen des Smogs hier. "Die Luft in Polen ist schrecklich, auch bei uns in der Stadt. Das muss sich ändern." Sie ist mit der Organisation Women's Strike auf der Demonstration, die sich im Jahr 2016 aus Protest gegen ein strengeres Abtreibungsgesetz der Regierung gegründet hat. Es ist ihr wichtig, sich auch für den Klimaschutz zu engagieren: "Das Klima betrifft alle, deshalb sind wir hier."

Gerade in Polen sei es wichtig zu demonstrieren, weil das Thema in der Politik kaum eine Rolle spiele, meint Filip Ilkowski von der linken Gruppierung Pracownicza Demokracja (Arbeiterdemokratie): "Das ändert sich langsam, aber die linken und ökologischen Organisationen Polens stehen vor der Aufgabe eine Bewegung zu bilden, die so groß wie möglich ist."

Polizisten stehen vor einer Hauswand
Hohe Polizeipräsenz bei der Demonstration. (Foto: Friederike Meier)

Ilkowski weist darauf hin, dass sich der Protest nicht gegen die Gewerkschaften richten dürfe, in denen die Bergarbeiter organisiert sind. "Einige liberale Politiker wollen damit die Bergleute unter Druck setzen. Das finden wir nicht gut." Trotzdem müsse man anfangen, Klimawandel und Strukturwandel zu verbinden.

Offene Feindschaft, die man angesichts des Themas in der ehemaligen Bergbaustadt Katowice erwarten könnte, gibt es nicht. Allerdings stehen viele Menschen am Rand der Demonstration, die sehr kritisch schauen – teilweise haben sie ihr Gesicht vermummt und Kameras in der Hand. Zwei junge Männer, die ebenfalls am Rand stehen, als die Demonstration vorbeikommt, sagen zwar, dass sie das Anliegen "okay" finden. Auf die Frage, warum sie nicht mitgehen, reagieren sie jedoch abweisend. "Das dürfen wir nicht sagen."

Eine Figur mit Schild
Auch die Organisation "Frauen für das Klima" nahm am "March for Climate" in Katowice teil. (Foto: Friederike Meier)

Die zahlreichen Polizisten, die vor, neben und hinter den Demonstrierenden gehen, haben zu Anfang kaum etwas zu tun. Als der Zug allerdings kurz vor dem Konferenzzentrum ist, wo der Klimagipfel stattfindet, bleibt eine Gruppe zurück. Die Polizei lässt den "schwarzen Block", in dem nach eigener Aussage auch Anarchisten mitlaufen, nicht mehr zum Zug aufschließen und kesselt ihn ein.

Der "Kopf" der Demonstration wartet, und bis kurz vor Ende der Veranstaltung bleibt es dabei. Dann kommt es doch noch zu einem Zusammenstoß zwischen Polizei und Demonstranten. Wie die schlesische Polizei auf Twitter schreibt, gab es drei Festnahmen – die Teilnehmer der Demonstration seien aggressiv gewesen und hätten einen Beamten verletzt. Die polnische Polizei spricht hingegen von einer "ruhigen" Demonstration. Die maßgeblichen polnischen Medien berichten nicht über das Ereignis.

Gegen die Aussagen der schlesischen Polizei wehrt sich die Organisatorin der Demonstration, Ewa Sufin-Jacquemart von der Grünen-nahen Stiftung Strefa Zieleni: "Das war eine Provokation. Ein Polizist hat einen der Demonstranten von hinten angegriffen."

Auch sie spricht von drei Festnahmen. "Es waren 3.000 Teilnehmer. Zu Anfang waren es allerdings noch weniger, weil die Polizei zwei Busse aufgehalten hat, die aus Warschau und Krakau auf dem Weg zu uns waren", erzählt sie. "Die Polizei hat die ganze Zeit versucht, die Demonstration zu delegitimieren. Wir haben genug davon, aber wir sind auch froh, dass wir es geschafft haben", resümiert sie.

"Aktivisten werden kriminalisiert"

Auch andere Organisationen berichten von Festnahmen im Zusammenhang mit der Klimakonferenz. Wie die Umweltorganisation BUND mitteilte, wurden zwei Mitarbeiter ihrer ukrainischen Partnerorganisation Ecoaction am Samstagmorgen in ihrem Hotel festgenommen. Am Abend kamen sie wieder frei – wohl auf Bemühen des ukrainischen Außenministeriums. Ecoaction arbeitet zusammen mit dem BUND in einem vom deutschen Umweltministerium geförderten Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft in der Klimapolitik.

"Es ist inakzeptabel, dass Mitarbeiter von Umweltorganisationen während der Klimakonferenz in Polen von Sicherheitskräften festgehalten werden", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. "Wir sind zutiefst besorgt, dass Menschen, die sich mit friedlichen Mitteln für den Schutz des Klimas einsetzen, kriminalisiert und ihrer Freiheitsrechte beraubt werden."

Eine weitere Mitarbeiterin von Ecoaction wurde schon an der Grenze abgewiesen und ist wieder auf dem Rückweg nach Kiew.

Das ist kein Einzelfall: Schon am Freitagabend hatten die internationalen Klimaschutznetzwerke 350.org und Climate Action Network (CAN) mitgeteilt, dass mindestens 13 Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen nicht nach Polen einreisen durften oder ausgewiesen wurden.

Alle Beiträge zur Klimakonferenz COP 24 in Polen finden Sie in unserem Katowice-Dossier

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